Bauen

Der Neubau hat eine Stahlblechfassade mit verglastem Zugang. (Foto: Bayerische Schlösserverwaltung, Veronika Freudling)

28.11.2024

Klare und moderne Formensprache

Generalinstandsetzung der Willibaldsburg in Eichstätt

Die Willibaldsburg erhebt sich westlich der Altstadt von Eichstätt über dem Altmühltal auf einem lang gezogenen Bergsporn, dem Willibaldsberg. Ihre besondere Anziehungskraft entsteht durch ihre exponierte Lage mit vielfältigen freien Ausblicken in die umgebende Landschaft und ihrem ausgeprägten „Burgcharakter“. Erstmals im Jahr 1037 erwähnt, begann 1355 der Ausbau zur wehrhaften Residenz der Bischöfe von Eichstätt. Ab 1609 begann der Bau des repräsentativen Renaissanceschlosses nach Plänen des Augsburger Stadtbaumeisters Elias Holl, welche italienischen Vorbildern folgte. Seit 1880 war die Burg im Besitz der Stadt Eichstätt, wurde jedoch 1900 vom Freistaat Bayern erworben und unter Denkmalschutz gestellt. Seit 1962 liegt die Zuständigkeit für die Burganlage bei der Bayerischen Verwaltung der Staatlichen Schlösser, Gärten und Seen (BSV).

Heute thront die Burg in Form eines lang gestreckten Bauensembles über der Stadt Eichstätt und dem Altmühltal. Von der etwa 420 Meter langen Burganlage sind die Umfassungsmauern und Bastionen, das Zeughaus, die Torhalle mit Spitalhof, der Schaumbergbau mit der heutigen Gastronomie und der Gemmingenbau mit seinen beiden verkürzten Türmen erhalten. Der Westflügel des Gemmingenbaus beherbergt das in den 1970er-Jahren durch den Architekten Karljosef Schattner errichtete Juramuseum mit den bekannten Fossilien der Solnhofer Plattenkalke. Im Südflügel befindet sich das Ur- und Frühgeschichtliche Museum des historischen Vereins der Stadt Eichstätt, und im Gemmingenbau ist eine Außenstelle des Staatsarchivs von Oberbayern untergebracht.

Rund 40 Jahre lang gab
es keine größere Sanierung

Nach Osten anschließend, etwa in der Mitte der Gesamtanlage, vor der prägnanten Schildmauer der Kernburg, liegt der Bereich des ehemaligen Schaumbergbaus aus dem 16. Jahrhundert, von dem nach großflächigen Abbrüchen nur noch Reste des nördlichen Flügels und Kellerbereiche erhalten sind. Dort befindet sich heute die Gastronomie der Burg. Auf der Schmiedebastion wurde 1998 der sogenannte Bastionsgarten mit Pflanzen aus dem Hortus Eystettensis angelegt. Räumlichkeiten für Verwaltungs- und Wohnnutzung sowie Betriebsräume für die Unterhaltung der Freianlagen sind in weiteren Bauteilen der Anlage untergebracht.

Seit Übernahme der Liegenschaft 1962 durch die Bayerische Schlösserverwaltung wurden umfangreiche Renovierungs- und Umbauarbeiten in den Jahren 1965 bis 1980 durchgeführt. Die Gebäude erhielten damals die jetzigen Nutzungen und Strukturen. Seit dieser Zeit wurde lediglich die Erhaltung der Bausubstanz durch Bauunterhaltsmaßnahmen sichergestellt. Seit rund 40 Jahren wurden keine größeren Sanierungsmaßnahmen mehr durchgeführt.
Im Zuge der aktuellen Baumaßnahmen wurden die Sanierung der bestehenden „Burgschänke“, der Neubau von Kasse und Museumsladen, die Erneuerung der gesamten technischen Erschließungen, die notwendige Ertüchtigung des baulichen Brandschutzes im Gemmingenbau und die Erneuerung der zentralen WC-Anlagen durchgeführt. Damit einher ging eine Gesamtsanierung der Außenanlagen mit barrierefreier Erschließung.

Die „Burgschänke“ im Schaumbergbau war in die Jahre gekommen und musste grundlegend saniert und neu strukturiert werden. Die Küche und der Ausschank wurden optimiert und funktional sowie technisch notwendige Räume konnten durch Ausbau des Kellers und des neuen Daches neu untergebracht werden. Ein großer Saal im Obergeschoss bot zwar in der Vergangenheit theoretisch Platz für größere Feierlichkeiten, hatte aber nur kleine Fenster und dadurch wenig Belichtung. Durch das Anheben des Daches konnten größere Fenster nach Süden eingebaut und die Räumlichkeiten technisch und akustisch auf den neuesten Stand gebracht und die gesamte Unterseite des Daches mit akustischen Holzpaneelen verkleidet werden.

Trotz der umfangreichen Modernisierungen, bei der einige statische Ertüchtigungen notwendig waren, viele Leitungen neu verlegt wurden und ein Aufzug eingebaut wurde, war der Erhalt der denkmalgeschützten Bausubstanz oberstes Ziel. Dies zeigt sich sowohl im Gastraum mit seinem sanierten Deckengewölbe, als auch im Umgang mit den Fassaden.

Die Fassade des Schaumbergbaus wies bei näherer Untersuchung deutlich stärkere Schäden auf als zunächst angenommen. Aus denkmalpflegerischer Sicht wurde entschieden, die Fassadengestaltung in ihre ursprüngliche Form zurückzuführen. Die abgewitterte und somit mittlerweile steinsichtige Fassade wurde denkmalgerecht und in alter Technik verputzt, was den Erhalt der historischen Mauern langfristig begünstigt. Die Fernwirkung zeigt nun auch wieder die Größe der gesamten Burganlage.

Einer der wesentlichen Gründe für diese Gesamtsanierungen war, den Eingang zu den Museen durch den Neubau eines Kassengebäudes mit Ausschank attraktiver zu gestalten. Der Neubau ist als eingeschossiges Gebäude konzipiert, welches im rechten Winkel zum Schaumbergbau steht und diesen sowohl optisch als auch funktional vom Schildmauerhof trennt. Damit wird die historische Trennung der beiden Burghöfe der Vorburg an der Stelle eines abgebrochenen Schlossflügels und des verlorenen Löwentors wieder sichtbar.

Stahlblechfassade mit verglastem Zugangsbereich

Der moderne Baukörper ist in einer klaren, modernen Formensprache gehalten. Die Fassade besteht aus einer Stahlblechfassade mit verglastem Zugangs- und im Shopbereich eine große Verglasung. Neben der Museumsnutzung (neben Kassengebäude auch Einbau eines zentralen Schalt- und Informationssystems für den Museumsbetrieb) wurde noch ein separater, von außen zugänglicher Ausschankbereich für den Biergarten integriert.

Da die technischen Versorgungsleitungen in die Jahre gekommen waren und nicht mehr den heutigen technischen Regeln und Anforderungen entsprachen, wurden sämtliche Versorgungsanschlüsse wie Heizungs-, Wasser- und Stromleitungen erneuert. Ein neues Trafogebäude wurde ebenfalls errichtet.

Auch die Außenanlagen wurden umfassend saniert. Die historischen Strukturen wie Hauptburg und Vorbereiche sollten wieder erkennbar sein und so wurde die Idee, den ehemaligen Graben wieder sichtbar zu machen, aufgegriffen. Durch Geländeabtrag wurde der im 16. Jahrhundert angelegte Graben teilweise wiederhergestellt, eine moderne Sichtbetonbrücke anstelle einer in Resten noch sichtbaren Torbrücke überbrückt diesen.

Archäologische Grabungen, die während der Bauzeit von rund fünf Jahren kontinuierlich durchgeführt wurden, brachten interessante historische Details zutage: Alte Grundmauern kamen zum Vorschein und als eine der Hauptattraktion gleich zu Beginn der Baumaßnahme der Brückenkeller für das Gegengewicht der Zugbrücke und die Fundamente der alten Torbrücke. Diese können heute unter der neuen Brücke bestaunt werden. Vorab durchgeführte Schürfe führten zu der Erkenntnis, dass die historische Burggrabenmauer weitestgehend noch vorhanden ist. Auch diese wurde in Anlehnung an frühere Techniken saniert und sichtbar gemacht, wie auch weitere historische Mauerteile.

Die Willibaldsburg dient zudem als bedeutendes Fledermausquartier, für das in der Artenschutzkartierung des Bayerischen Landesamts für Umwelt seit 1864 Daten dokumentiert sind. Hierzu erfolgten im Winterhalbjahr 2018/19 Erhebungen zum Bestand überwinternder Fledermäuse in den unterschiedlichen Teilen der Willibaldsburg. Um die Population zu schützen, wurden im Winter 2018/19 Bestandserhebungen durchgeführt und bestimmte Populationsteile vorübergehend in andere Kellerbereiche umgesiedelt.

Eine besondere Herausforderung bestand in der Koordination der zahlreichen und teilweise gleichzeitig laufenden Baumaßnahmen. Jede der sechs Maßnahmen war eine eigene Maßnahme im Millionenbereich. Erschwerend hinzu kamen die sich wegen unvorhersehbarer Befunde laufend ändernden Bauabläufe im beengten Burgareal.

Die Museen im Gemmingenbau wurden für die Besucherinnen und Besucher stets zugänglich gehalten, was seine eigenen Herausforderungen mit sich brachte. Neben den größeren und kleineren Herausforderungen kam während der Baustelle auch viel Neues zutage: Umfangreiche archäologische Grabungen lieferten neue Erkenntnisse zur Burggeschichte, oder belegten bisherige Vermutungen, die sich bis dato nur auf historischen Dokumenten zeigten.

Die vom Staatlichen Bauamt Ingolstadt geleiteten Maßnahmen wurden unter Planungsbeteiligung freiberuflicher Architekten, Ingenieure und Restauratoren abschnittsweise ab 2019 umgesetzt und konnten nun abgeschlossen werden. Die bau- und denkmalfachliche Begleitung der gesamten Arbeiten erfolgte durch die Bayerische Schlösserverwaltung. Der Zugang zu den Museen erfolgt nun über das neue Kassengebäude. Biergarten und Gaststätte laden die Besucherinnen und Besucher zum Verweilen ein. (Christa Röthle)

 

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