Bauen

Als Markenzeichen für die neue Identität der Schule steht die markante Fassade. (Foto: Axel Roderus)

17.08.2022

Bauarbeiten bei laufendem Schulbetrieb

Sanierung und Erweiterung der Martini-Schule in Freystadt

Eine Schule bei voll laufendem Betrieb zu sanieren, umzubauen und zu erweitern ist immer eine große logistische Denksportaufgabe für alle Beteiligten: Für Schulleitung, Schüler, Eltern, Fachplaner und eben auch für die Architekten. Bei der Martini-Schule in mit 400 Schülerinnen und Schülern in Freystadt haben sich dieser Herausforderung zwei Architekturbüros im Team als Arbeitsgemeinschaft gestellt, die Pilsacher Architekten Berschneider + Berschneider zusammen mit dem Fürther Büro Heid + Heid. In zwei Abschnitten erfolgten im regulären Schulbetrieb Generalsanierung, Umbau und Erweiterungen. Der erste Bauabschnitt war im Mai 2020, die Fertigstellung gesamt im Mai 2022 abgeschlossen.

Der erste Bauabschnitt fiel dabei genau in die beginnende Coronapandemie – ein besonderer Umstand, der jedoch sowohl bei Kosten und Bauzeit wenig, bis keine spürbaren Auswirkungen mit sich getragen hat. Lieferengpässe und Ausfälle konnten kompensiert werden.

Ausgangspunkt für die Planer war ein Gemenge aus Bestandsgebäuden verschiedener Zeitalter von 1963, 1973 und 1996. Diese galt es von Grund auf zu sanieren und durch Neubauten für den erweiterten Raumbedarf zu ergänzen. Eine Aufgabe war Barrierefreiheit für die Gebäudeteile auf unterschiedlichen Niveaus zu schaffen. Anbauten als Bypässe mit Rampen ermöglichen nun stufenlose Wege durch das ganze Schulhaus.

Durch partizipative Planung waren die Konzepte der Pädagogen von den ersten Vorentwürfen berücksichtigt. Der Austausch und die Kommunikation mit allen Beteiligten von Planung bis in den Baustellenbetrieb hatte für die Architekten oberste Priorität, um die komplexe Aufgabe während laufendem Schulbetrieb bewerkstelligen zu können. Die durchgehende Einbindung des Bauherrn, der Schule und der Eltern ermöglichten den reibungslosen Ablauf. Vorherige Bedenken, ob der Schulbetrieb während der Bauarbeiten sicher und weitgehend lärmfrei ablaufen kann, konnten so bereits immer im Vorfeld gelöst und ausgeräumt werden.

Die Bestandsbauten bedurften tiefgreifender Sanierung. Die innere Bausubstanz hatte aber gute Qualität, zeigte sich offen für die Anpassung an neue Nutzungsanforderungen – ein Guthaben an grauer Energie das Gold wert ist. Durch Umbau und ganzheitliche Sanierung sind auch die Altbaubereiche technisch wie schulpädagogisch auf einem zukunftssicheren Stand. Gewinn für die gewachsene Schulfamilie ist der Erhalt alter Raumstrukturen, da es hier im Bestand beispielsweise komfortable Klassenzimmergrößen gibt, die in Neubauten mit heutigen Richtlinien nicht mehr möglich wären.

Innen liegende Höfe innerhalb der Bestandsgebäude brachten schon früher über Innenfenster Tageslicht ins Gebäude. Der Boden dieser nicht zugänglichen Höfe war früher ein ungepflegter Urwald an Gestrüpp. Mit Glasüberdachungen sind diese Höfe nun in das Gebäude integriert, schaffen zusätzliche lichtdurchflutete Fläche, die für Unterricht, Pausen und vieles mehr genutzt werden kann. Nach außen setzen die Oberlichter als goldene Hauben Akzente auf das Gebäudeensemble.

Als Markenzeichen für die neue Identität der Schule steht die individuelle markante Fassade. Ein Kleid, das sich über alle Bauteile zieht, Alt- und Neubauten zu einem harmonischen Ensemble zusammenfügt. Was saniert ist, was neu gebaut lässt sich als Betrachter nicht erkennen.

Die eigens für das Projekt gestaltete senkrechte Profilierung nimmt dem weitläufigen Ensemble des Schulareals auch optisch die Länge, verleiht den Außenwänden eine dreidimensionale Struktur.

Die einzelnen Elemente der Hülle mit keramischen Ziegeltafeln als vorgehängte, hinterlüftete Fassade, sind problemlos reversibel. Die glasierte Oberfläche in Erdtönen bettet die Schulbauten stimmig in die Landschaft ein und zeigt sich im wechselnden Tageslicht in verschiedenen Farbstimmungen. Die Farbe ist harmonische Leinwand für die Fensterprofile in glänzendem Goldton.

Die wichtigen Themen des Projekts, Regionalität und Nachhaltigkeit, stecken auch in diesem Baustoff. Material und Hersteller dieses Naturprodukts stammen aus dem benachbarten Niederbayern. Die Verkleidung ist nicht brennbar, robust sowie wartungsfrei und besticht neben ihrer markanten Optik, auch durch eine vorbildliche Ökobilanz sowie beste bauphysikalische Eigenschaften. Ohne Zusatzstoffe und schadstofffrei lassen sich die Tafeln dann auch später zu 100 Prozent recyceln. Etwa im Fall einer Demontage oder eines Rückbaus kann die Fassade gebrochen und zum Beispiel als Auffüllmaterial wiederverwendet werden.

Um neueste pädagogische Konzepte adäquat umsetzen zu können, wurden die 24 Klassenräume für Grund- und Mittelschule in den Kopfbauten um zentrale Marktplätze organisiert: großzügige, offene Aufenthaltsbereiche mit Sitzgelegenheiten und Küchenzeile. Blickfenster verbinden die Klassenräume mit dem inneren Platz, erlauben beispielsweise die Arbeit in kleinen Gruppen, ohne die Aufsicht zu vernachlässigen. Hinzu kommen Differenzierungs- und Werkräume, Hauswirtschaftsräume, ein IT/PC-Bereich, Mensa, Speisesaal, ein 300 Quadratmeter großer Mehrzweckraum, durch mobile Trennwände unterteilbar, Räume für den Ganztagesbereich, für Verwaltung und Lehrerkollegium.

Alle Unterrichtsräume sind mit digitalen Tafeln und zusätzlichen klappbaren Whiteboards bestückt. Die zukunftsweisende Inneneinrichtung ist auf die aktuellen Herausforderungen des Schulbetriebs angepasst und ermöglicht die flexible Umsetzung moderner Lernkonzepte.

Der gesamte Innenausbau wurde individuell mit schreinermäßigen Lösungen umgesetzt. Gemäß dem Motto „Architektur + Innenarchitektur aus einem Guss“ hatten sich Berschneider + Berschneider intensiv mit den pädagogischen Konzepten und dessen Anforderungen gemeinsam mit den Lehrkräften auseinandergesetzt. So findet jeder Schüler nun zum Beispiel mit seinem Index in allen Bereichen seine persönliche Ablage, seine Garderobe oder sein Schulranzenfach.

Unterricht findet auch vor dem Haus statt und das nicht nur auf dem Sportplatz. Attraktive, neu gestaltete Freiflächen mit viel Grün und entsprechenden Inseln erlauben den Unterricht im Freien: Obstbäume liefern den Pausenapfel, ein Bienenhaus lässt Insekten und Honigherstellung direkt vermitteln und erleben. Dies sind nur ein paar der vielfältigen Optionen für das Schulleben im Freien.

Als stimmiges Gesamtensemble aus Alt und Neu präsentiert sich die gewachsene Martini-Schule als einladender Campus für die gesamte Schulfamilie, eingebunden im Ortsleben inmitten der Stadt Freystadt. (BSZ)
 

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