Bauen

Solaranlage auf einem Dach. (Foto: Bilderbox)

16.03.2012

Landtag lehnt Öko-Petition ab

Energiewende: Studentische Initiative wollte Solaranlage auf dem Dach des Erlanger Juridicums installieren

Bayern hat innerhalb Deutschlands klimatisch optimale Bedingungen für die Errichtung von Photovoltaikanlagen. Nach den Plänen der Staatsregierung zur Energiewende soll der Anteil von Solarstrom zum bayerischen Stromverbrauch von sechs Prozent bis 2022 auf 16 Prozent gesteigert werden. Staatliche Bauten bieten sich für die Nutzung ihrer Dachflächen an und der Staat hat durch Überlassung an interessierte Investoren die Möglichkeit, die Energiewende zu unterstützen.
Diese Argumente hatten eine Gruppe von Studenten der Universität Erlangen-Nürnberg bewegt, gemeinsam eine Solaranlage an ihrer Hochschule zu errichten und mit Kleindarlehen ab 250 Euro ihre Kommilitonen an der Finanzierung zu beteiligen. Nach Voruntersuchungen fragten die Studenten Ende 2008 bei ihrer Universität an, um das Dach des Juridicums in Erlangen für ihr Projekt zu nutzen.
Unter Verweis auf Vorgaben des Landtags wurden sie an die staatliche Immobilien Freistaat Bayern (IMBY) verwiesen, die eine Ausschreibung auf ihrer Homepage veröffentlichte. Nach Eingang von weiteren Mietangeboten kam die studentische Initiative allerdings nicht zum Zug. Der erfolgreiche Bewerber, der ohne Bezug zur Universität ausgewählt wurde, stellte sich als unzuverlässig heraus und realisierte vertragswidrig die Solaranlage auf dem Juridicumdach nicht innerhalb eines Jahres. Dennoch wurde daraufhin kein Vertrag mit den Studenten geschlossen, sondern das Dach erneut ausgeschrieben – bis heute ohne Erfolg. Auch andere lokale Initiativen berichteten von ähnlich negativen Erfahrungen oder gaben bereits ihre Projekte im Vorfeld auf.
 Angesichts dieser unbefriedigenden Erfahrungen stellte der gemeinnützige Verein Sonnenenergie Erlangen e.V. mit fraktionsübergreifender Unterstützung aus dem Erlanger Stadtrat im Juli 2011 eine Petition an den Landtag, um eine Änderung der Vergaberichtlinien bei der Dachvergabe zu erreichen und die kritisierten Hürden für die oft ehrenamtlich arbeitenden lokalen Initiativen abzubauen.
Die Petition wurde im Landtag dem Haushaltsausschuss zugeteilt und die notwendige Stellungnahme zu diesem Anliegen durch das Finanzministerium erstellt, da die Vermietung staatlicher Liegenschaften in die Zuständigkeit der dem Finanzministerium unterstehenden IMBY fällt.
Im Haushaltsausschuss wurde fraktionsübergreifend erkannt, dass ein grundsätzlicher Landtagsbeschluss zur Nutzung aller geeigneten Staatsdächer aus dem Jahr 2004 wenig bewirkt hatte. Der Berichterstatter, Eike Hallitzky (Grüne), der als Ursache dieser geringen Nutzung ein Nachlassen der Nachfrage nach Dächern mangels Erfolgsaussicht für ein eigenes Projekt ansah, beantragte die Würdigung der Petition. Allerdings folgte die Mitberichterstatterin, Gertraud Goderbauer (CSU), der Argumentation des Finanzministeriums, man dürfe ortsfremde Investoren durch eine freie Vergabe an die ursprünglichen Interessenten nicht benachteiligen. Schließlich wurde mit der Mehrheit von CSU und FDP die Petition mit der Erklärung des Finanzministeriums für erledigt erklärt.

Umweltschutz
steht vor Rendite


Wir müssen uns über jeden Studenten freuen, der sich neben dem Studium für die Energiewende engagieren möchte. Das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) legt die Grundlage, eine Anlage zur Stromerzeugung aus regenerativen Energien zu realisieren und dadurch dazu beizutragen, fossile Energien und Kernkraft überflüssig zu machen. Viele Bürger haben aber kein eigenes Dach zur Verfügung oder wollen aus anderen Gründen gerne ein öffentliches Dach nutzen.
In den Reden der verantwortlichen Politiker in Bayern ist stets von Bürgerbeteiligung an der Energiewende die Rede. Das Angebot von Studenten oder Finanzamtsmitarbeitern, die auf den Dächern ihrer Universität oder ihres Amtes eine Solaranlage betreiben wollen, ist in diesem Sinne eigentlich eine Steilvorlage. Dass Parlamentarier aus Reihen der bayerischen Regierungsfraktionen dieses Angebot ablehnen – faktisch sogar behindern – ist unverständlich.
Das Finanzministerium, das dieses Bürgerangebot auf rein wirtschaftliches Interesse reduziert, verkennt, dass gerade solche Bürgerinitiativen primär den Schutz der Umwelt im Sinn haben und nicht die mögliche kleine Rendite, durch kleine Zinsen auf die finanzierenden Kleindarlehen. Die bisherige Handhabe bei der Dachvergabe spielt gewerblich ausgerichteten Firmen in die Hände, die sich selbst in der Vergangenheit nicht aktiv um staatliche Dächer bemüht haben und es sich leicht machen, wenn sie nur auf Angebote im Internet warten, um ein solches Dach anzumieten. Dabei gäbe es in Bayern noch genug Platz auf staatlichen Gebäuden für alle.
Die Politik muss sich die Frage stellen lassen, wie die Energiewende bis 2022 organisiert werden kann. Es ist grundsätzlich nichts anderes, wenn eine Stadtverwaltung, so wie in Erlangen, beim Ausbau der erneuerbaren Energien mit ihren Bürgern vertrauensvoll und mit sichtbarem Erfolg zusammenarbeitet. Dazu müssten aber für staatliche Liegenschaften die Verantwortlichen in München zu einer offenen Diskussion bereit sein. Zweifel an einer Diskussionsbereitschaft kommen aber auf, wenn dem Petenten sogar die Einsicht in die erst nach sechs Monaten vorgelegte Stellungnahme des Finanzministeriums verweigert wird. (Martin Hundhausen - Der Autor ist Professor am Lehrstuhl für Technische Physik der Universität Erlangen-Nürnberg)

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