Bauen

Das lebendige Stadtbild mit unterschiedlichen prachtvollen Fachwerk- und Renaissancehäusern. (Foto: Neumann)

20.08.2010

Reich verzierte Bürgerhäuser

Hameln - Stadt der Weserrenaissance

Wer Hameln auf der Landkarte sucht, findet dieses Städtchen mitten im Naturpark Weserbergland. Drumherum viel Grün, wie zum Beispiel der Teutoburger Wald, Bad Pyrmont ist nicht weit, Detmold liegt auch in der Nähe und Hannover ist die nächste größere Stadt. Wer Hameln einmal besucht hat, ist mehr als angenehm überrascht von dieser wunderschönen alten Stadt: Sie ist ein wahres Schmuckstück. Reich verzierte Bürgerhäuser spiegeln die Zeit der Weserrenaissance wider.
Die Stadt wurde als Marktsiedlung um 1200 erstmals urkundlich erwähnt. Im 16. Jahrhundert – Hameln gehörte mittlerweile auch der Hanse an – erfolgte ein wirtschaftlicher Aufstieg, der sich in den prächtigen Bauten der Weserrenaissance widerspiegelt. Diese Bezeichnung kannte damals noch niemand. Erst 1912 wurde dieser Begriff von dem Kunsthistoriker Richard Klapheck geprägt.
Bezeichnend für die rege Bautätigkeit im Weserbergland war ein „anderes“ Wohnverhalten. Die Fürsten und Grafen wollten statt in einer rustikalen, mittelalterlichen Burg in einem feinen Schloss residieren – zu sehen in Celle, Detmold und Bückeburg. Die Hämelschenburg, vor den Toren Hamelns gelegen, ist ein Musterbeispiel für diese Zeit. Sie gilt als eine der wenigen vollständig erhaltenen Schlossanlagen der Weserrenaissance.

Woher die
Sage kommt

Die bürgerlichen Bauherrn übernahmen gerne die höfischen Stilrichtungen und setzten diese in Hameln um. So entstanden dort im 16. und 17. Jahrhundert prächtige Bürgerhäuser mit großen Dielentoren, traufseitigen Giebeln oder Standerkern, die auch Utluchten genannt wurden. An Hamelns Hauptstraßen, wie zum Beispiel an der Osterstraße und am Pferdemarkt, ist im Laufe von Jahrzehnten ein historisch geschlossenes und dazu auch lebendiges Stadtbild mit unterschiedlichen prachtvollen Fachwerk- und Renaissancehäusern gebaut worden. Eines davon ist das Stiftsherrenhaus. Es stammt aus dem Jahr 1558 und hat an den Fachwerkkonsolen reichen Figurenschmuck. Dieses Gebäude gehört mit zu den wenigen Häusern, die nicht den Giebel zur Straßenseite haben, sondern traufseitig stehen. Ganz anders dagegen schaut das Rattenfängerhaus aus: Es besitzt einen reich verzierten Renaissancegiebel und hat eine gut gegliederte Erkerfassade. Sehenswert ist auch das Dempter Haus, von Bürgermeister Tobias von Dempter erbaut. Es hat in seinen unteren Etagen die bereits erwähnte charakteristische Utlucht. Darüber breitet sich prachtvolles reich verziertes Fachwerk mit Renaissanceschmuck aus.
Das Leist Haus ist wieder anders gebaut worden: Es besticht durch seine feinen Renaissanceformen, seinen Relieffries der sieben Tugenden und mit Lukretia im Erkergiebel. Hier ist das Heimatmuseum untergebracht. Ein besonderes Highlight von Hameln ist das Hochzeitshaus. Es fällt dem Besucher sofort ins Auge. Das reich verzierte Fest- und Feierhaus der Stadt wurde im Stil der Weserrenaissance von 1610 bis 1617 gebaut. Jeweils um 13 Uhr und um 17.30 Uhr gibt es vom Turm Glockengeläut. Zum Rattenfänger- und Weserlied werden figürlich Szenen der Rattenfängersage nachgespielt.
Der historische Kern der Sage lässt sich nicht mehr genau ermitteln. Am wahrscheinlichsten gilt aber die Deutung, die auf der von Niederdeutschland ausgehenden Ostkolonisation beruht. Die Kinder von Hameln dürften junge Bürger gewesen sein, die von adligen Territorialherren zur Siedlung im Osten angeworben wurden. Die Rattenfängersage will nur den Verlust einer fast ganzen Generation, die wegen mangelnder Arbeit ihre Heimat verließen, „vertuschen“. Die Gebrüder Grimm ließen sich von diesem Ereignis inspirieren und schrieben das Märchen Der Rattenfänger von Hameln.

Noch zwei von
22 Türmen sind erhalten

Ganz in der Nähe des Rattenfängerhauses befindet sich auch die alte Stadtmauer. Von dieser Stadtbefestigung sind noch zwei von ehemals 22 Mauertürmen, der Haspelmathturm und der Pulverturm, erhalten. Der Hamelner Tierarzt Friedrich Haspelmath kaufte diesen Turm, ließ ihn renovieren, um dort seine auf vielen Reisen in die Mittelmeerregion und den Orient zusammengetragenen Sammlungen auszustellen. Der Haspelmathturm war somit das erste private Museum in Hameln.
In Hameln stehen auch einige Gotteshäuser: Die evangelische Münsterkirche St. Bonifatius ist eine dreischiffige, gotische Hallenkirche mit achteckigem Vierungsturm und romanischer Krypta. Vor dem 12. Jahrhundert wurde die heute ebenfalls evangelische Marktkirche St. Nikolai erbaut. Während des Zweiten Weltkriegs fast völlig zerstört, wurde sie wieder aufgebaut. Dabei konnten die romanischen und gotischen Teile wieder verwendet werden. (Sabine Neumann)

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