Ausschreibung und Vergabe

Um die Planungsleistungen zur Sanierung des Springbeckens bei einem Freibad gab es Streit. (Foto: dpa/Daniel Karmann)

18.10.2019

Referenzen dürfen doppelt bewertet werden

Vergabekammer Südbayern erleichtert Wettbewerbszugang für kleine Planungsbüros

Im Rahmen eines europaweiten Verhandlungsverfahrens mit vorherigem Teilnahmewettbewerb wurden Planungsleistungen zur Sanierung des Springbeckens eines Freibads ausgeschrieben. Für die Auswahl der Bewerber, die zum Verhandlungsverfahren ausgewählt wurden, waren nach § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV unter anderem höchstens drei Referenzprojekte anzugeben, aus der die Erfahrung des Bewerbers bei Projekten mit vergleichbaren Anforderungen hervorging. Zur Auswahl des besten Angebots war gemäß § 58 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VgV unter anderem das Zuschlagskriterium „Personelle Besetzung“ festgelegt, das für den Projektleiter und den stellvertretenden Projektleiter jeweils die Darlegung des persönlichen Erfahrungshintergrunds vorsah, insbesondere von Referenzprojekten. Fraglich war insoweit, ob hinsichtlich der Bewertung derselben Referenzprojekte sowohl im Teilnahmewettbewerb als auch bei der Zuschlagswertung gegen das Vergaberecht verstoßen wird.

Vergleichbare Vorschrift

Die Vergabekammer Südbayern (Beschluss vom 2. April 2019 – Z3-3-3194-1-43-11/18) verneint diese Frage. Denn ein rechtliches Verbot einer Doppelbewertung besteht lediglich in § 46 Abs. 3 Nr. 6 VgV für die Forderung von Studien- und Ausbildungsnachweisen sowie Bescheinigungen über die Erlaubnis zur Berufsausübung. Weder in § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV noch an anderer Stelle im Vergaberecht findet sich eine dazu vergleichbare Vorschrift. Zwar wird teilweise in § 46 Abs. 3 Nr. 6 VgV eine Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes der Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien erkannt, weshalb eine doppelte Berücksichtigung derselben Aspekte bei der Eignungsprüfung und Zuschlagswertung generell für unzulässig erachtet wird.

Dieser Rechtsmeinung folgt die Münchner Nachprüfungsbehörde allerdings nicht: Zum einen hätte der Verordnungsgeber, wenn er seine gewollte Durchbrechung des Grundsatzes der Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien in § 58 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VgV („Organisation, Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung des Auftrags betrauten Personals“) dadurch wieder hätte einschränken wollen, dass sich ein öffentlicher Auftraggeber bei jedem Aspekt entscheiden muss, ob er ihn im Rahmen des Zuschlags oder bei der Eignungsprüfung berücksichtigt, dies klar zum Ausdruck bringen müssen. Zum anderen könnte das Verbot einer doppelten Berücksichtigung von Referenzen zu einer Benachteiligung kleiner und mittlerer Unternehmen führen, die nur über eine überschaubare Anzahl geeigneter Referenzen verfügen.

Der öffentliche Auftraggeber müsste die Bewerber beziehungsweise Bieter in diesem Fall dazu auffordern, im Rahmen der Eignungsprüfung jeweils andere Referenzen anzugeben, als die persönlichen Referenzen, die der öffentliche Auftraggeber im Rahmen der Beurteilung der Erfahrung von Mitarbeitern dieser Unternehmen nach § 58 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VgV berücksichtigen möchte. Wenn gerade kleinere, inhabergeführte Planungsbüros jeweils andere Referenzen für die Eignungsprüfung und die Wertung der Erfahrung ihres Personals vorlegen müssten, könnte dies nach Ansicht der südbayerischen Vergabekammer dazu führen, dass gerade die geeigneten Referenzen entweder bei der Eignungsprüfung oder aber bei der Zuschlagswertung nicht berücksichtigt werden könnten, was gerade für kleine Planungsbüros einen erheblichen Wettbewerbsnachteil darstellen würde.
(Holger Schröder)

(Der Autor ist Fachanwalt für Vergaberecht bei Rödl & Partner in Nürnberg.)

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