Bauen

Der Kreisverkehr Kleinheubach im Oktober 2021. (Foto: Nürnberg Luftbild, Hajo Dietz)

18.03.2022

Schwierige bauliche Umsetzung

Umbau der Anschlussstelle Kleinheubach zu einem zweistreifigen Kreisverkehrsplatz mit Underfly

Mit der offiziellen Verkehrsfreigabe am 29. Juni 2021 wurde ein Mammutprojekt am Bayerischen Untermain fertiggestellt, welches in den letzten Jahren in der Region seinesgleichen gesucht hat. Zum offiziellen Pressetermin wurden der Pandemie wegen nur die lokalen politischen Vertreter geladen, um gemeinsam feierlich dieses rund 22,5 Millionen Euro Infrastrukturprojekt unter Verkehr zu nehmen. Die Projektkosten haben sich Bund und Land in etwa hälftig geteilt. Zugleich setzt dieses Projekt den Schlussstein für die von 2005 bis 2008 erbaute St 2309 Ortsumgehung Miltenberg, welche damals das erste in Bayern umgesetzte ÖPP-Projekt darstellte.

Wie bei jedem anderen größeren Straßenbauprojekt ging der Bauphase eine lange Planungsphase voraus, welche schlussendlich mit dem Planfeststellungsbeschluss Anfang 2017 abgeschlossen wurde. Der zentral im Landkreis Miltenberg gelegene ursprünglich teilplanfreie Knotenpunkt, an dem die Straßenachsen Aschaffenburg – Miltenberg sowie Walldürn – Wertheim zusammentreffen, sollte demnach durch einen zweistreifigen fünfarmigen Kreisverkehr von 105 Metern Durchmesser mit Underfly ersetzt werden.
Knotenpunkt wurde leistungsfähig gemacht

Ziel war es einerseits die Verkehrssicherheit zu erhöhen, andererseits sollte der hochbelastete Knotenpunkt leistungsfähig gemacht werden. An diesem Punkt treffen vier starke Verkehrsströme von etwa 8000 bis 22.000 Fahrzeugen am Tag aufeinander, die sich entsprechend verflechten und verteilen müssen. Besonders wichtig ist hierbei die B 469, die den Landkreis Miltenberg mit der A 3 und dem Raum Frankfurt am Main verbindet.

Neben den verkehrs- und straßenbaulichen Planungsaspekten waren auch sehr viele konstruktive Planungsaufgaben zu bewältigen. So wurde unmittelbar nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses schon 2017 mit dem Ersatzneubau eines Brückenbauwerks begonnen. Insgesamt wurden im Zuge des Bauvorhabens vier Brücken abgerissen und sieben Brücken neu gebaut. Eine Brücke war lediglich als provisorische bauzeitliche Umfahrung erforderlich.

Zusätzlich zu den beiden Brücken in der oben liegenden Kreisfahrbahn waren für den Underfly der Fahrbeziehung Amorbach – Ortsumgehung Miltenberg vier längere Stützbauwerke notwendig, die als Auf- beziehungsweise Abfahrtsrampen dienen. Die Stützwände wurden als ein System aus bewehrter Erde mit vorgesetzten Fertigbetonstapelsteinen hergestellt.
Integration von drei Radwegeunterführungen

Dieses Bausystem und die besonderen Baustellenrandbedingungen stellten die Baufirma sowie den Hersteller vor besondere Herausforderungen. Bei der Planung der Bauwerke wurde das Bauwerksgestaltungskonzept der Ortsumgehung Miltenberg weitergeführt.

Von besonderer Bedeutung war ebenso die Neuordnung des örtlichen Geh- und Radwegenetzes, was den Kommunen ein besonderes Anliegen war. Im Planungsumfang wurden deshalb ebenso drei Radwegeunterführungen integriert, welche zum Teil nicht im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit der Baumaßnahme standen.

Die Umsetzung der Maßnahme gestaltete sich insgesamt kompliziert. Das Baufeld befand sich teilweise in der Wasserschutzgebietszone III. Ferner lag der Knotenpunkt zwar straßenrechtlich auf freier Strecke, war allerdings inzwischen durch die bauliche Entwicklung im unmittelbaren Umfeld sehr beengt, von vielen Versorgungsleitungen gequert und umgeben von Industrie- und Gewerbebetrieben verkehrlich hochbelastet. Da keine adäquaten Umleitungsstrecken zur Verfügung standen, mussten vor Ort jederzeit alle Fahrbeziehungen ermöglicht werden.

Für die Bauausführung entschied man sich deshalb für insgesamt fünf Bau- beziehungsweise Verkehrsphasen. Für das Bauvorhaben wurden neben einer ortsfesten Wegweisung zwei Vorwarnanhänger mit Brennstoffzellen zur flexiblen Anpassung der Verkehrsführung und zur Information der Verkehrsteilnehmer beschafft und mit Erfolg eingesetzt.

Um überhaupt den Knotenpunkt bauen zu können und das erforderliche Baufeld freizulegen, musste eine provisorische Umfahrung hergestellt werden. Während des Baues der provisorischen Umfahrung wurde 2018 das Verkehrsgutachten fortgeschrieben. Wegen der rasanten bau- und verkehrlichen Entwicklung bestanden begründete Zweifel, ob die der Planung zugrundeliegende Verkehrsprognose die tatsächliche Entwicklung abbilde.

Das neue Gutachten zeigte, dass bereits im Jahr 2018 die Verkehrszahlen erreicht wurden, welche im Ursprungsgutachten für das Jahr 2025 prognostiziert waren. Die neue Verkehrsprognose auf das Jahr 2035 zeigte einige Defizite, die jedoch mit geringem baulichen Aufwand behoben werden konnten. So wurde zum Beispiel am Übergang von der B 469 zur Kreisfahrbahn ein Bypass sowie auf dem Straßenast aus Miltenberg eine zweite Aufstellspur an der Kreisverkehrseinfahrt ergänzt.

Insgesamt wurden bei der Maßnahme ungefähr 120 000 Kubikmeter Boden bewegt, 23 500 Tonnen Asphalt eingebaut, 5500 Kubikmeter Beton vergossen und 700 Tonnen Stahl verflochten. Zwei besondere Höhepunkte der Maßnahme waren das Einheben und der Abbruch von Brücken. Zum einen wurde das 136 Tonnen schwere vorgefertigte Unterführungsbauwerk unter die Bahnstrecke Aschaffenburg – Miltenberg an zwei mobilen Kränen in einer Sperrpause von lediglich 54 Stunden in seine neue Lage eingehoben.

Zum anderen wurde eine Brücke im Zuge der ehemaligen Kreisstraße MIL 4 in einer kurzen Sperrphase der B 469 abgebrochen. Des Weiteren wurde auch das Umlegen des Verkehrs zu Beginn einer jeden neuen Bauphase aufgrund der Komplexität mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt. Bei den Bauarbeiten kam es im Sommer 2018 leider auch zu einem tragischen tödlichen Arbeitsunfall.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass durch die provisorische Umfahrung und die optimale Ausnutzung des zur Verfügung stehenden Baufelds der Bauablauf und der Verkehrsfluss zügig und ohne größere Störungen abgewickelt werden konnte. Im Bauablauf stellte sich der erstmalige Einsatz von mit Geogittern rückverankerten Stapelsteinen als Stützwände am Staatlichen Bauamt wegen der bestehenden Fertigungstoleranzen anspruchsvoller heraus, als geplant. Letztlich wurden alle aufgetretenen Herausforderungen erfolgreich bewältigt und der neue leistungsfähige und verkehrssichere Knotenpunkt fertiggestellt. (Klaus Schwab)

 

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Soll die Mehrwertsteuer in der Gastronomie gesenkt werden?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
X
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.