Bauen

Bei einem der vier Brückenbauwerke handelt es sich um eine 50 Meter lange Faunabrücke für den Naturschutz. (Foto: Peter Wurm)

21.09.2023

Faunabrücke für den Naturschutz

Ausbau der Bundesstraße 299 im Bereich des Hessenreuther Waldes

Die Bundesstraße 299 ist eine wichtige Verbindungsstrecke zwischen den Landkreisen Tirschenreuth und Neustadt an der Waldnaab. Sie führt durch das Landschaftsschutzgebiet Hessenreuther Wald. Doch wer konnte, mied diesen Streckenabschnitt. Die alte und historisch bedeutende Bundesstraße wurde von Einheimischen auch gerne Bundesfeldweg genannt. Und dennoch war der Neubau der Strecke und die damit verbundenen Eingriffe in den Hessenreuther Wald lange Zeit umstritten. Am 1. September 2023 konnte der moderne Streckenabschnitt durch Finanzminister Albert Füracker (CSU) für den Verkehr freigegeben werden. 

Die Goldene Straße war seit dem 13. Jahrhundert der wichtigste Handelsweg zwischen Nürnberg und Prag. Mit dem schnellen Aufstieg Nürnbergs verlagerte sich ein Großteil des Verkehrs durch die nördliche Oberpfalz. Hier wurden vor allem Waffen, Tuche und Gebrauchsgüter in das weltliche und geistige Zentrum Prag transportiert. Anders als die linearen Verkehrsverbindungen heute, bestanden die früheren Handelsruten aus vielfältigen Wegesystemen. Der rege Handelsverkehr machte es nötig, Zugtiere sowie auch die Fuhrleute zu versorgen. Bereits zu dieser Zeit muss es für die Fuhrleute eine besondere Herausforderung gewesen sein, den Hessenreuther Berg mit einer Höhe von 695 Metern zu überqueren. Um die Lasten über die Steigungen zu transportieren wurden am Fuße des Berges Zugtiere zugespannt und am Gipfel wieder abgespannt. Daraus entwickelte sich im Laufe der Zeit ein eigenes Geschäftsmodell. Fritz Erlbeck und seine Brüder bilden bereits um 1497 die Hofmark Abspann. An diesem Ort konnten die Fuhrleute die geliehenen Zugtiere wieder ausschirren. 

Zu wenig breit
und viel zu steil

Der Hessenreuther Berg war nicht nur für die früheren Fuhrleute eine Herausforderung. Auch als Bundesstraße wies er nur eine Breite von 5 Metern aus. Dazu kamen extrem steile Anstiege von bis zu 18 Prozent und enge Kurven. Die Unfallstatistiken zeigen, dass dieser Streckenabschnitt nicht nur im Winter ein besonderes Risiko barg. Die Unfallrate lag mit einem Faktor von 4,8 über dem bayerischen Durchschnitt. Bei Glatteis und Schneeverwehungen musste der Streckenabschnitt häufig komplett gesperrt werden. Denn stand erst einmal ein Lkw quer, war es nur schwer möglich, diesen wieder zu befreien. Für die Anwohner*innen hieß es dann, die Strecke großräumig zu umfahren.

Dass die Bundesstraße 299 in diesem Streckenabschnitt dringend ausgebaut werden musste, war lange Zeit klar. Und dennoch haben die Planungen über 40 Jahre angedauert. Die Strecke führt durch ein einzigartiges Naturschutzgebiet. Der Laub- und Mischwald bieten unzähligen Tieren eine Heimat, welche selbstverständlich von den Naturschutzverbänden geschützt werden wollten. Immer wieder musste die Baumaßnahme zurückgestellt werden, unzählige Varianten wurden seitens des Staatlichen Bauamts Amberg-Sulzbach erstellt. Am Ende einigten sich alle Beteiligten auf eine moderne, verkehrssichere Lösung. Gleichzeitig wurde dem Schutz des Waldes eine hohe Priorität beigemessen und die Planungen zugunsten des Naturschutzes optimiert. So konnte die Baumaßnahme schließlich ohne gerichtliche Auseinandersetzung umgesetzt werden.

Im August 2018 konnten die Arbeiten an der Maßnahme beginnen. Auf einer Strecke von 4,7 Kilometern und einer Fahrbahnbreite von 7,50 Metern wird der Verkehr nun mit einer maximalen Steigung von 9 Prozent über den Hessenreuther Berg geleitet. Um die Silhouette des Berges nicht zu verändern, wurde die Einschnitttiefe der neuen Straße auf maximal 10 Meter limitiert.

Dazu kommen vier Brückenbauwerke. Insgesamt wurden 250 000 Kubikmeter Erde bewegt. 170 000 Kubikmeter direkt an der Baustelle, 80 000 Kubikmeter mussten angeliefert werden. Davon konnten 30 000 Kubikmeter aus einer anderen Maßnahme des Staatlichen Bauamts wiederverwendet werden. Die Kosten der Maßnahme belaufen sich auf insgesamt rund 25 Millionen Euro und werden vom Bund getragen. Das Staatliche Bauamt Amberg-Sulzbach ist selbstverständlich bemüht. alle Bauvorhaben möglichst naturverträglich zu gestalten. Da bei dieser Maßnahme in die Natur eingegriffen werden musste, wurden Ausgleichsflächen von knapp 8 Hektar angelegt. 

Bei einer der vier Brückenbauwerke handelt es sich um eine 50 Meter lange Faunabrücke. Diese wird begrünt und soll Wildtieren die Möglichkeit geben, gefahrlos zu wandern. Außerdem führt ein Forstweg für Wanderer und Spaziergänger über die Brücke. Die Faunabrücke schlägt allein mit 5 Millionen Euro zu Buche und ist eine Maßnahme für den Landschafts- und Naturschutz. 600 Tonnen Baustahl und 4000 Kubikmeter Beton wurden an dieser Brücke verbaut. Neben dem reinen Straßenbau und der Faunabrücke gehören zu diesem Projekt auch drei Feldweg- und Bachunterführungen.

Abstrahiert dargestelltes Hufeisen als Kunstwerk

Welche Bedeutung die Fertigstellung der Maßnahme für die Bevölkerung hat, wird immer wieder deutlich. „Es ist, als ob Ostern und Weihnachten zusammenfallen“, berichtet ein Anwohner beim Besuch der Baustelle. Der Reuther freischaffende Künstler Erwin Otte kam im Verlauf der Baumaßnahme auf das Staatliche Bauamt Amberg-Sulzbach zu. „Ich habe immer auf diese beeindruckende Erdbewegung geschaut und mir gedacht: Dieses Jahrhundertwerk muss von einem Kunstwerk gekrönt werden“, so Otte in einem Interview. So konnte Minister Füracker bei der Bauabschlussfeier am 1. September 2023 diese Skulptur enthüllen.

Die Basis des Kunstwerks bildet ein abstrahiert dargestelltes Hufeisen. „Deutlich wahrnehmbar positioniert wird durch den Glücksbringer als Tor-Brücke nicht nur auf die Verbindung der historischen Handelsstraße von Nürnberg nach Prag hingewiesen, sondern symbolisch auch auf den Brückenschlag der angrenzenden Landkreise Tirschenreuth und Neustadt/WN sowie auf die hier entstehende Faunabrücke“, erklärt Otte. Ein goldschimmernder Habichtskauz sitzt oben auf dem Hufeisen. Er spielt auf das Wiederansiedlungsprojekt unter der Federführung des Vereins für Landschaftspflege und Artenschutz in Bayern an.
(Claudia Willer, Gerhard Kederer)
 

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