Der Vorbescheidsantrag bei der Stadt Wasserburg am Inn für die Bebauung des insgesamt rund 3670 Quadratmeter großen Grundstücks an der Münchner Straße im Wasserburger Ortsteil Burgau war bald positiv beschieden. Doch es sollte noch dauern, bis selbiges Grundstück für den Neubau der Polizeiinspektion gekauft wurde.
Mitte 2018 wurde das Büro Krug Grossmann Architekten aus Rosenheim mit der Planung der neuen Polizeiinspektion beauftragt. 2019 wurde die Haushaltsunterlage-Bau baufachlich genehmigt und festgesetzt und die bauaufsichtliche Zustimmung zum Bauvorhaben durch die Regierung von Oberbayern erteilt. Anfang 2020 konnte der erste Bauauftrag für den Abbruch der Bestandsgaragen erteilt werden. Damit war der Grundstein für den Neubau der Polizeiinspektion gelegt.
Direkt im Anschluss begannen die Baumeisterarbeiten mit dem Freimachen des Baugrundstücks und den ersten Erdarbeiten. Der Entwurf entwickelte sich aus den Anforderungen der Nutzung sowie dem städtebaulichen Umfeld. Die neue Polizeiinspektion spiegelt in Ausformung und Materialität ihren Charakter als offene Anlaufstelle für die Bürger*innen wider, steht aber auch für hohe Sicherheit. Das Gebäude präsentiert sich zurückhaltend und unaufdringlich.
Zwei Arrestzellen
und ein großer Besprechungsraum
Das Verwaltungsgebäude mit einer Nutzfläche von rund 700 Quadratmetern bietet mittlerweile 40 Bediensteten einen Arbeitsplatz. Hier sind auf drei Geschosse verteilt – außer den Büroräumen, den Technik- und Lagerräumen – auch zwei Arrestzellen und ein großer Besprechungsraum untergebracht.
Eine Besonderheit bei dem neuen Polizeigebäude in Wasserburg am Inn ist das monolithische Sockelgeschoss aus Leichtbeton mit einer Wandstärke von 57 Zentimeter. Es ist robust, hochwärmedämmend und feuchteregulierend. Außerdem punktet es dank Langlebigkeit und Recyclingfähigkeit unter ökologischen Gesichtspunkten. Gleichzeitig erfüllt es die für Polizeidienststellen geltenden Sicherheitsvorschriften.
Sämtliche Außen- und Innenwandflächen des Erdgeschosses erscheinen in natürlicher, großteils unbehandelter Sichtbeton-Optik. Sie bilden in ihrer ganz eigenen Unregelmäßigkeit gerade im Inneren einen reizvollen Kon-trast zur weitgehend hellen, modernen Ausstattung der Diensträume. Die gegenüber der Grundstücksgrenze zurückgesetzte Einfriedung lässt das Gebäude als Solitar erscheinen.
Die zweigeschossige Baumasse des Hauptgebäudes wird aus einem zweihüftigen Grundriss gebildet, der sich im Norden des Grundstücks an der Münchner Straße konzentriert. Die Länge des straßenseitigen Gebäuderiegels wird durch die leichte Abwinkelung im Eingangsbereich unterbrochen. Der eingerückte Schleusenbereich markiert dabei den Haupteingang und an dem leicht zurückgesetzten Bereich der Wache wird der Besucher zum Eingang geleitet. Der kürzere Gebäuderiegel im Süden lässt im Westen Platz für einen Aufenthaltsbereich im Freien und die außenliegende Fluchttreppe. Um den Eingangsbereich zusätzlich zu betonen, wurden beiderseits des Eingangsbereichs Pflanzbeete angelegt. Rund um die Gebäude wechseln sich Rasenflächen mit pflegeleichten Blumenwiesen ab. Da Freiflachen rund um Polizeidienststellen grundsätzlich übersichtlich zu gestalten sind, wurden die neu geplanten Pflanzflächen mit niedrigwüchsigen Sträuchern, Stauden, Bodendeckern und ausgewählten Laubbäumen angelegt.
Die Baukörper sind in Massivbauweise errichtet worden, ebenso die Geschossdecken und die Decke über dem Obergeschoss. Das Dach ist ein leicht geneigtes Flachdach mit Aluminium-Stehfalz-Deckung. Durch die geplante Bauweise kann optimal einer sommerlichen Aufheizung entgegengewirkt werden.
Das dem Verwaltungsgebäude gegenüberliegende Nebengebäude wurde für sieben Dienstfahrzeuge, einen Kfz-Pflegeraum, eine Werkstatt und die Ersatzstromversorgung ausgelegt. Das Gebäude ist entlang der südlichen Grundstücksgrenze orientiert und ordnet sich gegenüber dem Hauptgebäude unter. Das Gebäude staffelt sich in zwei unterschiedlichen Höhen, wobei der höhere Pflegeraum die Garagen von den beheizten Nebenräumen trennt und zugleich die Fassade gliedert. Die beheizten Teile des Nebengebäudes wurden in Ziegelbauweise erstellt, die unbeheizten Garagen als Beton-Fertiggaragen.
Als verbindendes Element fungiert der mit einer rund 2,50 Meter hohen Mauer umschlossene Polizeihof. Dieser ist in zwei Themenbereiche aufgeteilt: einen asphaltierten Bereich für das Befahren mit Fahrzeugen und einen mit Platten belegten Bereich mit Pflanzflächen und schattenspendenden Laubbäumen, der zum Aufenthalt einlädt. Der Polizeihof ist funktional und übersichtlich zwischen den beiden Gebäuden angeordnet und ermöglicht großzügig die Vorbereitung von Einsätzen. Am Bau waren 43 Firmen für 57 Gewerke sowie 14 Fachplaner/Prüfer beteiligt.
Aufgrund der Corona-Pandemie mussten sowohl der geplante Spatenstich als auch das geplante Richtfest abgesagt werden. Die Übergabe an den Nutzer fand im September 2022 statt. Gleich anschließend konnte die Wasserburger Polizei das angemietete Gebäude aus dem Jahr 1913, in dem sie über 45 Jahre in der Wasserburger Innenstadt untergebracht war, verlassen und das neue hochmoderne Dienstgebäude westlich der Altstadt in Betrieb nehmen. Die Einweihung fand danach im Rahmen eines großen Festakts mit Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) statt.
Die gesamte Ostfassade des Gebäudes ziert inzwischen ein großflächiges Kunstwerk, gestaltet von der mehrfach ausgezeichneten Künstlerin Sabine Straub. Damit trägt das Staatliche Bauamt Rosenheim dem in der Verfassung festgeschriebenen Anliegen des Freistaats Rechnung, Wissenschaft und Kunst zu unterstützen und zu fördern.
Bei dem Kunstwerk handelt es sich um die dreidimensionale Topografie der Stadt Wasserburg am Inn. Dieses Kunstwerk, das von der Staatsstraße aus gut zu sehen ist, verleiht dem Gebäude ein zusätzliches, identitätsstiftendes individuelles Profil. (Michael Schuster)
Kommentare (0)
Es sind noch keine Kommentare vorhanden!