Das Finanzamt Nürnberg-Nord im Stadtteil Johannis ist in zwei Gebäuden auf dem früheren Werksgelände der Firma Staedtler untergebracht. Eines davon, der Gebäudeteil am Kirchenweg, diente ursprünglich als Verwaltungsgebäude des bekannten Büromaterialherstellers.
Eine energetische Sanierung der Fassaden und der Dachflächen dieses Trakts war dringend geboten, da die Hüllflächen nach über 40 Jahren das Ende ihrer Lebensdauer erreicht hatten; dies zeigte sich bereits seit Längerem an sommerlicher Überhitzung und irreparablen Undichtigkeiten. Zudem sollten ein barrierefreier Zugang und ein wettergeschützter Wartebereich vor dem Haupteingang für die Besucher realisiert werden.
Gleichzeitig zeigten sich Mängel beim baulichen Brandschutz, die im Zuge der Sanierung, allerdings als

gesonderte Maßnahme, behoben werden sollten. Im Zuge dieser beiden Maßnahmen wurden auch sämtliche Bodenbeläge im Gebäude Kirchenweg im Bauunterhalt erneuert. Der Gebäudeteil in der Rückertstraße aus den 1990er Jahren ist direkt mit dem Bauteil am Kirchenweg verbunden, war jedoch nicht Teil dieser Maßnahmen.
Unter der Leitung des Staatlichen Bauamts Nürnberg wurde das Architekturbüro Büro Bär Stadelmann Stöcker aus Nürnberg mit der Planung und Bauüberwachung beauftragt, das aus einem Auswahlverfahren in Anlehnung an die VOF als erstplatziertes Büro hervorgegangen war.
Im Rahmen der energetischen Sanierung wurden die vorhandenen Aluminium- und Naturstein-Fassadenverkleidungen abgebrochen, ebenso der Dachaufbau. Dach und Fassaden erhielten eine neue Wärmedämmung, um eine 30-prozentige Unterschreitung der Anforderungen nach EnEV 2009 zu erzielen, wie im Ministerrats-Beschluss „Künftiger Energiestandard für staatliche Gebäude“ gefordert.
Die Fassaden erhielten eine hinterlüftete Verkleidung aus dünnen, glasfaserverstärkten Betontafeln in einem hellen Weißton. Die ursprünglich für klimatisierte Großraumbüros der Firma Staedtler konzipierten Fensterflächen wurden verkleinert, um den Wärmeeintrag im Sommer zu reduzieren. Aus der ursprünglichen dunklen „Bandfassade“ in der Sprache der 1960er Jahre, wurde, der umgebenden Bebauung entsprechend, eine Lochfassade. Die tief in der Laibung sitzenden Fenster verleihen dem Baukörper nun eine besonders plastische Wirkung.
Rollstuhlgerechte Rampe
Die steile Zugangstreppe am Haupteingang wurde abgebrochen und durch eine neue Treppenanlage mit rollstuhlgerechter Rampe ersetzt. Der bisherige Umweg für mobilitätseingeschränkte Besucher über den ebenerdigen Nebeneingang in der Rückertstraße konnte somit entfallen.
Mit dem Fernwärmeanschluss war bereits ein umweltfreundlicher Energieträger für die Heizung

vorhanden, es wurden nur die Pumpen und Heizkörper erneuert und ein hydraulischer Abgleich vorgenommen. Durch die verbesserte Wärmedämmung konnten die neuen Heizkörper entsprechend kleiner ausfallen. Die Lüftungsanlage wurde erneuert und mit einer energiesparenden Wärmerückgewinnung ausgestattet. Die Luftmengen wurden auf das erforderliche Maß reduziert, was ebenfalls zur Energieeinsparung beiträgt.
Die Gebäudeautomation wurde ebenfalls auf den neuesten Stand gebracht. Verbrauchswerte können künftig im Rahmen des Pilotprojekts „Zentrale Betriebsüberwachung“ der Regierung von Mittelfranken zentral ausgelesen und für die Optimierungen im Betrieb genutzt werden. Die Finanzämter Fürth und Hersbruck sind weitere Mitglieder dieses Pilotprojekts. Auf dem Flachdach wurde zudem eine Photovoltaikanlage installiert, die dem Finanzamt zum Eigenverbrauch dient.
Obwohl grundsätzlich genehmigungsfrei, wurde die Planung aus Gründen der Bedeutung für die öffentliche Wahrnehmung des Finanzamts im Einvernehmen mit der Bauordnungsbehörde dem Baukunstbeirat der Stadt Nürnberg vorgelegt. Aufgrund der Nähe zum Ensembledenkmal an der Rückertstraße wurde im Anschluss daran eine Erlaubnis nach dem Bayerischen Denkmalschutzgesetz eingeholt.

Um einerseits den Betrieb so wenig wie möglich zu stören und andererseits Anmietungskosten zu reduzieren, wurde die Maßnahme in zwei Bauabschnitten durchgeführt. Jeweils eine Hälfte des Gebäudes wurde im Vorfeld einer Teilbaumaßnahme freigezogen. Die Büros und das Servicezentrum wurden dazu in eine Anmietung in der Muggenhofer Straße ausgelagert, in direkter Nachbarschaft zum ehemaligen AEG-Gelände. Eine besondere Schwierigkeit dieser Maßnahme waren zwei Insolvenzen im Bereich Fassadenbau, die den Fertigstellungstermin erheblich verzögerten. Die hieraus entstandenen Mehrkosten konnten jedoch noch im genehmigten Rahmen von 4,25 Millionen Euro bestritten werden. Die Umbauarbeiten mussten allerdings zeitweise bei laufendem Betrieb durchgeführt werden.
Im Zuge der energetischen Sanierung wurden auch die Brandschutzmängel behoben. Hierzu wurden verglaste Abtrennungen im Treppenhaus eingebaut, um die Rettungswege sicherzustellen; zudem wurde eine flächendeckende Brandmeldeanlage installiert. Der Eingangsbereich wurde ebenfalls neu gestaltet und brandschutztechnisch als Erweiterung des Treppenraums von Brandlasten bereinigt.
Durch die baulichen Maßnahmen an Fassade und Dach können pro Heizperiode rund 244 500 kWh (Kilowattstunden) Heizenergie eingespart werden. Die Maßnahmen an der Heizungs- und der Lüftungsanlage ermöglichen Einsparungen von weiteren rund 126 200 kWh (Strom und Fernwärme). Gemeinsam mit der Photovoltaikanlage ergibt sich damit eine rechnerische Einsparung von etwa 101 Tonnen CO2 /Jahr.
Die Reduzierung des sommerlichen Wärmeeintrags bringt eine deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten mit sich, was sich im Sommer 2015 bereits positiv bemerkbar gemacht hat. (
Horst Dehnicke)
(Rund 4,25 Millionen Euro wurden in die Sanierung investiert; Fassadenausschnitt - Fotos: Oliver Heinl, Nürnberg)
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