Bauen

Das neue Ämtergebäude der Polizei in Passau. (Foto: Matthias Kinateder / Staatliches Bauamt Passau)

18.08.2022

Jetzt alles unter einem Dach

Neubau eines Polizeiämtergebäudes in Passau

Das Staatliche Bauamt Passau hat den Neubau des Polizeidienstgebäudes in Passau fertiggestellt und im Juni 2022 an das Polizeipräsidium Niederbayern zur Nutzung übergeben. Seither haben die fünf Polizeidienststellen, für die das Gebäude errichtet wurde, den Neubau bezogen und schrittweise in Betrieb genommen. Am 28. Juli 2022 wurde der Polizeineubau offiziell eröffnet. Mit Gesamtbaukosten von 79 Millionen Euro wurde ein Polizeigebäude errichtet, das auf rund 26 000 Quadratmetern Platz für die notwendigen Diensträume sowie darüber hinaus für das polizeiliche Einsatztraining, eine Raumschießanlage, Werkstatträume, eine Tiefgarage für die Dienstfahrzeuge, ein Parkdeck für Bedienstete und – in Niederbayern einzigartig – sogar eine Polizeikantine bietet.

Ausgangspunkt für den Bau des Ämtergebäudes war der marode Zustand der bisherigen Polizeizentrale an der Nibelungenstraße. Der Betonbau aus den 1970er-Jahren hätte aufwendig und teuer generalsaniert werden müssen. Zudem herrschte akuter Platzmangel, sechs Abteilungen waren bereits ausgelagert. Die Aufteilung auf verschiedene Standorte beeinträchtigte den Dienstbetrieb und erforderte hohe jährliche Mietkosten. So entschied das bayerische Innenministerium im Jahr 2008, ein großes Dienstgebäude für alle Polizeieinheiten der Stadt Passau zu errichten. Das geeignete Grundstück an der Karlsbader Straße, ein ehemaliges Bundeswehrgrundstück, befand sich bereits im Staatseigentum und wurde zum Teil von der Polizeiinspektion Fahndung (PIF) genutzt.

Der Gebäudeentwurf ist das Ergebnis eines im Jahr 2010 europaweit ausgelobten Planungswettbewerbs, aus dem das Stuttgarter Büro wulf architekten, Stuttgart, Berlin, Basel als Sieger hervorging. Sie entwickelten das städtebaulich, funktional und gestalterisch überzeugende Konzept einer Hofanlage, um das umfangreiche und komplexe Raumprogramm zu gliedern. Diese beinhaltet neben den Diensträumen für fünf Polizeidienststellen (Polizeiinspektion, Grenzpolizeiinspektion (ehemals PIF), Kriminalpolizei mit neu hinzugekommener Abteilung Cybercrime, Zentraler Ergänzungsdienst, Technischer Ergänzungsdienst auch die zentralen Räume für den Polizeibetrieb.

Eine Besonderheit stellt die Integration der Räume für das Einsatztraining mit der Raumschießanlage, einer FX-Trainingshalle (Farbschießhalle), einem Übungstreppenhaus und einem Mattenraum in dem zu errichtenden Baukörper dar. Des Weiteren waren im Raumprogramm eine Kantine für die Ausgabe von 250 Essen in zwei Schichten sowie 310 Stellplätze für Dienst-, Einsatz- und Besucherfahrzeuge vorzusehen.

Im März 2015 befürwortete der Haushaltsausschuss des Landtags den Bau mit Gesamtkosten von damals knapp 50 Millionen Euro. Mitte 2016 erfolgten die ersten Vergaben für die Herstellung der Baugrube – und eine Umplanung. Zunächst war vorgesehen, den Neubau in zwei zeitlich aufeinanderfolgende Bauabschnitte zu unterteilen. Ein Teil des Neubaus sollte bezugsfertig gemacht werden, in den als erstes die damals benachbarte Polizeiinspektion Fahndung einziehen sollte. Aus betrieblichen Gründen entschied die Polizei aber im April 2016, die PIF in ein Übergangsquartier auszulagern, damit beide Bauabschnitte zeitgleich gebaut werden konnten.

Spatenstich für die Maßnahme war am 18. November 2016. Zunächst erfolgten aufwendige Baugrubenverbau- und Aushubarbeiten zur Vorbereitung der 7200 Quadratmeter großen und bis zu 14 Meter tiefen Baugrube. Eine Stützwand aus Bohrpfählen wurde errichtet, um das Eindringen von Schichtenwasser in die Baugrube sowie das Bauwerk zu verhindern und den Bau der 120 Meter langen und bis zu 14 Meter hohen Mauer, die das Terrain zum benachbarten Friedhof abgrenzt, zu ermöglichen. Auch zur Karlsbader Straße hin wurde eine Stützwand im sogenannten Berliner Verbau errichtet, der das Nachrutschen von Erdreich in die Baugrube verhindert.

Weil im Baugrund sogenannte Sandlinsen festgestellt wurden, durch die Schichtenwasser bis unter die Sohlen des Untergeschosses eindringen könnte, musste zusätzlich eine Flächendrainage unter der Bodenplatte des Gebäudes eingebaut werden.

Im Sommer und Herbst 2017 erfolgte der Abbruch des Werkstatt- und Bürogebäudes der Polizeiinspektion Fahndung, um mit dem Bau des Nebengebäudes für Parkdeck und Kantine beginnen zu können. Zudem war eine weitere Umplanung erforderlich, um die neu gegründete Abteilung der Kriminalpolizei zur Bekämpfung der Cyber-Kriminalität unterzubringen. Die umfangreichen Rohbauarbeiten an den bis zu fünf Geschosse hohen Bauteilen des Haupt- und Nebengebäudes mit Tiefgaragengeschoss nahmen viel Zeit in Anspruch, erst 2020 konnte mit den Ausbauarbeiten begonnen werden.

Rund 900 Fenster mit Dreifach-Isolierverglasung und hohem Wärmeschutz sowie teilweise in durchschusshemmender Ausführung sind in den Fassaden verbaut, konstruiert als Aluminiumfenster im sogenannten Blocksystem. Dabei liegen die Öffnungsflügel vollständig in der Fensterrahmenebene und garantieren damit einen maximal möglichen Glasanteil und Lichteinfall. Coronabedingte Lieferschwierigkeiten sorgten hier wie beim Fassadenbau für unvorhergesehene Verzögerungen.
3000 Quadratmeter Dachabdichtungen wurden über dem Hauptgebäude und der Kantine aufgebracht. Mit Ausnahme der Flächen für die Photovoltaikanlagen und Technikaufbauten wurden alle Dächer extensiv begrünt. Die Dachbegrünung schützt die darunterliegenden Dachschichten und trägt dazu bei, Wärmeverluste über das Dach zu reduzieren. Gleichzeitig kann sie eine große Menge an Regenwasser aufnehmen und entlastet dadurch das Entwässerungssystem und die Kanalisation.

Besondere Herausforderungen bei Planung und Bau brachten die aufwendigen zusätzlichen Gründungsarbeiten, aber auch Planungsänderungen im Zusammenhang mit Anpassungen an Bau und Ausstattung, die die Polizei hinsichtlich Einsatztraining und Ausrüstung organisatorisch benötigt, mit sich. So musste die neu gegründete Abteilung der Kriminalpolizei zur Bekämpfung von Cyber-Kriminalität integriert werden.

Mit der Beschaffung neuer Waffen für die Polizei ging eine Änderung an der Raumschießanlage einher: In dem 25 mal acht Meter großen Raum können bis zu drei Schützen nebeneinander trainieren. Weil die neuen Waffen der Polizei lauter sind als die früheren, mussten die Planungen für Schallschutz und Schusssicherheit angepasst werden. Da sich über der Schießanlage die Wache befindet, wurden zur Lärmdämmung drei abgehängte Decken mit dazwischenliegender Dämmung sowie eine zusätzliche „schwimmende“ Bodenplatte eingebaut.

Diese Änderungen und Ereignisse erforderten eine intensive Zusammenarbeit zwischen dem Staatlichen Bauamt und der Polizei. Die 2019 durch das Polizeipräsidium Niederbayern eingesetzte Projektgruppe Neubau Ämtergebäude Passau sorgte seitens der Polizei für die notwendige Abstimmung und Koordination auf kurzem Weg und mit zügigen Entscheidungen.

Mit einer Höhenstaffelung der Gebäudeteile und einer klaren horizontalen Fassadenstruktur fügt sich der große Neubaukomplex zurückhaltend in die natürliche Topografie des Baugrundstücks an der Karlsbader Straße ein. Eine hochwirksame Wärmedämmung der Außenbauteile und eine intelligente Steuerung von Heizung, Kühlung und Sonnenschutz sorgen in Verbindung mit einem gasbetriebenen Blockheizkraftwerk sowie der konsequenten Nutzung von Abwärme mittels Absorptions-Kältemaschine und hocheffizienter Wärmerückgewinnung in der Raumlufttechnik für einen verringerten Energiebedarf. Das energetische Konzept wird durch eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des neuen Dienstgebäudes vervollständigt. Mit diesen Maßnahmen lässt sich die CO2-Belastung gegenüber der herkömmlichen Bauweise um jährlich rund 150 Tonnen CO2 reduzieren. Das neue Gebäude ist selbstverständlich barrierefrei erschlossen. (Sabine Süß)
 

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