Bauen

Titelseite zur Eröffnung der Arbeitsschlacht vom 22. März 1934. (Foto: BSZ)

25.05.2012

Spektakel, Siedlungen und Straßen

100 Jahre BSZ: Die Bauberichterstattung in der Bayerischen Staatszeitung von 1933 bis 1934

Am Ende waren es nicht einmal eineinhalb Jahre, in denen die Bayerische Staatszeitung (BSZ) unter nationalsozialistischer Herrschaft erscheinen konnte, rechnet man die Zeit von der Machtübernahme im März 1933 bis zur Einstellung der BSZ im Juni 1934. Als politisches Sprachrohr der Bayerischen Staatsregierung musste die Bayerische Staatszeitung im Frühjahr 1933 auf die Linie der NSDAP umschwenken. Dies ließ sich auch an der Bauberichterstattung ablesen. Längere Baubeiträge gab es nun vor allem zu den Bauten, die mit der Parteiideologie konform gingen. Und der Kult, den die braunen Herren um die Bauten herum inszenierten, wurde ebenfalls zum Gegenstand der Berichterstattung. Nicht zuletzt wurde auch ein nationalsozialistischer Sprachstil unverkennbar.
Ein monumentales Bauvorhaben jener Tage war das „Haus der (Deutschen) Kunst“. Seit dem Brand des Glaspalasts Anfang Juni 1931 gab es Planungen für den Neubau eines Kunstausstellungsgebäudes in München. Nach der Machtübernahme beauftragte der Führer, Adolf Hitler, Paul Ludwig Troost, einen Entwurf für ein solches Gebäude zu erstellen. Troost, früher vor allem als Innenarchitekt von Luxusdampfern aufgefallen, hatte für Hitler zuvor das „Braune Haus“ in der Brienner Straße umgebaut und war seither sein enger Vertrauter.
Der 15. Oktober 1933, der Tag der Grundsteinlegung für das neue Bauwerk, das zum „Sinnbild der deutschen Kunst und Heim des deutschen Künstlers“ werden sollte, wurde von Hitler zum „Tag der Deutschen Kunst“ ausgerufen. Am Vortag prangte auf Seite 1 der Staatszeitung die monumentale Ansicht des Hauses, und alle Details der geplanten Feierlichkeiten wurden bekanntgegeben. Daneben konnte sich der Architekt zu seinem Entwurf äußern.
Nach der Zeit der „modernen Sachlichkeit“ sollten nun, so Troost, wieder Bauten erstehen, die „aus der Seele des Volkes empfunden“ sind. Und „der Rhythmus der Gesamtanlage mit den langen Kolonnaden auf der Nord- und Südseite, edle Proportionen und gediegenes Material“ sollten dem Bau „den Charakter eines Tempels der Kunst geben, in dem das Volk Erholung sucht und findet“.
Als Troost im Januar 1934 überraschend starb, ordnete Hitler für ihn ein Staatsbegräbnis an, über das die BSZ sogar mit Bildern berichtete. Hitler hatte Troost noch 1933 mit der Aufgabe betraut, den Königsplatz als „Forum der Bewegung“ umzugestalten sowie den Führerbau beziehungsweise ein Haus für die Parteiverwaltung der NSDAP zu erstellen. Als diese Pläne, die „in enger Fühlung mit dem Führer“ entstanden waren, nach Troosts Tod erstmalig der Öffentlichkeit vorgestellt wurden, schrieb die Staatszeitung, der Königsplatz solle in seiner Ausgestaltung „der architektonische und zugleich symbolhaft sinnvolle Rahmen werden für die großen Kundgebungen der durch den Geist des Führers zum bewussten Volk gewordenen Deutschen“ (18./19. März 1934).

Der Arbeitsschlacht ausführlich gewidmet


Zu den weiteren Bauvorhaben in München, mit denen sich die BSZ damals befasste, gehörten außerdem der Umbau des großen Senderaums im Rundfunk und der Neubau des Prinzregenten-Stadions. Gegenstand der Berichte waren aber auch die geplanten Olympiabauten in Berlin oder die Umbauten im dortigen Regierungsviertel. Auch die NS-Siedlungspolitik fand in der Staatszeitung ihren Niederschlag.
Für den Sommer 1934 war in München eine Siedlungsausstellung geplant, über die im Vorfeld immer wieder Beiträge erschienen. Neben einer Hallenausstellung, die unter dem Grundsatz des „angenehmsten Wohnens“ stehen sollte, wurde nach dem städtebaulichen Konzept von Guido Harbers in Ramersdorf eine Mustersiedlung errichtet, bestehend aus 200 Einfamilienhäusern für verschiedene Wohnbedürfnisse und Einkommensgruppen.
Vom NS-Regime gefördert waren auch Kleinsiedlungen, mit denen sich die BSZ ebenfalls befasste. Die Eigenheime, wie sie am Hart, an der Zamdorfer Straße und anderswo entstanden, sollten für Mittellose erschwinglich sein und durch die Möglichkeit zu Gartenbau und Kleintierhaltung den Lebensunterhalt erleichtern. Überhaupt wurde dem Garten von den Nationalsozialisten eine besondere Rolle zugedacht, als „Nährboden“ für Obst und Gemüse und als eine „Kraft durch Freude“.
Im Fokus stand damals wegen des zunehmenden Kraftverkehrs auch der Straßenbau. So wurde beispielsweise in München der Ausbau der Donnersberger Brücke, bis dahin eine „Verkehrsabschnürung und Falle schlimmster Art“, angegangen. Anlässlich des Baubeginns brachte die Staatszeitung am 7. November 1933 einen längeren Beitrag und vergaß dabei nicht zu erwähnen, dass der erste Spatenstich „mit dem ganzen Geschick und der frischfröhlichen, volkstümlichen und öffentlichen Art, wie man sie von allen solchen Veranstaltungen der neuen Zeit gewohnt war“, erfolgt sei. Einige Tage später fand die Verkehrsübergabe der verbreiterten Schwanthalerstraße statt, „mit einer schlichten, aber wieder sehr hübschen und sinnvollen Feier“ (16. November 1933).
Am 1. Mai 1933 hatte Hitler in seiner Rede vom Riesenprogramm „unseres Straßenneubaues“ gesprochen, seitdem war der Ausbau der Autobahnen im Visier der Machthaber. In besonderer Ausführlichkeit widmete sich die BSZ der Eröffnung der so genannten Arbeitsschlacht, in deren Verlauf die Arbeitslosigkeit „auf dem gesamten Frontabschnitt der Wirtschaft“ bekämpft werden sollte. Am „Mobilmachungsbefehl“ am 22. März 1934 in Unterhaching, der an der im Dezember 1933 eröffneten Baustelle der Autobahn München-Salzburg stattfand, nahm Hitler persönlich teil, und die Staatszeitung berichtete von der Veranstaltung.
Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen bezogen sich aber nicht nur auf den Straßenbau. Unter dem Motto „Arbeitsschlacht“ standen auch Wasserbaumaßnahmen. Am 25./26. März 1934 erschien beispielsweise ein Beitrag des Straßen- und Flussbauamts Kronach. Rund tausend vorher Erwerbslose hätten „den Weg zum Arbeitsamt mit dem schöneren Weg zur gesunden Arbeit auf den Baustellen vertauscht“ und wären nun im Frankenwald tätig, den Bächen und Flüssen neue Wege zu geben beziehungsweise deren Ufer zu befestigen.
Wir wissen, wohin der Weg ein paar Jahre später geführt hat. Für die Bayerische Staatszeitung kam – trotz aller Bemühungen um Linientreue – am 30. Juni 1934 das „Aus“ und der Völkische Beobachter, die Parteizeitung der NSDAP, übernahm ihre Funktion. (Petra Raschke) (23. März 1934 - Foto mit Hitler zur Eröffnung der Arbeitsschlacht - Foto: BSZ)

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