Bauen

Augsburgs Netz an Wasserläufen. (Foto: Eva-Maria Mayring)

12.06.2020

Perfektes Wassermanagement

Die Augsburger Wasserbaukunst ist als Unesco-Weltkulturerbe ausgezeichnet

Acht Jahre hat es gedauert, rund zwei Millionen Euro wurden investiert, bis die Stadt Augsburg mit seinem „klugen Kanalsystem“ zum Unesco-Welterbe ernannt wurde. Dieser Titel wird verliehen, wenn eine Stätte Einzigartigkeit, Authentizität und Integrität vorweisen kann. Aufgrund der nachhaltigen Kombination von „Wasserbau und Wasserkraft, Trinkwasser und Brunnenkunst in Augsburg“ hat das System der Wasserwirtschaft die langwierige Unesco-Bewerbung bestanden.

Seit dem 15. Jahrhundert, so früh wie keine andere Stadt, garantiert Augsburg mit seinem perfekten Wassermanagement Gesundheit und Lebensqualität, das bis heute nachhaltig und ökologisch wirkt. Im Juli 2019 erhielt die Lech-Stadt die Auszeichnung der Unesco (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization) zum Weltkulturerbe. Als enormer Fortschritt galt, dass ausgesprochen früh Trinkwassser von Treibwasser getrennt wurde. Zudem entdeckte man, wie Wasser mithilfe von Wasser zu heben war und dann mit Kolbenpumpen bis hinauf in die Wassertürme befördert werden konnte. Kommunizierende Röhren sorgten dann für den Transport und die Verteilung in die Stadt.

Aufgrund des Wasserreichtums und seiner ausgezeichneten Trinkqualität florierten in Augsburg Handel, Handwerk und Industrie. Kunstvolle Brunnenanlagen von namhaften Künstlern schmückten das Stadtbild. Bis in unsere Tage versorgen 80 Brunnen rund 310 000 Menschen mit Trinkwasser in Topqualität und aus 17 Brunnen der Stadt sprudelt für durstige Bürger noch immer quellfrisches Wasser.

Wenn Elisabeth Retsch den Gästen Augsburg zeigt, dann lernt man die Stadt in vielen auch unbekannten Winkeln kennen. Die Augsburgerin führt durch die einzigartige Wasserlandschaft mit seinen verzweigten Kombinationen von 200 Kilometern Länge an Flüssen, Bächen und Kanälen. „Mit über 500 Brücken toppen wir die italienische Lagunenstadt Venedig“, sagt sie stolz. Flott geht es dann zu den Wassertürmen am Roten Tor. „Das Ensemble am Roten Tor, erbaut von dem Renaissance Architekten Elias Holl (1573 bis 1646), zählt mit seinem Wasserwerk zu den ältesten Mitteleuropas. Es versorgte bis ins Jahr 1879 die Stadt mit Trinkwasser“, erklärt sie.

Neben dem Großen (1416) und Kleinen Wasserturm (1470), dem Kastenturm und den beiden Brunnenmeisterhäusern (1777) ziert heute eine gepflegte Gartenanlage das historische Anwesen und ist als Denkmal der Wasserversorgung ebenfalls zum Unesco-Weltkulturerbe ernannt worden. Im Inneren der Türme führt eine steile Wendeltreppe hinauf und verdeutlicht anschaulich das Prinzip der Wasserhebung anhand der gezeigten, hydraulischen Modelle. Berühmt wurde einst der Brunnenmeister Caspar Walter (1701 bis 1769), der mit seinen kreativen Ideen und praktischen Umsetzungen den Fortschritt einläutete und vor allem mithilfe der Hydraulik für die Wasserkunst enorme Erfindungen lieferte. „Entsprechende Modelle sind hier im Wasserturm ausgestellt und beweisen, wie aus einfachen Vorgaben, Neues zu schaffen war“, so Retsch.

Die Kanäle mit ihrem Netz an Wasserläufen bildeten dafür die Grundlagen. Tonnenschwere Schaufelräder aus Holz dienten dabei zur Energiegewinnung. Technische Übersetzungen und Konstruktionen erweiterten die Systeme, aus denen der Fortschritt entstand und vorangetrieben wurde. „Das Wasserrad am Schwallech erinnert heute an seinen Vorgänger, das 1840 erbaut wurde. Das fünf Tonnen schwere Pansterrad hat zwar keine Funktion mehr, aber ist ein Denkmal für die 163 Wasserräder, die 1761 insgesamt 78 Werke wie Säge-, Schleif-, Polier- und Papiermühlen antrieben“, erklärt die Augsburgerin.

Die Brunnentrias

Sind die Bäche, Flüsse, Hebewerke, Wassertürme, Brücken und Kraftwerke zweifellos sehr eindrucksvoll, ja sogar einzigartig, so fügt die Kunst zum Kulturerbe noch einen weiteren, bedeutenden Akzent hinzu. In der Altstadt von Augsburg ist die Brunnentrias nicht zu übersehen. Sie besteht aus drei Monumentalbrunnen des 16. Jahrhunderts, die zweifellos besonders sehenswerte Prunkstücke der Stadt sind. Sie nehmen das Thema Wasser auf, transponieren es in die Sprache der Kunst und machen es somit sichtbar und erlebbar in Form und Inhalt.

Vom niederländischen Bildhauer Hubert Gerhard stammt der Augustusbrunnen (1590/1591), der heute in der Maximilianstraße vor dem Elias Holl Rathaus platziert ist. Zu Füßen der überlebensgroßen Bronzefigur des Stadtgründers Augustus befinden sich Personifikationen der vier Gewässer wie Lech, Wertach, Mühlenfluss Singold sowie der Brunnenbach. Von Adriaen de Vries stammt der Merkurbrunnen, den er 1596 im Auftrag der Fugger anfertigte. Dargestellt mit den Attributen Flügelhelm und Botenstab steht die grazile Figur auf einem steinernen Sockel. Aus den Tiermäulern sprudelt das Wasser.

Der größte und figurenreichste Brunnen ist der Herkulesbrunnen, ebenfalls von Adriaen de Vries 1602 geschaffen, stellt den Kampf des Halbgotts mit der vielköpfigen Hydra dar und symbolisierte zugleich die Macht über das Wasser. Najaden, Tritonen und Eroten ergänzen die Darstellung. Zur Zeit der Errichtung der Brunnen dienten der Merkur- und der Herkulesbrunnen der öffentlichen Trinkwasserversorgung.

Die Stadt Augsburg hat viele Gesichter. Da sind die engen Gassen mit den durchfließenden Bächen und Wasseradern über die zahlreiche Brücken zu den Häusern und Wohnanlagen mit Erkern und blumengeschmückten Vorgärten führen. In den unterirdischen Aquädukten rauscht der Wasserstrom. Säuberungsanlagen mit Gittern helfen die Gewässer zu reinigen und somit den Durchfluss nicht zu unterbrechen. Und gar nicht weit davon entfernt reihen sich in der Altstadt die historischen Renaissance- und Barockfassaden an der Maximilianstraße. Das Wasser sprudelt und plätschert aus den kunstvollen Bronzefiguren in die steinernen Brunnenbecken. Hier haben sich Natur, Kunst und Technik auf das Beste vereint. (Eva-Maria Mayring)

(Das Wasserrad am Schwallech - Foto: Eva-Maria Mayring)

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