Bauen

Blick von der Hofstraße auf die Stadtterrasse. Der Hufeisentrakt erstrahlt heute in zartem Grün. (Foto: Grellmann, Kriebel, Teichmann GKT & Partner)

29.11.2024

Nachkriegsarchitektur in die Gegenwart transportiert

Würzburg: Energieeffiziente Sanierung des Denkmals Mozartschule

Die ehemalige Mozartschule in Würzburg wurde von dem Architekten und städtischen Oberbaudirektor Rudolf Schlick anstelle der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Maxschule geplant und im Jahr 1957 eingeweiht. Die Baugruppe ist seit 1995 in der bayerischen Denkmalliste als Beispiel der Architektur der Nachkriegsmoderne gelistet.

Rudolf Schlick ging völlig neue Wege: Zurückhaltend mit bewusst abgesenkter Traufhöhe nimmt sich das Gebäude deutlich zur Nachbarbebauung zurück, schwingt in der Maxstraße leicht organisch ab und macht einem begrünten Vorbereich Platz. In der Hofstraße dominiert architektonische Leichtigkeit.

Nach dem Auszug des Gymnasiums im Jahr 2000 gab es Überlegungen, den innerstädtischen Standort neu zu beleben; zur Diskussion standen Verkauf, Abriss, Einzelhandels-, Gastronomie-, Wohnnutzung. Das Bieterverfahren für Investoren wurde mit einem Bürgerentscheid und dem Auftrag an die Stadtverwaltung im Jahr 2015 beendet, das Gelände nicht zu veräußern und stattdessen unter Beibehaltung des denkmalgeschützten Bestands einer Nutzung für Bildung und Kultur zuzuführen.

Im September 2018 beschloss der Stadtrat die Umsetzung einer Machbarkeitsstudie. Im Jahr 2019 teilte die Stadt Würzburg die Liegenschaft in den „Windmühlenflügel“ in der Maxstraße und den „Hufeisenflügel“ in der Hofstraße auf. Der Windmühlenflügel wird heute mit einem Erbpachtvertrag als Bürogebäude von der VR-Bank genutzt. Im Hufeisenflügel, dessen Bauherr das Baureferat mit seinem Fachbereich Hochbau der Stadt Würzburg war, sind heute die Hochschule für Musik, die Sing- und Musikschule und das städtische Mozartfestbüro untergebracht.

Erhalt des Skelettsystems

Die bauhistorische Untersuchung aus dem Jahr 2020 für das gesamte Areal hatte gezeigt, dass sich die Hufeisenanlage in der Mozartschule weitgehend im originalen Zustand befindet und damit ein eindeutiges Denkmal der 1950er-Jahre darstellt. Ihre Authentizität lässt sich vor allem an den Details festmachen. Besonders auf ihnen sollte bei der Sanierung das Augenmerk ruhen. Dies bedeutete beispielsweise den Erhalt des Skelettsystems und der originalen Fenster an vielen Stellen.

Basis des Gesamtprojekts war, den Bestand mit den geplanten Nutzungen und den daraus resultierenden Vorgaben aus technischer, energetischer und Nutzersicht in Einklang zu bringen und sich bei Erneuerungen den Entwurfsideen zu nähern. Da die Schulturnhalle keine Funktion mehr haben sollte, wurde dieser Trakt entkernt, die Geschossebenen verändert und ein „Haus im Haus“ gebaut.

Schallschutzanforderung für das Niveau einer Hochschule machten einen schweren Massivbaukörper aus Stahlbeton und Kalksandstein in der höchsten Rohdichtklasse notwendig. Durch die Umnutzung des Gebäudes kam die aktuelle Bauordnung zum Tragen, sodass das gesamte Gebäude trotz Denkmalschutz nach DIN 18040 barrierefrei ertüchtigt wurde. Leider konnte das Geländer im Foyer, das die imposante Treppe zur ehemaligen Aula sichert, nicht weiter genutzt werden. In seiner Filigranität der 1950er-Jahre war es den aktuellen Anforderungen nicht mehr gerecht. Um es zu erhalten, wurde es mit einer parallel verlaufenden Brüstung ergänzt und symbolisiert dadurch die Verbindung von „Alt“ und „Neu“.

Dies ist ein schönes Beispiel für ein weiteres Ziel des Bauprojekts, aus historischen wie nachhaltigen Gründen Bestehendes weiter zu verwenden. Dazu analysierten Planer, Bauherren und die Behörden die Liegenschaft akribisch, entwickelten neue Details sorgsam im Einklang mit dem Bestand, veränderten nichts zwanghaft und nahmen neue Einbauten und Veränderungen nur subtil vor.

Einklang von Neu und Alt

Denkmalpflegerisch wurde erhalten und ergänzt, während das technische Herz im Takt heutiger Standards schlägt und sogar eine Regenwasserretention ermöglicht wurde. Aufgrund des sorgsamen Umgangs mit dem Bestand und der nachhaltigen Nutzung konnte maßgeblich im gesamten Baudenkmal „graue Energie“ eingespart werden.

Eine kontrollierte Be- und Entlüftung war aus Gründen des Schallschutzes und der energetischen Vorteile unumgänglich. Für die Aula, die künftig als öffentlicher Veranstaltungsraum genutzt wird, wurde die Kühlanlagentechnik im Entwurfsstadium simuliert. Im Gesamterscheinungsbild sind die Maßnahmen nicht ersichtlich, außer in Behaglichkeit und positiver Energiebilanz des Gebäudes. So konnte insgesamt trotz der fast 70 Jahre alten Baukonstruktion ein KfW100-Standard mit dem Aspekt des Denkmalschutzes erzielt werden.

Im Gesamtbild ergibt sich ein Einklang von „Neu“ und „Alt“ bestehend aus qualitätvollem architektonischem Erbe und höchstem technischen und energetischen Niveau.
Bei der Sanierung wurden die zeitlosen gestalterischen Stilqualitäten des Hauses wiedererweckt. Farbe, Atmosphäre, Stil bringen die Lebendigkeit, Heiterkeit und Leichtigkeit der 1950er-Jahre zurück.

Das Mozart-Areal belegt eindrücklich die Qualität der Nachkriegsarchitektur und wie diese in die Gegenwart transportiert werden kann. Die behutsame Sanierung zeigt, dass sich Denkmal und energieeffizientes Bauen nicht ausschließen müssen und auch in einem Baudenkmal baukonstruktive Lösungen, moderne und effiziente Technik in ein stimmiges Gesamterscheinungsbild gebracht werden können. Die Bauherrschaft muss dafür jedoch mehr Zeit und Geld in die Vorplanung investieren, um auf dem Weg zur Fertigstellung und im Betrieb nicht für die nächsten Jahrzehnte erhöhte Betriebs- und Unterhaltskosten akzeptieren zu müssen.

Am 27. September 2024 wurde das Gebäude nach gut drei Jahren Bauzeit feierlich eröffnet. (Michael Altrock, Claudia Lother)

 

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