Bauen

Der 25 Meter lange Sky Pool. (Foto: Friedrich H. Hettler)

09.06.2017

Planschen, klettern, staunen

Auf Architekturtour am Südtiroler Kronplatz

Spektakulär, ein Gefühl von Schwerelosigkeit zwischen Himmel und Erde: Was ein echter Sky Pool ist, das zeigt das Alpin Panorama Hotel Hubertus am Südtiroler Kronplatz. Frei schwebend hebt sich der neue, fünf Meter breite, 25 Meter lange und 1,30 Meter tiefe Luxuspool von der Hausfassade des Vier-Sterne-S-Hauses ab – oben nichts als das Himmelszelt, unten nichts als freier Raum. In einer Höhe von zwölf Metern kargt das Schwimmbad 17 Meter aus. Keine sichtbaren Grenzen – durchsichtiges Glas umgibt das 32 Grad Celsius warme Wasser. Selbst ein Teil des Poolbodens lässt die Sicht nach unten frei. Der Pool wird von Stahlstützen, die bis zu zwei Meter im Boden verankert sind, getragen, die wiederum mit Baumstämmen verkleidet wurden. Absolut freitragend ist der Pool aber nur auf 5,50 Metern Länge. Das Schwimmbad ist mit fünf Millimeter dicken, anthrazitfarbenen Fliesenplatten ausgekleidet. Die Glasscheibe im Boden ist fünf Zentimeter, die Scheibe an Stirnseite sieben Zentimeter stark. Der Sky Pool, der seinem Namen mehr als gerecht wird, ist aber nicht das einzige architektonische Highlight des Alpin Panorama Hotels Hubertus in Olang. Der Familienbetrieb auf 1350 Metern wurde großzügig um- und ausgebaut. Es entstand ein neuer Zimmertrakt mit 24 Zimmern, eine neue Küche mit Restaurants und Stuben, ein Eingangsbereich mit Lobby, Rezeption und Weinkeller sowie ein Fitness- und Ruheraum mit Panorama-Terrassen. Der neue Pool, „als Findling zwischen Altem und Neuem gestrandet“, so das mit der Planung beauftragte Bozener Architekturbüro noa – network of architekture, „unterstreicht die Essenz dieser umfassenden Sanierungs- und Erneuerungsarbeiten“.
Durch die vereinheitlichte, rhythmisch alternierende Fassadengestaltung mit einheimischen Lärchen-Baumstämmen verband noa beim Um- und Zubau des Hotels auf konsequente Weise „Altes und Neues“. Das homogene Erscheinungsbild, der natürlich gewachsenen Topographie des Geländes folgend, „schafft die kompositorische Basis für die Inszenierung des neuen, weit auskragenden Pools, der zwischen bestehendem und neuem Zimmertrakt thront, zwischen Himmel und Erde oszilliert“, erklärt das Architekturbüro. Die entrindeten Baumstämme, die der bestehenden und der neuen Fassade vorgesetzt wurden, zielen genau darauf ab. Sie unterstützen laut noa gleichzeitig die Dynamik der geschwungenen Fassade und dienen multifunktional als Schattenspender, Raumteiler, Regenschutz, Sichtschutz und statische Basis für Pool und Fassade. „Besondere Herausforderung für den Entwurf war die optische Verknüpfung von Bestand und Neubau zur Wahrung eines schlüssigen Erscheinungsbilds“, erklärt Andreas Profanter von noa.
Das neue Bauvolumen des Hotels orientiert sich in seiner Gestaltung topologisch am bereits bestehenden, bogenförmig geschwungenen Zimmertrakt. Der in den Grundrissen „stark artikulierte Schwung des Zubaus“, so die Architekten, folgt der bestehenden Geländetopographie und den Höhenlinien des bebauten Hangs. Die fassadengliedernden Baumstämme sollen als schmale Doppelholzsäulen die gestalterische Rhythmik der Gebäudeschleife definieren, heißt es in der Baubeschreibung . Der neue Pool, der imposant zwischen den Zimmertrakten sitzend über das Tal blickt, wirkt mit seiner anthrazit-farbenen Fliesenverkleidung wie ein schwebender Felsbrocken. Durch die umlaufend verschwindende Kante geht die Wasseroberfläche nahtlos in die umgebende Landschaft über. „Der Pool erinnert metaphorisch an einen Bergsee, eingebettet in die beeindruckende Bergwelt der umliegenden Kulisse des UNESCO-Weltkulturerbes, den Dolomiten“, so das Bozener Architekturbüro. „Die neuen Brüstungen ersetzen die alten aus Holz und werden als perforierte und pulverbeschichtete Metallgitter kurvenförmig befestigt. In erdfarbenen Tönen sind diese zugleich schließend aber auch durchlässig, sie öffnen den Panoramablick und schaffen gleichzeitig Privatsphäre. Der neue Fassadenanstrich legt sich sowohl über den gesamten Neubau als auch den Altbau, und prägt dadurch ein einheitliches Erscheinungsbild. In einem warmen, graubraunen Erdton, den Farbmischungen der direkten Umgebung folgend, wird die Volumetrie vereint“, heißt es in der Baubeschreibung.

Komplett verglaste Front


Die Fassadengestaltung setzt sich auch beim neuen Eingangsbereich fort, der als Rundbau das Tageslicht optimal einfängt und so maximale Sonneneinstrahlung erhält. Das Architekturbüro hat topographische Kurven zur obersten Entwurfsprämisse erkoren. Diese setzen sich auch im Inneren des Gebäudes fort, „wodurch die Schwellen zwischen Innen und Außen, Kalt und Warm, Vorher und Nachher zu verschwinden scheinen“. Die neuen Zimmer im Zubau sind durch die großen Fassadenöffnungen sehr hell konzipiert, mit komplett verglaster Front und Ostbalkon. Ein modern interpretierter Kachelofen erzeugt im Raum Wohnzimmeratmosphäre, Raumteiler aus entrindeten Baumstämmen stellen wiederum eine Verbindung zum Außenraum und der Fassade her. Schließlich greift die Balkonform durch einen leichten Schwung wiederum das Leitthema der fließenden Gesten auf und „zelebriert“ diese als ein Gebäude, das durch den Umbau in „einen besonders intensiven Dialog mit der Landschaft getreten ist und diesen wiederkehrend intensiviert“, so die Bozener Architekten. Ein interessantes architektonisches Projekt am Kronplatz ist die neue Kletterhalle in Bruneck. Sie ist als zusammenhängende Gebäudeformation mit in der Höhe und Raumtiefe variierenden Segmenten gedacht. Die einzelnen Raumfolgen nehmen die drei innenräumlichen Kletterbereiche (Vorstieg, Schulung, Boulder) auf und bilden mit dem witterungsgeschützten Außenkletterbereich und den dort angeordneten Zuschauerplätzen einen qualitativ hochwertigen Außenraum in Form eines Innenhofs aus. Der Baukörper besitzt seinen Hochpunkt im Nordosten zum bestehenden Parkplatz während die relativ geringe Bauhöhe im Südwesten einen sanften Übergang zu den Wiesen und Feldern ausbildet, heißt es in der Baubeschreibung des mit der Planung beauftragten Pfalzener Architekturbüros Stifter + Bachmann. Darüber hinaus sind die Gebäudeteile zum neuen Parkplatz, be–wusst niedrig gehalten und bilden nach den Worten des Architekturbüros eine Art „Vermittler“ zur dahinterliegenden Silhouette der Kletterhalle, die sich vor dem Hintergrund des Kronplatzes eindrucksvoll und unverwechselbar zur Hauptzufahrt der Schulzone und der Stadteinfahrt von Bruneck präsentiert.
Alle Kletterbereiche wurden gegenüber dem Eingangsniveau auf eine um 3,50 Meter tieferliegende Ebene gelegt. Dadurch konnten die Umkleiden mit Nebenräumen in zentraler und übersichtlicher Position unterhalb des Innenhofs untergebracht werden, erklären Stifter + Bachmann. „Das Projekt besitzt auf der einen Seite zwar eine hohe Wiedererkennung, möchte aber gleichzeitig mit einer gewissen Zurückhaltung und einer starken landschaftlichen Bezugnahme eine gute Integration in den umgebenden Natur- und Landschaftsraum suchen.“ Ein weiteres Architektur-Highlight ist das Messner Mountain Museum Corones auf dem Gipfelplateau des Kronplatzes auf 2275 Metern Höhe, geplant von Zaha Hadid. Im MMM Corones geht es um den traditionellen Alpinismus, der und den Reinhold Messner entscheidend geprägt hat. Hier wird Alpingeschichte erzählt sowie der einmalige Blick auf die großen Wände der Dolomiten und Alpen in die Ausstellung miteinbezogen. Am Rande des schönsten Aussichtsplateaus Südtirols, im unverwechselbaren Museumsbau von Zaha Hadid, geht der Blick in alle vier Himmelsrichtungen über die Landesgrenzen hinaus. Der Kronplatz ist im Winter das erfolgreichste Skigebiet des Landes, im Sommer aber zieht es wenig Touristen hinauf. Um das Plateau auch in der warmen Jahreszeit zu beleben und die Liftanlagen nachhaltiger nutzen zu können, entstand die Idee einer Aussichtsplattform.
Reinhold Messner erfuhr davon und schlug eine kulturelle Aufwertung vor: Einen Ort der Stille, der Entschleunigung. Ein Rückzugs- und Erfahrungsraum als Gegenpol zum vorhandenen „Sporthype“. Ein Museum zum traditionellen Alpinismus, als Krönung (aus dem Ladinischen übersetzt bedeutet Corones „die Krone“) seiner Museumsstruktur. Das Konsortium Skirama Kronplatz willigte nicht nur sofort ein, es gelang ihm als Bauherr auch das Architekturbüro von Zaha Hadid für das Projekt zu gewinnen. Der bekannte Ski- und Wanderberg, der Gipfel der Drachen- und Gleitschirmflieger wird so auch zum Museumsberg. Das erste Gebäude nach parametrischen Maßstäben in Südtirol steht also auf einer Bergspitze. Hadid (2016 verstorben) war für ihre Freiform-Architektur, die auf digitalen Entwurfstechniken beruhte, bekannt. Natur und Umgebung spielten dabei eine entscheidende Rolle, denn die architektonischen Formen scheinen mit den äußeren Gegebenheiten zu verschmelzen. Beton als äußeres und inneres Bekleidungsmaterial wurde deshalb beim MMM Corones gewählt, weil sich kein anderes Material so gut in alle denkbaren Formen gießen lässt. Und es zudem am besten zum Thema Fels passt, sowohl Optik als auch Haptik betreffend. Die Farbigkeit des Betons und das Gebäude selbst – zum Großteil unterirdisch angelegt, um so wenig wie möglich in die Landschaft einzugreifen und eine zusätzliche Verbauung des Gipfels zu vermeiden – fügen sich wie selbstverständlich in die umliegende Gebirgslandschaft ein. Das Museum ist in mehrerén Ebenen angelegt, weshalb mit 1000 Qudratmetern nur eine vergleichsweise geringe Fläche bebaut wurde. Dank der unterirdischen Bauweise kann das Museum im Sommer wie im Winter ein konstantes Temperatur-Niveau halten und wurde als energieeffizientes Klimahaus A zertifiziert.

Hoffen auf Touristen


Finanziert wurde dieser Museumsneubau übrigens nicht, wie man denken könnte, von Messner. Die Baukosten von rund drei Millionen Euro haben die Seilbahngesellschaften und der Kronplatz getragen – mit der großen Hoffnung auf mehr Sommertouristen.
Die Region Kronplatz hat aber nicht nur moderne Architektur zu bieten, sondern auch historische, wie zum Beispiel Schloss Welsperg in Welsberg-Taisten. Das Schloss, das auf einer Felsnase steht, stellt nicht nur eine ungewöhnliche und selten anzutreffende Burganlage dar, die in der Fachsprache auch als „Kernburg“ bezeichnet wird, sondern sie ist auch die älteste des Hochpustertals. Das älteste Element der Burg ist ohne Zweifel der ungewöhnlich hohe Bergfried dessen Bau im Jahre 1126 begonnen und 1140 abgeschlossen wurde. Er diente zur Beobachtung der Umgebung und war zugleich Bollwerk gegen Angreifer vom Berghang her, der die einzige wirklich gefährliche Stelle darstellte. Der Bergfried hat den Grundriss von 7 x 7 Metern und eine Höhe von 34,6 Metern – der Dachstuhl selbst ist 4,6 Meter hoch. Bald darauf entstanden der „Palas“ mit den Wirtschaftsgebäuden und eine romanische Kapelle. Sie sind eng um den Bergfried angelegt, sodass der Eindruck entsteht, er stecke förmlich in den ihn umgebenden Gebäuden drinnen. Den Auftrag zum Bau des Schlosses gaben die Brüder Schwikher und Otto von Welsperg. Die Herren von Welsperg gehörten damals zu den bedeutendsten adeligen Familien Tirols. Durch geschickte Handels- und Verwaltungstätigkeiten sowie auch kluge Heiratspolitik vergrößerten sie ihr Vermögen und auch ihre Bedeutung. So kam es auch, dass 1359 Georg von Welsperg die gegenüberliegende Burg Thurn bei Taisten kaufte. Beide Burgen waren somit im Besitz der Herren von Welsperg. Im 15. und 16. Jahrhundert wurde die ursprüngliche Burg erheblich erweitert und umgebaut. Das Jahr 1765 war für Schloss Welsperg ebenso wie für Burg Thurn das große Schicksalsjahr. Ein Brand zerstörte den Großteil des Palas und des Wirtschaftsgebäudes. So wurde das oberste Stockwerk des Palas abgetragen und der Dachstuhl auf die heutige Höhe herabgesetzt. Von da an blieb die Wehranlage mehr oder weniger ihrem Schicksal überlassen.
Heute, unter Betreuung des Kuratoriums Schloss Welsperg, werden vor allem im Sommer zahlreiche Konzerte, Ausstellungen und Feste auf dem Schloss organisiert. (Friedrich H. Hettler) (Der Pool wird von Stahlstützen, die mit Holz verkleidet sind, getragen; ein Detail der Hotelfassade mit den Lärchen-Baumstämmen und das Hotel Hubertus vom Tal aus gesehen; die Kletterhalle in Bruneck und Schloss Welsperg mit dem hohen Bergfried - Fotos: Friedrich H. Hettler /  Das Messner Mountain Museum Corones - Foto: Kronplatz.com)

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