Bauen

Ulrich Scholz. (Foto: Tobias Hase)

21.08.2023

„Qualifikationskriterien aus technischer Sicht klar definieren“

Kammer-Kolumne zum Thema „Einheitliche Listen in Deutschland sind nötig“

Seit vielen Jahren gelingt es den Freiberuflerkammern aus dem Bauplanungsbereich nicht, der Europäischen Kommission (KOM) die Grundzüge der Qualitätssicherung bei freiberuflichen Planungsleistungen in Deutschland zu vermitteln. Diese steht im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und Sicherheitsanspruch.

Das Planungswesen hat in der historischen Entwicklung des Bauwesens im deutschen Sprachraum eine große Bedeutung.

Durch die ständig steigenden gesetzlichen und normativen Anforderungen an die Technik im Bau, egal ob bei Statik, Abwasser, Lüftung, Heizung, Brandschutz, Elektrotechnik, Energieeffizienz, Boden- , Schadstoffuntersuchungen, Vermessung und auch der Objektplanung steigen die damit verbundenen Kosten in der Summe immer weiter an. Es gibt fast nichts mehr, was am Bau ohne Ingenieur geht.
Infolge der in den letzten Jahrzehnten explodierenden mathematischen Rechenleistungen können immer mehr reale physikalische Prozesse mathematisch abstrahiert und gelöst werden.

Das Vier-Augen-Prinzip in der Überprüfung der aufgestellten Berechnungen zur Erhöhung der Sicherheit hat sich bewährt und dient international als Vorbild. Beim Vier-Augen-Prinzip prüft ein Prüfingenieur, ein Ingenieur mit einer besonderen Sachkunde und Berufserfahrung, die durch die planenden Ingenieure erstellten Berechnungen und Pläne. Gerade in sicherheitsrelevanten Bereichen des Ingenieurwesens wie dem Brandschutz oder der Standsicherheit soll so das Risiko für den Nutzer und den Bauherrn minimiert werden.

Bei einfachen Aufgaben und überschaubarem Risiko bezüglich der Nutzer ist das Vier-Augen-Prinzip aber aus wirtschaftlichen Gründen nicht darstellbar. Daher wurden von den Berufsvertretern Abgrenzungen vorgenommen, wann das Vier-Augen Prinzip zwingend erforderlich und wann verzichtbar ist. Diese Abgrenzung betrifft auf der einen Seite die Bauaufgaben, zum anderen aber auch die Anforderungen an die Qualifikation der Berechnungsersteller. Hierbei geht es um die nachgewiesene Erfahrung im Umgang mit den vorbeschriebenen leichteren Bauaufgaben.

Die Auslegung
ist unterschiedlich

Die Musterbauordnung soll die Einordnung der Aufgaben erleichtern und die Anforderungen an die Fachkräfte definieren. Doch in den 16 Bundesländern werden in der Musterbauordnung enthaltene Bezeichnungen wie „besonders erfahren“ sehr unterschiedlich ausgelegt.

Diese Heterogenität macht es für eine außenstehende Behörde wie die Kommission im fernen Brüssel schwer nachvollziehbar, weshalb es in Deutschland 16 verschiedene Regelungen gibt und die Verwechselungsgefahr mit einem verdeckten Protektionismus ist hoch.

Insbesondere fällt negativ auf, dass Ingenieure, die in einem Bundesland in einer Fachliste einer Ingenieurkammer geführt werden, teilweise in anderen Bundesländern nicht anerkannt werden beziehungsweise es dort eine derartige Liste nicht gibt.

Hier setzt der Gedankengang der Bundesingenieurkammer (BIngK) als dem zentralen Sachverstand der Ingenieure am Bau an. Nach Überlegung der BIngK ist es sinnvoll, einen gemeinsamen Vorschlag aus Sicht der Ingenieure zu unterbreiten, der Qualifikationskriterien aus technischer Sicht klar definiert.

Der gemeinsame Vorschlag der deutschen Ingenieure am Bau soll dann der ARGE Bauministerkonferenz vorgestellt werden. Damit einher geht ein Vorschlag für eine Verschlankung der Landesbauordnungen, welche die Tätigkeit der Ingenieure über Bundesländergrenzen hinweg erleichtern würde.

Essentieller Bestandteil dabei ist die Forderung nach einer uneingeschränkten Anerkennung der einzelnen listengeführten Ingenieure in allen Bundesländern sowie die Mitgliedschaft in einer Länderingenieurkammer. Dies würde zu einer Erleichterung der Berufsausübung der Ingenieure führen, zu einer Verschlankung der Prozesse und damit letztlich zum Bürokratieabbau. Mit diesem Vorstoß geht auch das Signal an Brüssel, die sehr heterogenen Strukturen im deutschen Planungswesen vereinheitlichen zu wollen. 
 

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