Wer Münster in Westfalen besucht, der kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus: Um den alten Stadtkern herum, dem Prinzipalmarkt mit seinen wunderschönen Arkaden, reihen sich viele historische Gebäude und Skulpturen aus Baumberger Sandstein; hier befindet sich Münsters gute Stube.
Viele Giebelhäuser aus dem 12. Jahrhundert haben größtenteils den Zweiten Weltkrieg überlebt, andere Gebäude wiederum fielen den Bomben zum Opfer und mussten in den 1950er Jahren neu gebaut werden. Münster erweckt durch seine historischen Gebäude den Eindruck, den Krieg unbeschadet überstanden zu haben. Das ist aber leider nicht so. Tatsächlich wurde diese Stadt – genauso wie zum Beispiel Dortmund – fast völlig zerstört.
Beim Wiederaufbau waren die Münsteraner aber ganz pfiffig: Die Vorderfront der Häuser wurde restauriert und dann mit den neu aufgebauten Hintergebäuden verbunden und abgestützt. Das sieht

man ganz deutlich am Prinzipalmarkt, der mitten im Herzen der Altstadt liegt. Die Städteplaner orientierten sich dabei an ihrem „alten“ Stadtbild. So wurden beispielsweise im Bereich des Aegidiviertels, der Engelenschanze, des Schlossplatzes und des Kuhviertels Durchbrüche für neue Straßen geschaffen. Am Domplatz und Prinzipalmarkt wurden die Straßen nicht verbreitert, sodass der mittelalterliche Stadtgrundriss erhalten blieb – auch wenn diese Bebauung teilweise erst nach dem Zweiten Weltkrieg im Rahmen der Nachkriegsarchitektur entstand.
Der alte Roggenmarkt und Teile des Prinzipalmarkts sowie das historische Rathaus mit dem Friedenssaal gelten als Wahrzeichen der Stadt. Hier wurde am 15. Mai 1648 der Westfälische Friede geschlossen, der das Ende des Dreißigjährigen Kriegs bedeutete. 2015 gab es dafür von der Europäischen Kommission das Europäische Kultursiegel.
Auch der Barockbaumeister Johann Conrad Schlaun hat in Münster seine Spuren hinterlassen. Von ihm gibt es in der westfälischen Stadt einige schöne alte Gebäude zu sehen: Dazu gehört zum Beispiel das fürstbischöfliche Schloss, das für den damaligen Fürstbischof Maximilian Friedrich von Königsegg-Rothenfels zwischen 1767 und 1787 gebaut wurde. Auch hier wurde für Simse, Pilaster und Dekoration Baumberger Sandstein verbaut; roter Backstein ergänzt die restlichen Flächen. Seit 1954 ist in dem fürstbischöflichen Schloss die Westfälische Wilhelms-Universität untergebracht.
Architektonisch besonders interessant ist auch der Erbdrostenhof, der sich mitten in der belebten Innenstadt befindet. Dieses Adelspalais baute Schlaun für den Erbdrosten Adolf Heidenreich Freiherr von Droste zu Vischering. Dieser dreiflügelige Bau wurde auf einer kleinen Grundfläche errichtet; er wirkt aber trotzdem großzügig in seiner Bauweise. Im Erbdrostenhof befindet sich unter anderem eine Sammlung historischer Tasteninstrumente, wie beispielsweise ein dreichöriges, zweimanualiges Ruckers -Cembalo von 1640. Dieses barocke Gebäude ist auch immer wieder beliebt bei verschiedenen Filmproduktionen; es dient immer mal wieder als Kulisse für ARD- und ZDF-Krimis wie den Tatort oder Wilsberg.
Häuser im Backsteinbaustil
Ein weiteres barockes Highlight in Münster ist der Zwinger an der Promenade; der Entwurf stammt ebenfalls von Johann Conrad Schlaun. Ursprünglich als Festungsbauwerk errichtet, wurde es nach Schlauns Umbau von 1732 bis 1734 bis zum Ende des 19. Jahrhunderts als Gefängnis benutzt.
Geht der Besucher in die Königsstraße, so findet er recht schnell den „Heereman’schen Hof“, einen Adelshof mit rückwärtigem Steinwerk aus dem Jahr 1549 und einer Werksteinfassade am Vorderhaus aus dem Jahr 1564. Dieses Gebäude ist seit 1834 im Familienbesitz der Freiherrn Heereman von Zuydtwyk. Besonders auffallend ist hier die reich gegliederte, vom typischen Giebelhaus abweichende Vorderfront; sie zählt zu einem der bedeutendsten Bauwerke der Renaissance in Münster. Eine Besichtigung ist leider nicht möglich, denn viele Räumlichkeiten werden durch das Oberverwaltungsgericht NRW genutzt.
Münster steckt irgendwie voller architektonischer Widersprüche: Während der Altstadtkern mit seinem Kopfsteinpflaster noch gut erhalten ist, ist das restliche Stadtgebiet im Stil der Nachkriegs- und postmodernen Zeit errichtet worden. So findet der Besucher in Münster außerhalb des Innenstadtkerns viele Wohnhäuser im typischen Backsteinbaustil, aber auch moderne Stahl- und Glasbetonbauten wie zum Beispiel das aus dem Jahr 2002 stammende Bürogebäude an der Hammerstraße. Nicht vergessen werden darf der skulpturale Büroturm mit Glasfassade, der aus über 600 Fassadenelementen besteht und am Münsteraner Koldering steht. Aufgrund seiner ungewöhnlichen Form wird er schlicht und einfach auch „Kristall“ genannt.Gerade diese Kombination verschiedener Stilelemente machen den architektonischen Reiz von Münster aus.
(Sabine Neumann)
(Der Erbdrostenhof liegt mitten in der belebten Fußgängerzone von Münster. Er dient oft auch als Filmkulisse für TV-Produktionen - Foto: Sabine Neumann)
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