Bauen

Das Fassadenbild läuft trotz unterschiedlicher Bretterbreiten über die Geschosse hinweg durch. (Foto: ABA Holz/Florian Holzherr)

13.10.2023

Aufgereiht wie an einer Perlenschnur

Neubau einer kommunalen Wohnanlage in Utting am Ammersee

Sechs Holzhäuser mit insgesamt 88 Wohneinheiten reihen sich in Utting auf dem ehemaligen Schmucker-Gelände aneinander. Die Siedlung ist eines der größten kommunalen Holzbauprojekte in Bayern. Gebaut wurde mit KLH-CLT Massivholzplatten.

Aus der Vogelperspektive betrachtet, wirkt die kommunale Wohnanlage auf dem ehemaligen Schmucker-Areal in Utting am Ammersee wie eine Perlenkette von Ost nach West aufgereihter Gebäude. Eine Gliederung der Einzelhäuser in sechs Gruppen, zwischen denen Freiflächen Durchblicke ermöglichen, sowie eine Dachlandschaft aus unterschiedlich ausgerichteten Pultdächern lockern die Struktur auf.
Die Tiefgarageneinfahrt und die Ausfahrt für alle Bewohner*innen befinden sich an der Landsberger und der Schondorfer Straße, die Besucherparkplätze am Rand des Geländes, sodass das eigentliche Grundstück bis auf vier Parkplätze für den Gemeinschaftsbereich völlig autofrei ist. Stattdessen lädt das Areal zum Spazierengehen oder Radfahren entlang der Häuser ein. Auch ein öffentlicher Spielplatz wurde neben den Häusern platziert, die die Gemeinde Utting mit ihrem Kommunalunternehmen als geförderten Wohnungsbau realisiert hat.

Der 5000 Einwohnenden-Ort hatte den Grund vor einigen Jahren erworben, um dort bezahlbaren Wohnraum für mittlere und niedrige Einkommen zu schaffen. Bei der Vergabe nach einem Punktesystem sollten insbesondere Personen berücksichtigt werden, die bereits in Utting wohnen oder arbeiten, sodass eine gemischte Mieterschaft angesprochen wurde. „Ziel war es, Uttinger Bürgern Wohnraum zur Verfügung zu stellen, die sonst aufgrund der stark gestiegenen Mieten weggezogen wären. Das betrifft beispielsweise Erzieher und Erzieherinnen, junge Familien oder Alleinstehende“, erklärt Thomas Behrendt, technischer Vorstand des Kommunalunternehmens Utting am Ammersee AöR.

Bezahlbarer Wohnraum

Der auf dieser Basis ausgelobte Architektenwettbewerb im Jahr 2017 wurde darauf ausgelegt, das Bauvorhaben sowohl in Massiv- als auch in Holzbauweise realisieren zu können. Als Gewinner gingen WWA Architekten aus München hervor. Diverse Fördergelder machten es zudem möglich, den Siegerentwurf zusammen mit der Zimmerei Höfle GmbH in der um rund 10 Prozent teureren Holzbauweise zu entwickeln.

Die gesamte Siedlung umfasst, wie bereits erklärt, 88 Wohneinheiten, die sich auf sechs Mehrfamilienhäuser der Gebäudeklasse 3 verteilen. Es gibt Apartments mit rund 35 Quadratmetern Wohnfläche, Zweizimmerwohnungen mit rund 45 bis 60 Quadratmetern und Dreizimmerwohnungen mit 70 bis 80 Quadratmetern Wohnfläche. Auch Vierzimmerwohnungen mit 90 bis 100 Quadratmetern Wohnfläche und Fünfzimmerwohnungen mit rund 110 Quadratmetern Wohnfläche finden sich in der Anlage. Die größeren Wohnungen sind im Erdgeschoss, die kleineren in den Obergeschossen. Zwei Einheiten sind rollstuhlgerecht. Für die Vereine des Ortes und für die Bewohner*innen selber hat die Gemeinde einen Gemeinschaftsraum mit Küche mitrealisiert.

„Wir haben die zwei- und dreigeschossigen Häuser versetzt angeordnet und so optisch als Einzelbaukörper gestaltet“, verrät Architekt Gerold Heugenhauser, der als Projektarchitekt seitens WWA Architekten für die Wohnanlage verantwortlich war. Zwischen die Baukörper geschobene Treppenhäuser ermöglichten es, die meisten Wohnungen als von Norden nach Süden durchgesteckte Einheiten zu konzipieren und jeweils von zwei Seiten zu belichten. Die seitlich gelegenen Wohnungen im Erdgeschoss sind sogar dreiseitig belichtet. Alle Häuser erhielten Pultdächer, die in unterschiedliche Richtungen geneigt sind und so der Anlage ein lebendiges Erscheinungsbild verleihen.

Mit Ausnahme der Tiefgarage und der Treppenhäuser sowie Aufzugsschächte, die aus Stahlbeton bestehen, wurde die gesamte Anlage von der mit der regendichten Hülle als Gesamtauftrag betrauten Zimmerei in Holzbauweise errichtet. Während der Bauarbeiten liefen die Beton- und Holzbauarbeiten parallel neben- beziehungsweise miteinander ab. Der Zimmerer fertigte zudem just in time. Während die Produktion der nächsten Bauteile noch lief, wurden die fertigen Elemente schon montiert. Dabei nutzte die Zimmerei ihren eigenen Fuhrpark mit Wechselbrücken, um das Material nach der Produktion sofort auf die Baustelle zu liefern und dort zu montieren. „Da die Baustelle sehr eng war, konnten wir vor Ort nichts lagern, alles musste sofort verarbeitet werden“, erläutert Holger Höfle.

Zeit und Kosten gespart

Einen Zeitvorteil brachte die Beplankung der Wände mit Hartgips- und Gipskartonplatten bereits im Werk des KLH–CLT-Lieferanten, der ABA Holz van Kempen GmbH. „Die Logistik macht 30 Prozent der Baustelle aus. Also haben wir versucht, diesen Teil zu optimieren und beim Trockenbau angesetzt“, fährt der Inhaber und Geschäftsführer der Zimmerei Höfle fort. „Wir haben uns daher entschieden, das Material von vornherein dort zu platzieren, wo es später auch hingehört, also beispielsweise an der Wand.“ Eine weitere Maßnahme trug zur Materialeinsparung bei: Ursprünglich sollten Innenwände in Trockenbauweise errichtet werden, doch dieser Ansatz wurde zugunsten von Brettsperrholzwänden geändert. „Diese konnten wir als Auflager nutzen und so die Deckenspannweiten und in der Folge die Deckenstärken auf nur 16 Zentimeter verringern“, erklärt Heugenhauser.
Die Bilanz dieser Innovationskraft fällt durchweg positiv aus: Die gesamte Fertigungszeit pro Quadratmeter Außenwand betrug inklusive Außenschalung, Fenster- und Raffstoremontage, der Verlegung der Elektroleerrohre und des Be- und Entladens der Lkw lediglich 12 Minuten. So konnte das Projekt im Handumdrehen realisiert werden.

Auch in puncto Nachhaltigkeit hat es Vorbildcharakter. Dank der Materialwahl – beispielsweise 1735 Kubikmeter Holz, davon 12 000 Quadratmeter KLH–CLT Massivholzplatten für Wände und Decken, 1875 Kubikmeter Dämmstoff und 100 Kubikmeter Holzwerkstoffplatten (OSB) – konnten 1684 Tonnen CO2 eingespart werden.

Die Baukosten blieben dank Förderungen und einem Mix aus freihändiger und öffentlicher Vergabe ebenfalls im Rahmen. Eine Holzpelletheizung mit Gas zur Spitzenlastabdeckung sorgt für eine nachhaltige Wärmeversorgung. Und das Gesamtpaket mit einer Nettomiete von 11,50 Euro pro Quadratmeter lockte so viele Interessenten an, dass die Gemeinde jede Wohnung mehr als zweimal hätte vergeben können. Insgesamt meldeten sich 182 Bewerber für die 88 Wohnungen an. „Mit der Schmucker Wohnanlage ist somit auch für den Freistaat Bayern ein Leuchtturmprojekt entstanden“, freut sich Behrendt. „Wir haben alle Vorgaben und Ziele erreicht und umgesetzt.“ (Christine Ryll)
 

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