Bauen

Die Nordfassade des Forschungszentrums für chemische Epigenetik der LMU. (Foto: Adrienne-Sofie Hoffer)

23.05.2022

Letzte Baulücke geschlossen

Der Neubau des ICEM – Forschungszentrum für chemische Epigenetik der LMU München

Der Hightech-Campus der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) vereint im Südwesten der Landeshauptstadt unterschiedliche Forschungsinstitute aus dem Bereich der Biotechnologie, mit dem ehrgeizigen Ziel, den Standort zur ersten Adresse Europas auf diesem Gebiet auszubauen. Die Arbeit innerhalb des Forschungszentrums für chemische Epigenetik (ICEM) ist der Aufklärung der Funktionen von DNA- und RNA-Basen in den Zellen und der Entschlüsselung des Epigenetischen Programms gewidmet. Es erfüllt damit weltweit eine Vorreiterfunktion an der Schnittstelle zwischen chemischen und biologischen Disziplinen.

Das „Institute for Chemical Epigenetics“ ermöglicht die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Forschungsgruppen der Bereiche Chemische Biologie, Biochemie und Chemie/Pharmazie auf dem Gebiet der Stammzellforschung und Stammzelltherapie. Die Forschungserkenntnisse werden direkten Einfluss auf die moderne Krebsforschung haben. Das ICEM wird anwendungsorientierter sein als vergleichbare Forschungseinrichtungen und damit international ein klares Alleinstellungsmerkmal besitzen. Bislang sind in Bayern keine vergleichbaren Institute vorhanden.

Den Zuschlag für die Realisierung des Neubaus erhielt das Münchener Architekturbüro Fritsch + Tschaidse nach Abschluss eines Vergabeverfahrens durch das Staatliche Bauamt München 2. Die städtebauliche Grundkonzeption des viergeschossigen Baukörpers und des Nachbargebäudes gehen auf einen internen Wettbewerb des Staatlichen Bauamts München 2 zurück. Der Neubau liegt an städtebaulich bedeutender Stelle, dem westlichen Stadteingang Münchens an der Würmtalstraße. Er bildet zusammen mit dem 2016 fertiggestellten Forschungsbau für Molekulare Biosysteme (BioSysM) den signifikanten baulichen Auftakt der Hochschulbebauung im Nordwesten des Campus.

Der Baukörper schließt die letzte Baulücke zur Fakultät für Chemie und Pharmazie. Der bislang jüngste Forschungsbau des Campus wurde 2021 nach vierjähriger Bauzeit vom Staatlichen Bauamt München 2 an die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zur Nutzung übergeben. Bereits Monate vor der eigentlichen Fertigstellung konnte innerhalb des Gebäudes ein Sequenziergerät zur Identifikation von Virusmutationen in Betrieb genommen werden. Um dem aus der Corona-Pandemie resultierenden, dringenden Bedarf entgegenzukommen, waren die entsprechenden Räumlichkeiten in extrem kurzer Zeit in einen provisorisch nutzbaren Zustand gebracht worden.

Die Fassade des ICEM ist horizontal gegliedert. Die dunklen Fensterbänder, die sich im Erdgeschoss aus raumhohen Pfosten-Riegel-Konstruktionen und in den Obergeschossen aus durchlaufenden Fensterelement-Konstruktionen zusammensetzen, bilden einen starken Kontrast zu den großformatigen, weißen Glasplatten der dazwischenliegenden Verkleidung. Ein Einschnitt im Nordwesten markiert den Haupteingang und bietet damit gleichzeitig einen überdachten Empfangsbereich.

Das zurückversetzte vierte Obergeschoss mit der Lüftungszentrale fügt sich mit seiner Fassade aus grauen Aluminium-Lamellen in das Wechselspiel von Hell und Dunkel ein. Auf seinem Dach befindet sich eine Photovoltaikanlage, deren Stromerzeugung zum Eigenverbrauch genutzt wird.

Alle Ebenen sind in drei Bereiche gegliedert. Im kompakten Mittelblock befinden sich Räume mit einem hohen Bedarf an technischer Infrastruktur, wie der Konferenzraum im Erdgeschoss und die Labore in den Obergeschossen. Auf der Ost- und Westseite des Gebäudes liegen Räume mit eher geringem Technikbedarf: In den Obergeschossen Seminar-, Computer- und Büroräume, im Erdgeschoss zusätzlich dazu die kleineren Labore und die Arbeitsbereiche der Nachwuchsgruppen.

Die an der Südfassade gelegenen Auswertezonen sind durch gläserne Wandelemente akustisch von den Laboren abgetrennt und zu einem hochwertigen Bereich für konzentriertes Arbeiten ausgebaut. Auf der Nordseite liegen die Speziallabore. Im ersten Untergeschoss befinden sich die Labore für Mikroskopie, mit schwingungsempfindlichen TEM-Mikroskopen, und die Technikzentrale. Das zweite Untergeschoss dient der Medienanbindung des ICEM an die benachbarten Institute der LMU.

Ein großzügiges Foyer mit einer offenen Treppenanlage, die alle Geschosse miteinander verbindet, fördert die interdisziplinäre Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Forschungs- und Arbeitsgruppen. Weitere Möglichkeiten zum Austausch bieten die kombinierten Aufenthalts- und Seminarräume.

Der Nutzungszweck des Neubaus erfordert eine über die übliche Haustechnik hinausgehende Sonderausstattung, vor allem im Bereich der Entlüftung. Die in den Obergeschossen in größtmöglicher Anzahl realisierten Laborabzüge sind an ein Ringsystem von Zu- und Abluft angeschlossen, welches eine schnelle Verfügbarkeit bei gleichzeitig reduziertem Betriebsdruck erlaubt. Durch eine hocheffiziente Wärmerückgewinnung, die auch die Nutzergeräte miteinschließt, sowie durch ein im Probebetrieb optimiertes Lüftungskanalnetz konnten hierbei erhebliche Energieeinsparungen erreicht werden.

Mit hochmodernen Präzisionsklimaschränken verfügen die Sequenzier- und Mikroskopieräume im Untergeschoss über eine weitere Sonderausstattung. Der CO2-Ausstoß im gesamten Gebäudebetrieb wird durch den Einsatz eines Hybrid-Rückkühlwerks, Anlagen zur Wärme- und Kälterückgewinnung sowie einen Anschluss an die lokale Versorgung mit Fernwärme und Nahkälte so gering wie möglich gehalten. Ein System zur Überwachung und Bedienung aller technischen Anlagen setzt den Betreiber in die Lage, die Verbräuche über ein kontinuierliches Energiemonitoring weiter zu reduzieren.

Durch geschickt gestaltete Außenanlagen werden die wenigen Freiflächen zwischen den beiden Neubauten optimal genutzt und bieten eine hohe Aufenthaltsqualität. Neben funktionalen und gestalterischen Aspekten standen die landschaftliche Einbindung und der Gesichtspunkt der Biodiversität im Focus der Planung. So wurden unterschiedliche standortgerechte Laubbäume, Sträucher, Kletterpflanzen, Blütenstauden und Gräser gepflanzt.

Als Lebensraum für Insekten dienen zusätzlich blütenreiche Magerwiesen mit gebietseigenem Saatgut und wechselfeuchte Wiesen in den Retentionsmulden, die gemeinsam mit einer überwiegend intensiven Dachbegrünung für die Pufferung von Regenwasser dienen.
Die differenzierte Vegetation erzielt eine natürliche Vernetzung der beiden jüngsten Forschungsbauten der LMU mit dem gesamten Campus. (Isabel Benrath)

 

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