Oft entscheiden sich Bauherren und -träger für den Abriss einer Bestandsimmobilien und den Ersatzneubau, was manches Mal sinnvoll sein kann, immer jedoch mehr Emissionen verursacht als die Sanierung.
Bei den Mengen an Auflagen und Verordnungen für eine moderne energetische und brandschutztechnische Sanierung, welche die meisten Bauverantwortlichen scheuen, gerät leider meistens die Betrachtung des Lebenszyklus eines Gebäudes außer Acht, da dessen Betrachtung noch nicht gesetzlich gefordert ist.
Dieser erfasst im Gegensatz beispielsweise zur EnEV, nicht nur die Emissionen während der Nutzung eines Gebäudes, sondern auch jene, die bei der Herstellung und der Entsorgung der verwendeten Baustoffe emittiert werden. Gerade dieser Anteil ist gravierend, beachtet man, dass bei der Herstellung eines Kubikmeter Beton vier Tonnen CO2 anfallen – so viel wie 4000 Bäume am Tag aufnehmen und in Kohlenstoff sowie Sauerstoff umsetzen.
Auch bei der Betonentsorgung entstehen immense Emissionen. Ein Bruchteil davon kann durch das Recycling abgefangen werden, allerdings sorgen die benötigten Zuschlagstoffe dafür, dass die CO2-Einsparungen sehr gering ausfallen. Daher ist es nur logisch, dass sich seit Jahren der Trend hin zur Bestandssanierung entwickelt. Dieses Vorgehen spart Ressourcen und kann auch aktiv zum Klimaschutz beitragen, sofern die notwendigen Maßnahmen mit Holzbauelementen durchgeführt werden.
Eine neue Fassade zum Beispiel aus vorgefertigten Holzbauelementen kann an eine bestehende Stahlbetonkonstruktion montiert werden. Das erübrigt den aufwendigen Rückbau des gesamten tragenden Skeletts des Gebäudes, bei gleichzeitig hohem Gewinn an Dämm-, Schallschutzeigenschaften, reduziert die Emissionen und schont die Ressourcen.
Ein eindrucksvolles Beispiel für dieses Vorgehen ist aktuell die Sanierung der Freré-Roger-Schule in Augsburg. Die Schule benötigte dringend eine energetische und brandschutztechnische Sanierung, ein Teil des Gebäudes wurde sogar gänzlich entkernt und erhält ein neues Treppenhaus. Zeitgleich geht der Neubau einer Sporthalle von statten.
Großformatige Elemente
Die energetische Ertüchtigung erfolgt durch eine vorgehängte, selbsttragende Holzfassade aus vorgefertigten Elementen – der sogenannten TES EnergyFacade. Die Entwicklung dieser Technologie entstand durch die engagierte internationale Zusammenarbeit von technischen Universitäten und Praxispartnern und wurde 2011 mit dem deutschen Holzbaupreis sowie dem Schweighofer Innovationspreis ausgezeichnet.
Die großformatigen Elemente werden inklusive Fenster, Haustechnik und solaraktiven Komponenten auf Basis eines digitalen Aufmaßes im Werk vorgefertigt, auf die Baustelle angeliefert und als selbstragende Fassadenkonstruktion passgenau vor die alte Tragestruktur montiert.
Die Fassadenelemente der Freré-Roger-Schule sind natürlich aus Holz, jedes einzelne etwa 30 Quadratmeter groß. Verbaut wurden 2101 Quadratmeter der TES EnergyFacade Elemente, damit bindet allein die neue Fassade des Gebäudes 107 Tonnen CO2. Zudem weisen die verbauten Fassadenelemente eine lange Lebensdauer bei einem gleichzeitig geringem Instandhaltungsaufwand auf und stellen damit eine deutlich wirtschaftlichere Sanierungslösung als herkömmliche Dämmmaßnahmen dar.
Die Schülerinnen und Schüler der Augsburger Schule sind während der Sanierungsarbeiten, vor allem aufgrund der Kernsanierung des Westflügels, in das ehemalige Berufsschulzentrum Neusäß umgezogen. Eine Fassadensanierung mittels vorgefertigter Elemente ist aber durchaus auch während des laufenden Betriebs möglich, wie bereits bei anderen Projekten – zum Beispiel der Mittelschule in Gundelfingen oder dem Landratsamt Dillingen unter Beweis gestellt wurde.
Abriss und Neubau der Bestandsimmobilien, wenn auch nur in Teilen, hätte wesentlich mehr Zeit, finanzielle Mittel und Ressourcen in Anspruch genommen sowie eine wesentliche schlechtere CO2-Bilanz hervorgebracht als die Sanierung mit vorgefertigten Holzfassadenelementen. Die saubere und schnelle Montage vor Ort ist lediglich ein weiterer Vorteil dieser Sanierungsmethode.
Dämmwerte im Passivhausstandard sind ohne weiteres zu erreichen, brandschutztechnische Anforderungen werden ohne Probleme mit der Standardbauweise bis Gebäudeklasse 5 erfüllt.
Das Forschungsprojekt 4RinEU widmet sich genau diesem Konzept der Tiefensanierung bestehender Gebäude zwecks Ressourcenschonung. Weitergehend werden hier Instrumente und Strategien zur energie- und kosteneffizienten Renovierung sowie zur Förderung und Nutzung erneuerbarer Energien entwickelt.
Um die Klimaziele zu schaffen, muss eine Trendwende im Bausektor her. Diese Erkenntnis ist nicht neu, muss jedoch neu gedacht werden. Wenn schon Flächen versiegeln, dann wenigstens mit einem Baustoff, der während seiner Herstellung – dem Wachstum – CO2 bindet anstatt zu emittieren. Mehr Sanierung im Bestand mit Holzbauelementen. Auch innerstädtische Nachverdichtung und Aufstockungen sind in Holzbauweise keine große Herausforderung mehr.
Eine gesetzlich verpflichtende Lebenszyklusbetrachtung ist zwingend erforderlich und würde den Weg dahin deutlich beschleunigen. (BSZ)
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