Bauen

Die Südseite des West’N mit den Lichtkuppeln. (Visualisierung: BEOS AG)

24.03.2022

Mehr Fläche und höhere Qualität

Nachverdichtung in Gewerbegebieten: das Beispiel Nürnberg-Höfen

Wohnen und arbeiten, produzieren und konsumieren – Städte müssen all dem Raum bieten, und sollen zugleich ihren Einwohner*innen ein gesundes Leben mit Freiräumen und ohne Enge ermöglichen. Entsprechend hoch ist die Konkurrenz um verfügbare Flächen. Ein Weg, diesen unterschiedlichen Ansprüchen gerecht zu werden, ist Nachverdichtung, denn viele bereits bebaute Grundstücke haben sehr viel mehr Potenzial, als bisher genutzt wird. Allerdings gilt es auch hier, einiges zu beachten: Kluge Nachverdichtung nutzt unausgeschöpftes Flächenpotenzial effizient aus, modernisiert den Bestand und optimiert die Lebensqualität einer Stadt. Zu kurz gedachte Konzepte können dagegen architektonische Ensembles verunstalten, wertvolle Freiflächen zerstören und ein Gefühl von Enge erzeugen.

Um diese Fallstricke zu vermeiden und ein Grundstück so nachzuverdichten, dass es auch auf lange Sicht einen Mehrwert für die Kommune bringt, braucht es individuelle Konzepte. Wichtig dafür ist, das Grundstück und dessen Umgebung zu kennen. Das West’N-Gelände beispielsweise liegt in einem etablierten Industriegebiet im Westen Nürnbergs. Auf dem Areal befand sich ursprünglich eine Druckerei. Nachdem diese ausgezogen war, blieben ein Produktionsgebäude von 1994 sowie eine Kaltlagerhalle zurück. Im Anschluss an den Ankauf des Areals durch die BEOS AG im Jahr 2018 wurde das Hauptgebäude zunächst modernisiert und revitalisiert, woraufhin sich recht schnell ein neuer Mieter fand.

„Die Halle und der große Hof dagegen waren nicht mehr zeitgemäß. Der neue Hauptmieter hatte keinen Bedarf, einzeln ließ sich die Kalthalle nicht vermieten. Mehrere Tausend Quadratmeter Grundstücksfläche waren somit versiegelt, ohne echten Nutzen zu bringen“, berichtet Katharina Schleich, die Projektmanagerin der BEOS AG und für das Objekt West’N verantwortlich.

Zugleich ist eine solche Liegenschaft ein idealer Kandidat für Nachverdichtung: Gut angebunden, an einem etablierten Gewerbestandort in einer wirtschaftlich starken Metropole und mit ausreichend Platz für substanzielle Neubauten. Das macht sie für diverse Unternehmen zu einem attraktiven Standort. Deshalb war ein Kernaspekt der Nachverdichtung, die neuen Gebäude möglichst flexibel zu gestalten, damit sie sich ihren zukünftigen Mietern und deren Bedürfnissen anpassen lassen. Zugleich sollte die Nachverdichtung das Grundstück als Ganzes aufwerten und einen positiven Beitrag zum Gesamtbild des Viertels leisten.

Das Konzept, das schließlich umgesetzt wurde, vereint diese Ansprüche durch zwei parallele vierstöckige Neubauten an der Nord- und Südseite des Grundstücks, für die aktuell noch weitere Mieter gesucht werden, sowie ein durchdachtes Wegeleitsystem für das gesamte Gelände, das dafür sorgt, dass selbst gleichzeitiger Lieferverkehr mehrerer Mieter den Verkehrsfluss im Viertel nicht beeinträchtigt.

In den beiden Neubauten stehen nun rund 14 400 Quadratmeter Hallen-, Fertigungs-, Forschungs- und Büroflächen zur Verfügung. Die einzelnen Mieteinheiten können aufgeteilt oder zu größeren Einheiten zusammengelegt werden; insgesamt finden so bis zu acht Mieter Platz, drei Einheiten sind bereits bezogen worden. Auch die Haustechnik ist darauf ausgelegt, möglichst viele Nutzungsarten zu ermöglichen. Zudem verfügen die Gebäude über verschiedene Flächenkategorien: von den Hallen im Erdgeschoss bis hin zu Mezzanineflächen, Flex Spaces und Büros in den Obergeschossen.

Die Räumlichkeiten sind ebenerdig sowie teilweise über Rampen andienbar. Gemeinsam mit hellen Büroflächen mit jeweils Dachterrassen ergeben sich flexible und gleichzeitig repräsentative Gebäude. Das sichert den langfristigen Wert der Nachverdichtung: „Sollten sich die Bedürfnisse einzelner Mieter ändern, können sie ihre Raumnutzung entsprechend anpassen; zieht ein Unternehmen weg, sind dessen Flächen für eine Vielzahl unterschiedlicher Nachmieter nutzbar. Weil die Gebäude auch energetisch auf dem neuesten Stand der Technik sind, können die Mieter zudem ihren Energieverbrauch langfristig niedrig halten und umweltverträglich wirtschaften“, so Schleich.

Dieser Aspekt ist für eine zukunftsfeste Nachverdichtung ebenfalls zentral. ESG, also Umwelt-, Nachhaltigkeits- und Unternehmensführungsaspekte, werden von immer mehr Unternehmen als wichtig erkannt. „Tatsächlich sind sie der Schlüssel für den nachhaltigen Erfolg nicht nur einzelner Firmen, sondern eines ganzen Wirtschaftsraums. In Konzepten zur Nachverdichtung sollte ESG deshalb von Anfang an mitgedacht werden“, ergänzt Christina Schädler, Niederlassungsleiterin der BEOS AG in München. „Im West’N zeigt sich das nicht nur in guter Isolierung: Um die Flächenversiegelung aufzubrechen und der Biodiversität Raum zu geben, wurden die Aufenthaltsflächen im Freien begrünt und werden nach Umweltschutzprinzipien gemanagt. Die Dächer der Neubauten sind ebenfalls teilbegrünt und mit Dachterrassen versehen. Das trägt außerdem dazu bei, die Aufenthaltsqualität auf dem Gelände und in der Umgebung zu erhöhen.“

Synergien dieser Art entstehen bei vielen ESG-Maßnahmen – insbesondere wenn sie von Anfang an Teil des Gesamtkonzepts sind. Neben solchen baulichen Ansätzen, darunter auch Ladesäulen und Fahrradstellplätze zur Förderung umweltfreundlicher Mobilität, setzen wir im West’N außerdem auf Kooperation und Dialog mit den Mietern, um eine langfristig nachhaltige Bewirtschaftung sicherzustellen.

Damit verbindet das West’N die eingangs genannten Ansprüche an gute Nachverdichtung: Das Bestandsgebäude wurde aufgewertet und modernisiert, die Neubauten ergänzen das Ensemble optisch und ermöglichen die effiziente Nutzung bestehender Flächen. Sie schaffen auf mehreren Stockwerken hochwertige Gewerbeflächen für Nürnbergs innovativen Mittelstand, statt zusätzliche Flächen zu versiegeln. Durch ein Verkehrskonzept für das ganze Gelände wird der gute Anschluss des Standorts voll ausgenutzt, ohne dass selbst eine Vielzahl an neuen Mietern den Verkehrsfluss des Viertels belastet, und die Begrünung von Außenflächen und Dächern erhöht die Aufenthaltsqualität für Mieter wie für Anlieger.

Mit einem solchen Konzept, das regionale Besonderheiten und die Bedürfnisse potenzieller Nutzer von Anfang an einbezieht, kann Nachverdichtung gelingen – und so in den meisten Städten ungenutztes Flächenpotenzial heben und zugleich den Bestand aufwerten. (BSZ)

 

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Soll das Gesetz für mehr Barrierefreiheit gelockert werden?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
X
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.