Bauen

Der 540 Meter lange und bis zu fünf Meter hohe Steinschlagschutzzaun. (Foto: Dominik Dürr)

19.09.2022

540 Meter langer Steinschlagschutzzaun

Felssicherungsmaßnahmen im Bereich der Staatsstraße 2392 bei Kipfenberg-Denkendorf

Neben dem Ausbau und der Erhaltung des Wegenetzes obliegt dem Staatlichen Bauamt Ingolstadt als Baulastträger auch die Verkehrssicherungspflicht für die Bundes- und Staatsstraßen in seinem Bereich. Ein wichtiger Aspekt dieser Pflicht ist auch der Schutz vor Georisiken – diese sind geologisch bedingte Naturgefahren wie Steinschläge. Wind und Regen, Frost und Tau sowie chemische Prozesse sorgen dafür, dass die Erdoberfläche andauernd im Wandel ist. Durch die dadurch verursachte Erosion lösen sich immer wieder kleinere oder größere Gesteinsbrocken aus den Felsen und stürzen ins Tal. Dies tritt nicht nur in den Alpen auf, sondern auch in anderen bayerische Regionen, wie dem Altmühltal, dessen Landschaftsbild geprägt ist von massigen Kalksteinwänden der Riff- und Schichtkalke sowie durch Verwitterung entstandene Felstürme.

Das Staatliche Bauamt Ingolstadt hat alle im Altmühltal steinschlaggefährdeten Bereiche an Staats- und Bundesstraßen identifiziert und ein Programm aufgestellt, um diese in den nächsten Jahren sukzessive zu sichern. Die bekannten Bereiche werden regelmäßig überwacht. Bei einer solchen Kontrollfahrt fand der Streckenwart neben dem Fahrbahnrand der St 2392 nach dem Ortsende von Kipfenberg einen größeren Stein. Ein Stein, der neben sich selbst auch eine Maßnahme mit einem Gesamtvolumen von 1,4 Millionen Euro ins Rollen brachte.

Die sofort eingeleitete geologische Begutachtung vor Ort ergab, dass zur Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer*innen die Straße sofort gesperrt werden muss, um die akute Gefahrensituation abzuwenden. Es konnte nicht gewährleistet werden, dass sich nicht weitere Felsbrocken aus dem etwa 112 Meter hohen Hang mit teils überhängenden Steilbereichen lösen und auf die Fahrbahn der St 2392 stürzen.

Um die Straße möglichst bald wieder für den Verkehr freigeben zu können, veranlasste das Bauamt eine Notberäumung von absturzgefährdeten Felsbrocken. Dabei verfing sich ein Großteil zunächst im unbewirtschafteten Waldbereich und musste aufgrund des bis zu 50 Grad geneigten Hangs durch den Einsatz eines Schreitbaggers bis zur Staatsstraße abwärts bewegt werden.

Betonblöcke schützten dabei die angrenzende Wohnbebauung. Insgesamt fiel eine Menge von 50 Lkw-Ladungen mit gelockertem Material zum Abtransport an. Einige der Felsbrocken hinterließen im Zuge des Absturzes Schäden im Fahrbahnbereich. Nach deren Beseitigung konnte die Staatsstraße nach acht Wochen Sperrung vorerst wieder für den Verkehr freigegeben werden.

Die Notberäumung stellte jedoch lediglich den ersten Schritt der Gesamtmaßnahme dar. Die Gefahr, dass sich in den nächsten Jahren wieder Felsbrocken lösen und auf die Straßen stürzen, bestand weiterhin. Dauerhafte Abhilfe können hier nur bauliche Anlagen wie Steinschlagschutzzäune und Vernetzungen schaffen. Das Staatliche Bauamt hatte für diesen Bereich schon vor dem Steinschlagereignis ein Gutachten in Auftrag gegeben, um notwendige Maßnahmen aufzuzeigen und zu bemessen.

Grundlage eines solchen Gutachtens ist eine ingenieurgeologische Geländeaufnahme. Hier nimmt der Gutachter die geologischen und geomorphologischen Rahmenbedingungen, wie beispielsweise die Geländesteilheit, den Grad der Verwitterung der Felsen sowie das Vorhandensein von Klüften und deren Orientierung, vor Ort auf. Daraus kann er die Gefahrenbereiche lokalisieren und die potenzielle Gefährdung abschätzen. Eine anschließende computergestützte 2D- und 3D-Steinschlagsimulation dient dann als Grundlage für die Auswahl des neu zu errichtenden Steinschlagschutzzauns. In dieses Modell gehen Aspekte wie der zur Verfügung stehende Auffangraum, der Abstand des Zauns zur Fahrbahn, möglicher Bewuchs oder größere Blöcke im Hang ein.

Für die St 2392 bei Kipfenberg ergab sich, dass auf einer Länge von 540 Metern ein bis zu fünf Meter hoher Steinschlagschutzzaun mit einer Energieaufnahme von bis zu 3000 Kilojoule in mehreren sich überlappenden Abschnitten errichtet werden muss. Dieser kann einen Felsabgang mit etwa vier Kubikmetern aufhalten. Die Arbeiten begannen im November 2021 mit dem Freischneiden des bewaldeten Geländes. Anschließend errichtete das beauftragte Spezialtiefbauunternehmen die 49 Einzelfundamente.

Aufgrund des topografisch schwierigen Geländes und vor allem für einen zügigen Baufortschritt flog ein Helikopter die fast 1,2 Tonnen schweren Stützen binnen weniger Stunden ein. Speziell ausgebildete Höhenarbeiter verankerten diese und spannten den Zaun auf.

Zusätzlich hierzu sichern nun auch zwei Vernetzungen die Staatsstraße. 1400 Quadratmeter Stahlnetz und mehr als 400 bis zu drei Meter lange Nägel umspannen eine zwölf Meter hohe Felspartie unmittelbar am Fahrbahnrand, sodass sich aus dieser keine Steine mehr lösen können. 

Durch die Beräumung und die Bauarbeiten wurden ein Teil der Straße und der anliegende Gehweg stark beschädigt. Die Maßnahme schließt daher mit einer Erneuerung der Fahrbahn ab.
Die Verkehrssicherungsmaßnahme kam in einem naturschutzfachlich hochwertigen Bereich zum Liegen. Daher war eine naturschutzfachliche Begleitung bei allen Arbeiten vor Ort. Im Rahmen der Planung hat das Staatliche Bauamt Gutachten erstellen lassen, in denen unter anderem die Verträglichkeit der Maßnahme mit den Schutzzielen des Natura 2000–Gebietsschutzes geprüft wurde.

Die Gutachten beleuchteten artenschutzrechtliche Belange und legten Maßnahmen zur Vermeidung von Beeinträchtigungen wie etwa den Bau im Spätherbst und Winter fest. Weiterhin hat das Bauamt ein Konzept für die naturschutz- und waldrechtliche Kompensation erstellen lassen. Der überwiegende Teil der in Anspruch genommenen Waldflächen wird nach Abschluss der Baumaßnahme wieder zu Wald entwickelt werden. Für die unvermeidbaren Beeinträchtigungen von Naturhaushalt und Landschaft lässt das Bauamt als Ausgleichsmaßnahme eine Waldfläche neu anlegen.

Die Kosten der Maßnahme belaufen sich auf etwa 1,4 Millionen Euro. Diese setzen sich aus der Notberäumung, dem Vegetationsrückschnitt, den Baukosten für die Felssicherung, den Straßenbauarbeiten und den Kosten für den naturschutzfachlichen Ausgleich zusammen. Sie werden vom Freistaat als zuständigem Baulastträger übernommen. Alle Verkehrsteilnehmer*innen können die Straße nun ohne Angst vor Steinschlagereignissen benutzen.
(Teresa Dendorfer, Elena Merk)

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