Bauen

Oliver Fischer, Vorstandsmitglied der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau. (Foto: Eckert/Heddergott)

27.03.2015

"Königsdisziplin"

Ingenieurekammer-Bau-Kolumne über Tunnelbau

Das Planen und Bauen von Tunneln war schon immer eine der faszinierendsten Aufgaben im gesamten Bauingenieurwesen. So begann die Geschichte des Tunnelbaus bereits 3000 v. Chr. Bis heute löst der Tunnelbau Begeisterung aus. Kein Wunder, verbindet er doch Menschen und verkürzt lange Verkehrswege.
Doch bis dahin ist es ein weiter, anspruchsvoller Weg, der die Ingenieure vor viele Herausforderungen stellt. So besteht zwischen dem durchörterten Gebirge, dem Ausbruch des Hohlraums und dem Tunneltragwerk eine enge Beziehung. Im Gegensatz zu den meisten anderen Konstruktionen lassen sich Einwirkungen und Widerstände nicht voneinander trennen und der Vortrieb vollzieht sich in Gebirgsformationen, die ganz unterschiedlich geschichtet oder gefaltet sind.
Zudem wird jede Formation anders durch Verwitterung und Wasserzutritt beeinflusst. Auch weisen die Gebirgseigenschaften meist große Streuungen auf, und Bodenaufschlüsse sind nur punktuell möglich.

Beeindruckende Vortriebsgeschwindigkeit


Gerade in den vergangenen Jahren hat der Tunnelbau einen enormen Innovationsschub erfahren, beispielsweise in der Entwicklung von hochtechnisierten maschinellen Baumethoden, von leistungsfähigen Komponenten und Materialien oder auch in den Möglichkeiten einer wirklichkeitsnahen Berechnung bis hin zur dreidimensionalen numerischen Simulation der Bauvorgänge.
Gleichzeitig werden Tunnel mit immer beeindruckenderer Vortriebsgeschwindigkeit bei unterschiedlichsten Baugrundverhältnissen aufgefahren – sei es innerstädtisch, bei großen Alpentransversalen oder auch beim Bau von Absenktunneln in schwierigsten Randbedingungen. Die Vorlaufzeiten bis zum Beginn der Bauausführung werden jedoch kürzer. Zudem steigen fast überproportional zur Baugeschwindigkeit die Anforderungen an die planenden Ingenieure.
So nehmen technischer Anspruch und die Komplexität der Aufgaben stetig zu. Neben der Entwicklung von Vortriebs-, Sicherungs- und Ausbaukonzepten, abgestimmt auf unterschiedlichste geologische Randbedingungen (zum Beispiel Störungszonen, druckhaftes oder quellfähiges Gebirge, Karste), sind umfangreiche Schnittstellen und gegenseitige Abhängigkeiten zu berücksichtigen.

Hochkomplexe Zusammenhänge


Die Planung wird auch interdisziplinärer. So müssen unter anderem die Tragwerksplanung, die Maschinentechnik, die Bauabläufe, die Arbeitssicherheit, die Betontechnologie, die Logistik sowie die technische Ausrüstung aufeinander abgestimmt werden. Gerade bei den immer häufiger eingesetzten maschinellen Vortrieben sind im Vorfeld – meist ohne spätere Korrekturmöglichkeit – vielfältige Entscheidungen zu treffen und technische Lösungen bis ins Detail vorauszuplanen (zum Beispiel Vortriebsmaschine, Tübbingfertigteile einschließlich Produktionsanlage und Interaktion mit dem Vortrieb, konstruktive Lösungen für das Auffahren von Querschlägen oder das Durchörtern von Störungszonen, vorauseilende Sicherung, Abdichtung) und es ergeben sich sehr hohe Anforderungen an die Dauerhaftigkeit.
So wird im Tunnelbau meist für eine Lebensdauer von mindestens 100 Jahren geplant. Es wird daher in Zukunft noch wichtiger werden, dass es in ausreichender Zahl gut ausgebildete und erfahrene Ingenieure gibt, die neben der unerlässlichen technischen Kompetenz auch in der Lage sind, die hochkomplexen Zusammenhänge und Schnittstellen bereits in der Planung zusammenhängend zu erfassen und einer optimierten Gesamtlösung zuzuführen. So stellt der moderne Tunnelbau ganz besondere interdisziplinäre Herausforderungen an die planenden Ingenieure. Gerade hier ist es wichtig, auch junge qualifizierte Menschen frühzeitig für den Tunnelbau zu begeistern. Sie müssen in der akademischen Ausbildung an das interdisziplinäre ganzheitliche Denken herangeführt werden. Zudem ist es nötig, ihnen in den Kernbereichen des Tunnelbaus wie der Geologie, der Geotechnik sowie dem Massivbau und deren Schnittstellen breite und fundierte Kenntnisse zu vermitteln. (Oliver Fischer; der Autor ist Vorstandsmitglied der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau)

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