Bauen

Drucke von Tiepolo schmücken die Sitzinseln. (Foto: Staatliches Bauamt Würzburg)

18.02.2011

Zu Gast beim Fürstbischof

Die Würzburger Residenzgaststätten wurden wiedereröffnet

Endlich wieder freier Blick auf Residenz und Hofgarten. Nach nur 15 Monaten Bauzeit und Investitionen von 2,7 Millionen Euro fiel der Bauzaun und die Residenzgaststätten erstrahlen in neuem Glanz. Am 20. Januar war es soweit. Zur feierlichen Wiedereröffnung der Würzburger Residenzgaststätten fand die Schlüsselübergabe des Staatlichen Bauamts Würzburg an den Bauherrn, Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon, und in Folge an die neuen Pächter statt.
Die Würzburger Residenz wird vor allem mit der wegweisenden Architekturkomposition Balthasar Neumanns, den berühmten Fresken Giovanni Battista Tiepolos, den einzigartigen Stukkaturen Antonio Bossis und den künstlerisch wertvollen Ausstattungen einer großen Schar bedeutender Barockkünstler in Verbindung gebracht und wurde deshalb 1981 als eines der ersten deutschen Baudenkmäler in die Liste der UNESCO-Weltkulturerbestätten aufgenommen.
Darüber hinaus beherbergt die Residenz das Martin-von-Wagner-Museum mit seinen international bedeutenden Sammlungen: der Antikensammlung, der Gemäldegalerie und der Grafischen Sammlung, die riesigen Kellergewölbe des historischen Weinkellers, die noch heute vom Staatlichen Hofkeller genutzt werden, um wie vor 250 Jahren den berühmten Frankenwein zu keltern.
Dass die Würzburger Fürstbischöfe nicht nur den guten Frankenwein sehr schätzten sondern auch gerne gut und ausgiebig in Gesellschaft speisten, dürfte ebenso bekannt sein. Das führt von der barocken Bau- und Ausstattungskultur über die Weinkultur hin zur Esskultur in der Residenz. Das ist Auftrag und Ansporn, den Besuchern der Residenz nicht nur geistige sondern auch kulinarische Genüsse zu bieten. Schon 1744 ist von einem symmetrisch zum Rosenbach´schen Hof anzulegenden Bau die Rede, doch erst 1760 wird die endgültige Lösung gefunden, als der Gedanke des großen Wirtschaftsgebäudes aufgegeben wurde.
Mit der Genehmigung des vom Hofbauamtmann Johann Phillip Geigel vorgelegten Entwurfs für die Ausgestaltung des Residenzplatzes und des noch fehlenden südlichen Flügelbaus entschließt sich Fürstbischof Graf Adam Friedrich von Seinsheim 1765 das Bauwesen der Residenz „zur Zierde und Ansehen der Stadt Würzburg fortzusetzen“. Der 1765 begonnene und um 1770 vollendete so genannte Gesandtenbau an der Südseite des Platzes, der heute die Residenzgaststätten beherbergt, ist als getreue Kopie des rund 65 Jahre älteren Rosenbach´schen Hofes an der Nordseite ausgebildet.

Verheerender Luftangriff


Am 16. März 1945 jedoch wurde auch der Gesandtenbau durch den verheerenden Luftangriff schwer getroffen: Nur die Außenmauern blieben erhalten. Anfang der 1950er Jahre, als die großen Säle in der Residenz bereits wieder hergestellt waren, wurde zunächst im noch intakten Nordflügel am Ehrenhof provisorisch eine kleine Weinstube eingebaut. Seit dem Wiederaufbau 1958 bis 1963 wird der Gesandtenbau als Residenzgaststätte genutzt.
Seitdem erfolgten im Rahmen des Bauunterhalts nur geringfügige Instandsetzungen. Eine umfassende Sanierung von Küche und Gasträumen, vor allem der Haustechnik, war nach fast 50 Jahren Nutzung dringend notwendig. Vor allem aber waren die kleinteilige Raumaufteilung und die 1960er Jahre Anmutung der Gaststätte mittlerweile doch angestaubt. Eine zeitgemäße, einladende neue Gestaltung, die dem Anspruch an eine hochrangige Weltkulturerbestätte genügt, war deshalb geboten.
Aber in Zeiten knapper Kassen machte erst das Zukunftsinvestitionsgesetz des Bundes eine Generalsanierung möglich. Von den etwa 2,7 Millionen Euro Gesamtkosten übernahm der Bund im Rahmen der Förderung der touristischen Infrastruktur rund 1,9 Millionen Euro. Im April 2009 wurde der Bauauftrag für die Sanierung der Residenzgaststätte erteilt.
Unter der Projektleitung des Staatlichen Bauamts Würzburg entstanden in der kurzen Bauzeit von nur 15 Monaten ein einladender, offener und zugleich barrierefreier Eingangsbereich mit Durchblick vom Residenzplatz in den Hofgarten sowie großzügige, flexible Gasträume, die reizvolle neue Blickbeziehungen auf Residenz und Hofgarten jetzt möglich machen. Die Qualität der umgebenden Architektur wird im Innenraum erlebbar und spiegelt sich in der Qualität der Raumaufteilung und Ausstattung wieder.
Der offene Grundriss lässt eine räumliche Zonierung mit transluzenten Glasschiebeelementen zu. Drei unterschiedlich große Gasträume bieten so, getrennt oder zusammengeschlossen rund 180 Gästen Platz. Als Schnittstelle zwischen den einzelnen Gastronomiebereichen sind Thekenanlagen mit einem dazwischen liegenden Funktionsblock angeordnet.
Um die offene flexible Raumstruktur zu ermöglichen mussten im Ostflügel alle Innenwände herausgebrochen und soweit statisch erforderlich durch ein Stahlträgerstützensystem ersetzt werden. Dies war durch die klare Tragwerksstruktur der in der Nachkriegszeit eingezogenen Stahlbetonrippendecken unproblematisch möglich. Diese mussten jedoch durch einen Spritzputz brandschutztechnisch ertüchtigt werden.
Das Material- und Farbkonzept der Residenzgaststätten spielt mit Stilelementen der Innengestaltung der barocken Residenz Würzburg. Unterschiedliche Raumgestaltung sowie starke Kontraste zwischen Gold, Farbigkeit, großflächigen Fresken und gläsernen Lüstern stellen einen gestalterischen Bezug zur Residenz her. Tiepolo ist auch in den Residenzgaststätten präsent: Details seines Werks schmücken als hochwertige Drucke Sitzinseln in der weiß gestalteten Tagesgastronomie, die Wand im Treppenaufgang und die Rückseite in der dunkelblau gestalteten Abendgastronomie des Restaurants. Die von Besuchern der Residenz erlebten Raumbilder werden so mit den kulinarischen Genüssen der Residenzgaststätte in Verbindung gebracht. Deckenintegrierte Beleuchtung inszeniert jeden einzelnen Tisch, Ausschnitte von Fresken von Tiepolo und die abgehängten Lüster aus Muranoglas.
Die Küche wurde technisch und funktionell modernisiert, sie gliedert sich in die Funktionsbereiche klimatisierte Patisserie, Finish-Bereich für die Bankettversorgung mit Zugang zum Aufzug in das Obergeschoss, Office (Kellnerbereich) mit Speisenübergabe (Pass), Kalte Küche mit Salatposten, Warme Küche mit Produktionsbereich. Ausgestattet mit Induktionstechnik, Multifunktions-Gargeräten, Heißluftdämpfer und Schockkühltechnik, Geschirrspüle mit Bandspülanlage und Gläser-Durchschubspülmaschine. Die küchentechnische Einrichtung ist über zwei Ebenen verteilt. Im Untergeschoss sind notwendige Lagerflächen gekühlt und ungekühlt, ein Vorbereitungsbereich für die Gemüsevorbereitung und das Anrichten der fertigen Speisen für das Bankettsystem sowie der kompletten zentralen Kleinkälteanlage und der Schanktechnik.
Ebenfalls erneuert wurde die haustechnische Infrastruktur. Die Stromversorgung wurde auf 300 A erhöht, neue Verteilungen errichtet und die Installationen unter Putz gelegt. Die für den heutigen Gastronomiebereich notwendige Medientechnik mit Beamern, Monitoren, Kassensystem, EDV-Technik wurde installiert. Erneuert wurden die Wasserleitungen und die Abwasserentsorgungssysteme, saniert die WC- und Heiztechnischen Anlagen. Zu- und Abluftgeräte der erneuerten Lüftungstechnik wurden im Dachgeschoss untergebracht.

Pflaster komplett erneuert


Das Muschelkalkpflaster vor den Residenzgaststätten wurde komplett erneuert, gleichzeitig wurde von der Würzburger Pflasterbau auf dem gesamten Residenzplatz das Pflaster ausgetauscht und der Unterbau inklusive der Entwässerungsrigolen erneuert. Die Gaststättenterrasse und der angrenzende Biergarten werden im Frühjahr ebenfalls saniert.
Hell und elegant zeigen sich die neu gestalteten Säle Schönborn und Greiffenclau im Obergeschoss. Ausgestattet mit moderner Multimediatechnik, finden hier bei Banketten und Veranstaltungen aller Art bis zu 200 Personen Platz.
Mit der nun gefundenen Lösung ist die Basis gelegt für einen dauerhaften Erfolg der neuen Residenzgaststätten: Funktional optimierte Betriebsabläufe in Küche und Wirtschaftsbereich garantieren einen wirtschaftlichen Betrieb. Eine übersichtliche Zonierung des Gastbereichs mit der Möglichkeit der Kombination von Räumen ermöglicht die flexible Nutzung der Räume für Tages-, Abend- und Veranstaltungsgastronomie. Neue reizvolle Blickbeziehungen auf die Residenz und den Hofgarten sowie die wegweisende moderne Gestaltung und Möblierung mit Bezügen zur Residenz erzeugen eine festliche und angenehme Atmosphäre. > (Hartmut Schmitt)

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