Wirtschaft

Nur wenn es dem blauen Planeten gutgeht, kann das Wirtschaftleben florieren und damit der Mensch an Wohlstand gewinnen. (Foto: dpa)

13.04.2017

Ohne Ökologie keine Ökonomie

Sparda Bank Nürnberg widmet sich verstärkt der Nachhaltigkeit

Ökonomie und Ökologie in Einklang zu bringen, ist das Ansinnen vieler. Doch meist klafft zwischen beiden Zielen eine Lücke. „Aber Ökonomie kann nur mit Ökologie funktionieren. Denn ohne Rohstoffe kann man zum Beispiel kein Auto bauen und verkaufen“, mahnte Autor, Moderator und Dokumentarfilmer Dirk Steffens beim diesjährigen Presselunch der Sparda-Bank Nürnberg. Insofern lobte er das Umweltengagement der größten genossenschaftlichen Bank Nordbayerns (rund 3,6 Milliarden Euro Bilanzsumme und 215.000 Mitglieder). Denn die Bank beherbergt auf dem begrünten Dach ihrer Zentrale neben dem Nürnberger Hauptbahnhof vier Bienenvölker und hat über ihr Projekt „Kinderklimagipfel“ im letzten Jahr 2000 Bäume gepflanzt.

Auf dem Dach der Zentrale der Sparda-Bank Nürnberg leben vier Bienenvölker


„Die Bienen in Deutschland erwirtschaften einen Wert von vier Milliarden Euro pro Jahr“, betonte Steffens. Darum könne er Sparda-Bankchef Stefan Schindler nur ermuntern, seine Pläne, noch einmal vier Bienenvölker zusätzlich anzusiedeln, schnell in die Tat umzusetzen. Denn Bienen fänden in innerstädtischen Bereichen inzwischen wesentlich mehr Nahrung als auf den intensiv genutzten Äckern. Dort sei die Pflanzenvielfalt aufgrund der „industriellen Anbaumethoden“ in den letzten Jahren signifikant zurückgegangen. „In Parkanlagen, Vorgärten und Balkonkästen finden die Bienen deutlich mehr Nahrung“, so Steffens.

Er präsentierte mit dem „Living Planet Report“ die Krankenakte der Erde. Derzeit leben rund 7,3 Milliarden Menschen auf dem blauen Planeten – bis 2050 sollen es zehn Milliarden sein. Das habe erhebliche Auswirkungen auf die Ökologie, denn diese Menschen müssen ernährt werden. Schon heute lebten die Menschen über ihre Verhältnisse. Denn sie verbrauchten die Fläche von eineinhalb Erden, obwohl sie nur eine haben. „Wir haben etwa zwölf Milliarden biologisch aktive Hektar. Doch jeder Deutsche verbrauche pro Kopf etwa 4,5 Hektar, jeder US-Amerikaner zehn, aber jeder Chinese nur 1,6 und jeder Inder nur 0,8“, erläuterte Steffens. Somit relativiere sich die gesellschaftlich gängige Aussage, dass China der größte Umweltsünder der Erde sei. „Jeder Deutsche ist somit dreimal umweltschädlicher als jeder Chinese“, brachte es Stefens plakativ auf den Punkt.

Aber die Umweltprobleme des Reichs der Mitte seien wesentlich gravierender als die der Deutschen. Denn jeden Tag sterben laut Steffens etwa 4000 Chinesen an den Folgen der hohen Luftverschmutzung in den Megastädten. Weltweit würden etwa drei Millionen Menschen pro Jahr wegen der schlechten Luft sterben. Diese Luftverschmutzung lasse sich auch nicht wegdiskutieren, denn vor der Industrialisierung sei der Wert von 280 Teilen Kohlendioxid pro einer Million Luftteile jahrmillionenlang nahezu konstant geblieben. Erst durch den Einfluss der Menschen habe sich dieser Wert auf inzwischen 900 Teile erhöht.

In Schleswig-Holstein wird ein Klimadeich gebaut


Der Klimawandel sei somit real. Aufgrund des höheren Wasserdampfes in der Atmosphäre komme es verstärkt zu Extremwetterereignissen. „Das hat inzwischen dazu geführt, dass in bestimmten Teilen der USA Häuser nicht mehr gegen Sturmschäden versicherbar sind“, so Steffens. Und weil Klimawandel Erderwärmung bedeute und damit die Meeresspiegel steigen, habe man in seiner Heimat Schleswig-Holstein mit dem Bau des sogenannten Klimadeichs begonnen. Auf 2,5 Kilometern Länge werde der Küstenschutz für rund 27 Millionen Euro verbessert. „Und Schleswig-Holstein hat rund 2000 Kilometer Küstenlinie“, unterstrich Steffens.

Eine immense Gefahr für die Erde gehe vom in den Permafrostböden gespeicherten Methan aus. Je wärme es wird, umso tiefer würden diese Böden auftauen und das Gas freisetzen. „Es ist 20 bis 25 Mal schädlicher als Kohlendioxid“, so Steffens. Wenn also Methan in größeren Mengen frei würde, könne der auf diese Weise beschleunigte Erwärmungsprozess nicht mehr gestoppt werden.

Doch der Klimawandel ist Steffens zufolge nicht der einzige Faktor, der das Leben auf der Erde bedroht. Auch die 10 000-fach ausgestorbenen Tier- und Pflanzenarten würden dazu beitragen. Allein in Deutschland seien laut „Living Planet Report“ rund 29 Prozent der untersuchten 32.000 heimischen Tier-, Pflanzen- und Pilzarten in ihrem Bestand gefährdet. 5,6 Prozent seien sogar schon ausgestorben. Deshalb sei der zweite Kinderklimagipfel der Sparda-Bank Nürnberg mit der Mal-Aktion „Ein Bild – ein Baum“ genauso zu begrüßen wie die Beteiligung der Bank am Projekt „Streuobstwiese“ der Stadt Nürnberg und die Heimat für die Bienenvölker auf dem Dach der Bankzentrale. Auch wenn diese Beiträge klein erschienen im Vergleich zum ökologischen Schaden, der allein von der Wilderei ausgehe, seien gerade die vielen kleinen Beiträge von jedem einzelnen Menschen entscheidend.

18 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz durch professionelle Wilderei


Die professionell betriebene Wilderei, vor allem in Afrika, sorgt laut Steffens für einen Jahresumsatz von etwa 18 Milliarden US-Dollar. Banden aus Asien würden mit Hubschraubern martialisch hochgerüstet Jagd auf Nashörner und Elefanten wegen deren Elfenbein machen. Denn ein Kilo Elfenbein brächten etwa 60.000 Euro. Da sei der Wert von einem Kilo Gold für derzeit etwa 11.500 Euro geradezu lächerlich. Das Elfenbein werde vor allem in China als Wundermedizin verkauft. Damit der Profit steigt, ist es den Profiwilderern gerade recht, wenn die Tiere ausgerottet werden, so Steffens. Denn dadurch steige der Wert des eingelagerten Elfenbeins. Die Wilderei destabilisiere ganz Staaten. Denn korrupte Regierungen beförderten mit ihrem Verhalten Kriminalität in allen Bereichen. Dadurch blieben internationale Investoren aus und Länder wie Tansania versinken im Chaos. Selbst vor Wildhütern machten die Banden keinen Halt. Denn diese stünden dem Treiben der Wilderer im Weg. „Jeden zweiten Tag wird in Afrika ein Wildhüter ermordet. Darüber wird aber nicht berichtet“, so Steffens.

Von einer Million Elefanten im Jahr 1970 seien nur noch 400.000 übrig. Gehe die Wilderei im jetzigen Ausmaß weiter, sei der Wirtschaftszweig Naturtourismus, der dem südlichen Afrika pro Jahr 36 Milliarden US-Dollar an Einnahmen bringt, ernsthaft in Gefahr. Auch sei es nicht einzusehen, dass reiche Trophäenjäger sich für 50.000 Euro eine Lizenz zum Abschuss eines Löwen besorgen, nur um ihr Ego zu stärken.

„Die natürliche Aussterberate ist um das 1000-fache erhöht“, mahnte Steffens. Bereits 80 Prozent der Insekten hierzulande seien verloren. Das merke man am Fahren auf der Autobahn. „Früher musste man die Scheibe nach einer Stunde von den toten Tieren befreien. Heute sind kaum noch welche darauf“, illustrierte Steffens. Aber Insekten seien wichtig für die Nahrungskette. „Wenn die Tiere sterben, sterben auch wir!“

Übergang zu einem neuen globalen Wirtschaftssystem


Noch sei es nicht zu spät. „Im 21. Jahrhundert steht die Menschheit vor einer doppelten Herausforderung: die Natur zu bewahren und den Menschen ein würdevolles Zuhause auf einer Erde zu ermöglichen, deren Ressourcen endlich sind“, so Steffens. Er plädierte daher für den Übergang zu einem neuen globalen Wirtschaftssystem, das unter anderem die Erhaltung des Naturkapitals und eine gerechte Ressourcenverteilung in den Mittelpunkt stellt.
(Ralph Schweinfurth)

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