Wirtschaft

Bäume aus der Region werden zu Energie für die Region. (Foto: Bilderbox)

04.11.2011

Viel Holz vor der Hütt’n

Die Raiffeisen Holzenergie Main-Spessart eG ist ein Musterbeispiel für die gelungene Zusammenarbeit von Kommunen und privaten Waldbesitzern

Der Landkreis Main-Spessart gehört zu den am meisten bewaldeten Regionen des Freistaats. Auf mehr als der Hälfte der Fläche stehen Laub- und Nadelbäume. Der Holzbestand war in der Vergangenheit wegen der heterogenen Besitzerstruktur nicht leicht zu erschließen. Mittlerweile trägt eine Genossenschaft, die Mitglied des Genossenschaftsverbands Bayern ist, dazu bei, dass das damals ungenutzte Potenzial der nachhaltigen Energiequelle genutzt wird: Kommunen, private Waldbesitzer und eine Genossenschaftsbank haben sich deswegen zur Raiffeisen Holzenergie Main-Spessart eG zusammengeschlossen, deren Mitglieder über 32.000 Hektar Wald besitzen – mehr als die Fläche der Stadt München.
Ein fairer Preis für das Holz
Der Förderauftrag der im Juli 2010 gegründeten eG ist schnell erklärt: Sie kauft ihren Mitgliedern Holz zu einem fairen Preis ab und stellt daraus Hackschnitzel her. Dabei übernimmt die Raiffeisen Holzenergie neben Transport des Rohstoffs, Hackschnitzelherstellung und Lagerung auch den Weiterverkauf. Dazu hat die Genossenschaft ein 3000 Quadratmeter großes Areal in der Nähe eines Sägewerks angemietet. Aber damit ließ man es bereits bewenden: Die Genossenschaft selbst besitzt keine Holzmaschinen oder Transportfahrzeuge. Diese Aufträge werden allesamt an Unternehmen aus der Region vergeben, um den regionalen Wirtschaftskreislauf noch weiter zu stärken. Außerdem will sich die Raiffeisen Holzenergie an Anlagen beteiligen, die dazu dienen, Energie aus erneuerbaren Trägern zu erzeugen beziehungsweise zu verteilen.
Die Mitglieder, das sind sechs Forstbetriebsgemeinschaften (FBG), eine Waldbesitzervereinigung (WBV), 21 Städte und Gemeinden im Landkreis mit eigenem Waldbesitz, mehrere Privatpersonen und die Raiffeisenbank Main-Spessart, die genossenschaftlich Gründungshilfe geleistet hat. Mittlerweile beteiligen sich mehr als 40 Anteilseigner an der Holzenergie-Genossenschaft, darunter auch die Stadt Lohr am Main, die unter den Kommunen im Freistaat der zweitgrößte Waldbesitzer ist.
Um den Gründungsprozess der Genossenschaft aus Lohr zu erklären, braucht man mehr Platz. Die Initiative ging vom Landkreis Main-Spessart aus, der nach der letzten Kommunalwahl ein Regionalmanagement ins Leben rief, das die wirtschaftliche, soziale und umweltgerechte Entwicklung in der Region voranbringen sollte. Im Zuge des Programms wurde im März 2009 ein Arbeitskreis „Wertschöpfungskette Holz“ gegründet, um das Potenzial des reichlich vorhandenen Rohstoffs Holz besser zu nutzen. „Die Triebfeder war von Anfang an Klaus Bernhart, Leiter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Karlstadt“, erklärt Winfried Rauch, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender und selbst Waldbesitzer. Zusammen mit dem Lohrer Bürgermeister Ernst-Heinrich Prüße trieben sie den Diskussionsprozess im Arbeitskreis immer weiter voran.
Aus genossenschaftlicher Nachbarschaftshilfe kam auch die heutige Raiffeisenbank Main-Spessart mit ins Boot, die mit dem Unternehmen eng verflochten ist. Viele der Bürgermeister aus dem Aufsichtsrat der Raiffeisenbank sind auch Mitglieder des Kontrollgremiums der Holzenergie-Genossenschaft. Rauch ist im Hauptberuf Prokurist und Firmenkundenleiter des Kreditinstituts. „Das Thema erneuerbare Energien war unseren Bankvorständen schon immer wichtig. In der Vergangenheit schlug sich dies vor allem bei der unbürokratischen Hilfe für unsere Kunden nieder, die in erneuerbare Energien investiert haben“, erläutert Rauch.
Gründung hat sich gelohnt
Auch wenn die Geburt der Genossenschaft etwas mühsam war und es mehr als ein Jahr bis zur Gründung dauerte, am Ende habe es sich doch gelohnt, meint der Vorstandsvorsitzende Matthias Schleich. „Die Genossenschaft stärkt durch ihre Größe die Waldbesitzer in der Region, fördert den Wirtschaftskreislauf und leistet einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz“, erklärt er. Für Schleich hat das Projekt Raiffeisen Holzenergie durchaus Vorbildcharakter: „Die Mitglieder sind durch die Unternehmensform eingebunden und profitieren als Kunden von den Leistungen“, so der Vorstandsvorsitzende. „Durch die Initiative der Politik ist es gelungen, alle Forstbetriebsgemeinschaften und alle kommunalen Waldbesitzer im Landkreis für die Genossenschaft zu gewinnen.“ Und da die Hackschnitzelanlagen „wie Pilze aus dem Boden schießen“, so Schleich, bleibt das Endprodukt wiederum dort, wo es auch hergestellt wurde. Das Holz aus der Region wird zu erneuerbarer Energie für die Region. „Das Holz des Dorfes dem Dorfe“, müsste Friedrich Wilhelm Raiffeisen wohl heute sagen.
(Christoph Spöckner - Der Autor ist Mitarbeiter im Vorstandsstab des Genossenschaftsverbands Bayern.)

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