Ausschreibung und Vergabe

Bei der Vergabe eines Auftrags zum Einbau von Metallrahmenfenstern gab es Streit. (Foto: dpa)

27.11.2015

Mehrere Fabrikatsangaben führen zum Ausschluss

Vergabekammer Sachsen gegen Aufklärung alternativer Herstellerangaben

Ein öffentlicher Auftraggeber hat im Rahmen der Erweiterung eines Berufsschulzentrums ein Los „Metallbau Außenelemente“ europaweit im offenen Verfahren nach der VOB/A-EG ausgeschrieben. Das Los umfasste unter anderem zirka 98 Alu-Verbundfenster. Hierzu gab das Leistungsverzeichnis (LV) ein Leitfabrikat „S.AWS 75 SI+ (oder gleichwertig)“ vor. Der für den Zuschlag vorgesehene Bauunternehmer hatte hierzu angeboten: „Hueck Lambda 77 L / S.AWS 75.SI TT“. Ein nicht berücksichtigter Bauunternehmer hat gegen die Vergabeentscheidung zugunsten des Bestbieters ein Nachprüfungsverfahren mit Erfolg angestrengt: Die Vergabekammer Sachsen (Beschluss vom 2. April 2015 – Az.: 1/SVK/006-15) hat unter anderem das Angebot von alternativen Hersteller-/Typangaben als vergaberechtswidrig eingeordnet.

Zwar hat die ausschreibende Stelle dies bei der Angebotsauswertung erkannt und dem bestbietenden Unternehmen im Wege der Aufklärung die Möglichkeit eingeräumt, sich auf eines der Fabrikate festzulegen. Dies stellt jedoch nach Ansicht der sächsischen Vergabekammer eine unzulässige Nachverhandlung, d.h. Nachbesserung des Angebotes dar. Gibt ein Bieter bei einem zwingend einzutragenden Erzeugnis mehr als einen Hersteller oder ein Produkt an, behält er sich offen, was er letztlich anbieten will, was vergaberechtlich unzulässig ist. Die Angabe mehrerer Hersteller für eine LV-Position stellt einen Vergaberechtsverstoß dar. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) VOB/A-EG muss ein Angebot zweifelsfrei sein und genau der in den Vergabeunterlagen zum Ausdruck kommenden Nachfrage des öffentlichen Auftraggebers entsprechen. Der Regelungszweck dieser Vorschrift liegt darin, das Zustandekommen eines wirksamen Vertrages mit übereinstimmenden Willenserklärungen zu gewährleisten. Ein Angebot muss alle wesentlichen Vertragsbestandteile beinhalten, darunter fallen der Vertragstyp, die Vertragsparteien und der Vertragsgegenstand und gegebenenfalls eine noch zu erbringende Gegenleistung. Das Angebot muss also vor allem die nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 VOB/A-EG geforderten Erklärungen und Nachweise enthalten, also das, was der Auftraggeber von den Bietern verlangt, hier zum Beispiel die eindeutige Hersteller- und Produktangabe.

Sofern hingegen eine Vergabestelle einem einzelnen Bieter zugesteht, sich erst nach Angebotsabgabe auf ein Produkt festzulegen, stellt dies eine Bevorteilung dieses Bieters gegenüber den anderen Bietern dar, die sich bereits mit Angebotsabgabe auf ein Produkt festgelegt haben. Denn die Nennung von zwei alternativen Produkten erfordert für eine spezifizierende Produktfestlegung eine Verhandlung nach Angebotsabgabe, die unzulässig ist. Ein Bieter darf seine Wettbewerbsposition nicht dadurch verbessern, dass er zwingend geforderte, aber fehlende oder unklare Angaben im Wege der Aufklärung des Angebotsinhaltes nachholt, so die die Vergabekammer Sachsen.

Auch eine Nachforderung nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A-EG kommt vorliegend nicht in Be-tracht. Eine Nachforderung ist nur bei fehlenden Erklärungen möglich. Als fehlende Erklärungen sind lediglich solche aufzufassen, die entweder gar nicht oder unvollständig vorgelegt wurden, oder sonst den formalen Anforderungen nicht entsprechen. Hier fehlte keine Erklärung zu den geforderten Hersteller-/Typangaben. Eine solche Erklärung war abgegeben worden, sie war allerdings zweideutig und in sich widersprüchlich und hätte ohne Nachverhandlung nicht konkretisiert werden können. Das Angebot des bestbietenden Unternehmens war somit auszuschließen.
(Holger Schröder)

(Der Autor ist Rechtsanwalt bei Rödl & Partner in Nürnberg.)

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