Mühlried – die meisten kennen den seit 1978 zu Schrobenhausen gehörenden Ortsteil nur als Industriegebiet und als „Versorgungshalt“ durch die Filiale einer amerikanischen Fast-food-Kette. Man merkt jedoch auf, wenn man zu den herausragenden Merkmalen Spargel und Franz von Lenbach von der Bedeutung des oberbayerischen 16 000-Einwohner-Orts für die Bildungslandschaft der Region erfährt: Zehn Schulen, von der Grundschule bis zum Gymnasium, haben dort ihren Sitz, dazu kommt die örtliche Volkshochschule. Diese Besonderheit verdankt der Mittelpunkt des gleichnamigen Landkreises auch seiner Position als Mittelzentrum der so genannten Planungsregion 10 des Freistaats. Die damit vernetzten Komponenten von Infrastruktur, Verkehrsanbindung und Arbeitsplätzen in Handwerk, Gewerbe und Industrie sind Grundlage einer positiven Zertifizierung, die nun wieder einen neuen Impuls erfahren soll: durch den Neubau eines Schulgebäudes mit Sporthalle.
Der Ortsteil Mühlried ist ein klassisches Mischgebiet. Außerhalb der dominierenden Ingolstädter Straße gliedern nur wenige städtebauliche Zentren die Wohnstraßen mit ihren bürgerlich gehobenen Ein- und

Zweifamilienhäusern, nämlich die Heilig-Geist-Kirche, die örtliche Bank, der Sportplatz und die Grundschule. Letztere war in die Jahre gekommen: 1972 als flach gedeckte Stahlbetonkonstruktion im Stil jener Jahre errichtet, kämpfte man seit etwa 1990 immer wieder gegen eindringendes Wasser – das Flachdach war undicht geworden, verschiedene Gegenmaßnahmen blieben ohne nachhaltigen Erfolg.
Genau 40 Jahre nach der Aufnahme des Schulbetriebs beendete eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung die Zukunft des Schulgebäudes. Der Sachaufwandsträger entschied sich für den Neubau der Schule samt Sporthalle. Neben den technischen und funktionalen Anforderungen stellte die Vergleichsbetrachtung besonders die schulpädagogische Eignung des auf rund neun Millionen Euro veranschlagten Projekts in den Vordergrund.
Der bayerische Schulbau befindet sich durch die Neuorientierung des pädagogischen Konzepts in einem Wandel. Verkürzend kann konstatiert werden, dass in den Lehreinrichtungen Erkenntnisse der bildungsrelevanten Forschung einfließen, zu denen eine Beschulung in differenzierten und kooperativen Unterrichtsformen sowie die zunehmende Integration sozialer Dynamiken wie Erweiterung des Ganztagsangebots, Vernetzung mit Partnereinrichtungen, die Inklusion sowie die zunehmende Berücksichtigung heterogener Voraussetzungen von Schülerinnen und Schülern gehören. Neben den üblichen Architektenleistungen (vor allem die Nachhaltigkeit und Energiebilanz im Betrieb) wirkten diese Kriterien verstärkt in die Planung des Schulgebäudes mit ein.
Die ganze Schule ist in einem längsrechteckigen Baukörper (Grundriss: etwa 70 x 21 Meter) integriert. Ein südlicher Riegel stößt dabei entlang der West-/Ostachse an den Nordbaukörper an, über die gesamte Mittelzone hinweg erstreckt sich der erschließende, von beiden Seiten und durch Oberlichter belichtete Gang. Nicht nur äußerlich separieren sich beide Teilbaukörper, die mit versetzten Pultdächern nach oben schließen – der nördliche Riegel in hoher Auflösung durch Ganzverglasung, kontrastierend dazu der Südteil als massiver, verputzter Mauerwerksbau. Die gesamte Verwaltung/Leitung wurde dort, im Süden untergebracht, ebenso das Lehrerzimmer und die Bibliothek sowie die Betreuungsräume (Obergeschoss).
Im Erdgeschoss finden dagegen die Säle für Werken und Textiles Gestalten Platz, außerdem der Hausmeister- und Technikbereich.

Eine wesentliche Erfahrung gerade der letzten Jahre ist es, dass sommerliche Hitzewerte noch vor dem Ferienmonat August auftreten – so tragen Maßnahmen wie die massiven Mauern aus 49-Zentimeter-Ziegeln bei nur mäßiger Öffnung („Lochfassade“), ein auskragendes Dach und Raffstores zum Schutz vor starker Aufheizung bei. Ein durch die Lage des Baukörpers im Gelände begründetes, noch günstigeres Raumklima kann dagegen auf der Nordseite angenommen werden – deshalb befinden sich alle Klassenzimmer auf dieser Seite. Raumhohe, vom Boden bis zu Decke reichende Verglasungen, die den Blick auf den bestehenden Baumbestand am nordseitigen Rand des Grundstücks freigeben, sollen auch im Innern der Räume für eine angenehme, naturnahe Atmosphäre sorgen.
Kinder brauchen im besonderen Maß das Angebot von Licht, Luft und Farbe. Das Farbkonzept – farbige Fensterumrahmungen im Süden, vor die Nordfassade gestellte, einzelne Wandscheiben in Rot, Gelb und Orange – gliedert den Bau, schafft aber auch Orientierung und setzt sich bis in den Innenbereich fort, wo Farben, besonders etwa im Eingangsbereich der Klassenzimmer, akzentuierend (nicht überzeichnend) und in Verbindung mit den grauen und weißen Wänden und Decken eingesetzt wurden.
Eine positive Wirkung verspricht man sich auch von den farbigen Nasszellen – man nutzt etwa die „gelbe“ oder die „rote“ Toilette und individualisiert sie damit. Untersuchungen zeigen, dass Vandalismus im Vergleich dazu etwa eher an tristen und unpersönlichen Ort vorkommt. Ebenso ist die Qualität der Luft in den Klassenzimmern von großer Bedeutung für die Aufnahmefähigkeit der Schüler. Insbesondere die erhöhten CO2-Konzentrationen lassen sich auch bei Stoßlüftung alle 45 Minuten oder auch mittels ständig gekippter Fenster nicht vermeiden. Ein ständiger Austausch verbrauchter Luft, gleichzeitig die Einplanung von gruppenbezogenem Verhalten ist mithilfe der eingesetzten Hybridlüftung (Grundlüftung mit mechanischem Ventilatoreinsatz, dazu ergänzende Fensterlüftung) am besten realisierbar.
Zur Vermeidung von Wärmeverlusten gibt es Wärmetauscher. Dem in den letzten Jahren zunehmend erkannten Problem zu sehr aufgeheizter Räume bereits ab den frühen Vormittagsstunden kann durch eine innerhalb des Lüftungssystems stattfindende Luftbefeuchtung begegnet werden und das, ohne eine stark energiezehrende Kühlanlage installieren zu müssen. Mit der so erreichten Luftqualität und dem System der Pelletheizung ist damit ein Energiekonzept vorgezeichnet, das sowohl ökologische als auch ökonomische Forderungen besonders beachtet – eine im Grunde selbstverständliche Forderung nachhaltiger Bautätigkeit.
Zentrales Anliegen des Entwurfs ist die Einbeziehung didaktischer und methodischer Innovationen, hier des Prinzips der so genannten Flexiblen Grundschule und der Lernlandschaften. Zwei Klassenzimmer (64 beziehungsweise 68,50 Quadratmeter) erhalten jeweils einen Gruppenraum ( 21 bis 25

Quadratmeter) zugeordnet. Die Breite der Flure, die nun als Unterrichtsbereiche genutzt werden können, wurde auf 4,42 Meter vergrößert (die Norm: 2,00 Meter), Fensteröffnungen verbinden Klassenzimmer und Flure, in denen flexibel eingerichtete Lerninseln (mit Informationstechnologie) aufgestellt sind.
Der Brandschutz (Rettungswege) – die Flure können nicht mehr dafür herangezogen werden – wird über Balkone vor der Nordseite sichergestellt, die jeweils von zwei Klassen aus zugänglich sind. Die breite Fläche der Balkone und ebenso die der darunterliegenden Terrassen kann in den warmen Monaten als zusätzliche Unterrichtsfläche genutzt werden.
Als zentrales Element des Schulgebäudes dient die lichterfüllte Eingangs- und Pausenhalle in der Mittelachse des Baukörpers. Sie ist auch das soziale Zentrum der Schule und Hauptort der vertikalen Erschließung. Eine Bühne erweitert diese Zone zur Nordseite hin, es schließen sich die Räume für die Mittagsbetreuung (westlich) und Intensivierungsangebote in östlicher Richtung an.
Zu einem ganzheitlichen Konzept gehört auch die Einfach-Sporthalle (südlich vor der Schule), die Ausführung von Allwetterplatz (ebenfalls südlich; Überdachung zur Sporthalle) und Laufbahn folgt im Frühjahr.
Die Architekten (Obel und Partner, Donauwörth) wollten in Mühlried nicht allein eine „zukunftsorientierte“ Schule errichten, erklärtes Ziel war die Verbindung von Schülern/Lehrern, Pädagogik und Schulgebäude. Diese Lücke kann Mühlried nun möglicherweise schließen. (
BSZ)
(Blick in die Aula; der Lernflur im Erdgeschoss und die Sporthalle - Fotos: Obel und Partner)
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