Wirtschaft

Gabi Schmidt lehnt TTIP und CETA in ihrer jetzigen Form ab. (Foto: Wraneschitz)

24.06.2016

Mit Volksbefragung gegen TTIP und CETA

Freie-Wähler-Landtagsfraktion informiert als „Fraktion vor Ort“ in Wilhermsdorf

Sie wollen einen Neustart bei TTIP und CETA: Für die Freien Wähler (FW) in Land und Bund sind die von der EU geplanten Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada in der bisherigen „intransparenten Form“ nicht akzeptabel. Das machte Gabi Schmidt in Wilhermsdorf (Landkreis Fürth) klar. Die Landtagsabgeordnete aus Uehlfeld ist auch Stellvertretende Bundesvorsitzende der Freien Wähler. „Bürger und Mittelstand schützen – TTIP stoppen“, steht auf Unterschriftenlisten. „Wir gehen in Bayern den Weg der Volksbefragung“, erklärt Schmidt. 30.000 Unterschriften brauche man, um im nächsten Schritt Stimmen der Bürger in den Rathäusern sammeln zu dürfen.

„Dann brauchen wir zehn Prozent der Wahlberechtigten, damit es zu einer Volksbefragung kommt“, erläutert die Abgeordnete das Formale. Doch Schmidt ist jetzt schon sicher: Die Mehrzahl der Bürger werde gegen das Abkommen votieren. Repräsentative Umfragen wie jene des wirtschaftsnahen IW Köln bestätigen sie darin: „59 Prozent sind gegen TTIP“, weiß das IW.

Intransparente Verhandlungen


Dabei seien die Freien Wähler überhaupt nicht gegen Freihandel. Doch was, soweit bekannt, in TTIP und CETA stehen soll, das seien Dinge, „die ich besser in Normen und Zollvereinbarungen packen kann“, stellt Schmidt klar. Ihr zweiter Hauptkritikpunkt: die Intransparenz der Verhandlungen. Bei CETA gebe es wenigstens den englischen Text, an dessen Übersetzung in 23 weitere EU-Amtssprachen seit langer Zeit gefeilt werde.

Von TTIP wisse man noch fast gar nichts, obwohl Umweltschützer ein paar hundert Seiten öffentlich machen konnten. Doch selbst wenn die endgültigen Papiere vorlägen: „In Europa erfassen gerade mal 15 Leute diese Verträge. Alle aus der Wirtschaft.“

Warum darum so ein Geheimnis gemacht werde, das müsse ja wohl Gründe haben. Nur welche, das wüssten auch die Freien Wähler gern, gibt Gabi Schmidt zu. Im Landtag jedenfalls „hat der EU-Chefverhandler für CETA keine einzige Frage beantwortet. Da ist mir himmelangst geworden.“ Und der TTIP-Berichterstatter des EU-Parlaments habe auf ihre Nachfrage zugegeben: „Natürlich müsse künftig jedes nationale Gesetz auf seine TTIP-Tauglichkeit hin überprüft werden. Wo bleibt dann die Souveränität der europäischen Staaten?“

Hinter verschlossenen Türen verhandeln


Und dann seien da auch noch die Schiedsgerichte, die Streitigkeiten verhandeln sollen: über entgangene Gewinne, über die Verletzung von Umwelt- oder Arbeitsstandards, über den Zugang von Konzernen zu Schulen, Wasserversorgung, Kultur, Gesundheitswesen, über die Zulassung von US-Genfleisch in deutschen Supermärkten. Egal, ob die hinter verschlossenen Türen tagen würden oder nicht: Laut Schmidt „hätten die Schiedsrichter mehr Macht als die Bundeskanzlerin“.

Selbst die bayerische Staatsregierung sei inzwischen sicher, „die hiesige Landwirtschaft würde um Null wachsen“. Das hat Gabi Schmidt im Landtag erfahren. „Und von Audi weiß ich: Denen bringt die Normung von Schrauben mehr! Wollen wir unsere hohen Standards von Wasser bis zu Arbeitnehmerrechten für ein mögliches Wirtschaftswachstum von fünf Prozent auf zehn Jahre aufgeben?“, fragt sie rhetorisch und antwortet selbst: „Nein! Wir wollen, dass das Volk befragt wird.“

Obwohl die FW die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich sehen: Bei der CSU stößt die Fraktion auf Granit. In dieser Woche sei Wirtschaftsministerin Ilse Aigner laut Schmidt in die USA geflogen, um dort zu verkünden, die Bayern seien für TTIP. Doch anders als sonst bei Delegationsreisen üblich, habe die Ministerin die wirtschaftspolitischen Sprecher der Landtagsfraktionen nicht zur Reise eingeladen: „Wir wussten nichts davon!“

Andere Bundesländer sollten folgen


Den Weg einer Volksbefragung haben die FW übrigens deshalb eingeschlagen, damit sich bei einem Erfolg der Freistaat gegen TTIP aussprechen müsste. Andere Bundesländer dürften dem folgen, hofft Schmidt. „Und wenn in der EU nur ein Land dagegen stimmt, dann ist der Vertrag weg“, erläutert Gottfried Obermair, wissenschaftlicher Mitarbeiter der FW-Landtagsfraktion.

Dabei sind TTIP und CETA beileibe nicht die ersten Freihandelsabkommen der EU: „Es gibt schon viele, vor allem mit Entwicklungsländern. Inzwischen merkt man, dass man die damit über den Tisch gezogen hat.“ Hätten erst einmal „die Bürger TTIP und CETA verhindert“, dann würde ihre Partei versuchen, auch die alten Verträge zu ändern, verspricht die Abgeordnete. Dabei merkt man, wie nah ihr das Thema geht.
(Heinz Wraneschitz)

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