Wirtschaft

Wirklich krank? Manch einer hat keine Ahnung, dass ihn gerade ein Detektiv im Visier hat. (Foto A Plus Detektive GmbH, Dorsten)

19.08.2016

Detektive auf der Jagd nach Blaumachern

Immer öfter beauftragen Unternehmen Profis mit der Überprüfung angeblich kranker Mitarbeiter

Trotz eines vergleichsweise niedrigen Krankenstandes in Bayern, werden immer wieder gesundheitliche Probleme vorgegaukelt, um dem Job fernbleiben zu können. Viele Arbeitgeber wollen sich das nicht bieten lassen – und schalten Detektive ein. Wenn diese einem krank „feiernden“ Beschäftigten auf die Spur kommen, wird es für den Betroffenen unangenehm. Ein Mitarbeiter hatte sich krank gemeldet. Aber seinem Chef war das nicht so ganz geheuer. Er beauftragte den Detektiv Werner Mayerl aus Bad Wörishofen im Unterallgäu, den Mann etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Und siehe da: Der vermeintlich Kranke hackte putzmunter fünf Ster Holz. Da bekam er mit seinem Arbeitgeber ein Problem.

Die „Jagd“ auf Blaumacher gehört in der Detektivbranche inzwischen zu den wichtigen Geschäftszweigen. In der Regel hat der Arbeitgeber einen Anfangsverdacht, dass ein Mitarbeiter nicht so krank ist, wie er tut. Das gilt es dann zu belegen – üblicherweise durch Observation. Meistens werden dafür kleine Teams mit zwei oder drei Personen gebildet. Mitarbeiter von Detekteien sind vielfach ehemalige Polizeibeamte, Ex-Angestellte von Nachrichtendiensten und Personen mit ähnlichen Erfahrungen. Sie kennen ihr Metier gut und gehen in der Regel geschickt vor. Mal sind sie als Jogger unterwegs, mal spazierend mit ihrer Familie.

Manchmal unterhalten sie sich sogar mit den Verdächtigen. Sobald „auftragsrelevante“ Aspekte auftauchen, werden sie dem Auftraggeber gemeldet. Oft werden sie per Foto oder Film festgehalten, die manchmal aus raffiniert versteckten Kameras aufgenommen werden.

Was erlaubt ist und was nicht

Doch ganz so einfach ist das alles nicht. Was erlaubt ist und was nicht, dazu gibt es eine umfangreiche Rechtsprechung. Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt stellt die Überwachung von Mitarbeitern unter strenge Voraussetzungen. Wesentlich ist dabei unter anderem das Persönlichkeitsrecht. Betroffene Arbeitnehmer können gegen die bei Überprüfungen angewandten Methoden vorgehen. Ein Unternehmen musste einer krankgeschriebenen Angestellten zum Beispiel Schmerzensgeld zahlen, weil sie in dieser Zeit gefilmt und fotografiert worden war.

Wird ein Mitarbeiter aber tatsächlich beim Blaumachen erwischt, muss er zahlen – und auch dem Arbeitgeber das Geld für die Kontrolle erstatten. Von ein paar hundert bis zu ein paar tausend Euro kann so etwas kosten.

Immer wieder wird über den Zusammenhang von wirtschaftlicher Stärke und „Krankfeiern“ spekuliert. „Wenn es den Firmen nicht so gut geht, schauen sie mehr, ob ihre Mitarbeiter krank feiern“, glaubt Detektiv Mayerl aus Bad Wörishofen. Umgekehrt falle das „Blaumachen“ nicht so sehr auf, wenn die Geschäfte sehr gut laufen. Das könnte bedeuten, dass es Arbeitnehmer leichter haben, mal krank zu feiern, wenn ihr Unternehmen floriert.

Gute Arbeitsmoral

Die statistischen Daten scheinen eher eine gute Arbeitsmoral widerzuspiegeln. Nach Berechnungen der gesetzlichen Krankenkasse AOK Bayern hat der Krankenstand im vorigen Jahr bei ihren 2,4 Millionen erwerbstätigen Versicherten der AOK Bayern 4,7 Prozent betragen – ein verhältnismäßig niedriger Wert, verglichen mit dem Bundesdurchschnitt von 5,3 Prozent oder gar dem höchsten Wert, der für das Saarland festgestellt wurde: 6,4 Prozent.

Aber auch bei einem insgesamt vergleichsweise niedrigen Krankenstand wie in Bayern scheinen Ausnahmen die Regeln zu bestätigen, wenn man den Erfahrungen der Ermittler folgt. Tatsächlich berichtet Jochen Meismann, Chef der „A Plus Detective GmbH“ in Dorsten (Nordrhein-Westfalen), über besonders gute Geschäfte im wirtschaftsstarken Süden der Republik: „Bayern ist eines unserer besten Bundesländer – und München ist unsere beste Stadt.“ In der Isarmetropolle betreibt Meismann denn auch ein Regionalbüro.

Dreiste Blaumacher

Dreiste Blaumacher gibt es jedenfalls offenkundig immer. Ein Maurer gab einmal vor, so krank zu sein, dass er sich kaum noch bewegen konnte. Einen entsprechenden Krankenschein hatte er seinem Arbeitgeber vorgelegt. Aber der wollte das nicht so ganz glauben. Er beauftragte Meismann, der beobachtete den angeblich Kranken und erwischte ihn schon morgens kurz nach sieben Uhr auf einem Baugerüst beim Arbeiten. Eine Stunde später stand auch sein Chef auf dem Gerüst, um ihm die Kündigung zu überreichen. Es sind auch schon Fußballfans überführt worden, die krankgefeiert haben, um ein Spiel ihrer Lieblingsmannschaft verfolgen zu können.

Nicht selten werden Mitarbeiter jedoch völlig zu Unrecht verdächtigt. Arbeitspsychologen wollen sogar herausgefunden haben, dass Arbeitnehmer in Angst um ihre Beschäftigung selbst dann, wenn sie sich nicht gut fühlen, eher krank ihrem Job nachgehen als sich krank zu melden.

Wenn sich herausstellt, dass sie falsch verdächtigt worden sind, können Arbeitnehmer durchaus von Ermittlungen der Detektive profitieren. Das kann etwa der Fall sein, wenn ihnen ungerechtfertigt gekündigt worden ist. Bei betriebsbedingten Kündigungen wegen Auflösung einer Firma wird zum Beispiel schon mal dem Verdacht nachgegangen, dass der betreffende Arbeitgeber seinen Geschäftsbetrieb weiterführt – und den Arbeitsplatz einfach neu besetzt hat. (Lorenz Goslich)

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