Freizeit und Reise

Das Wahrzeichen Kufstein, die Festung. (Foto: Friedrich H. Hettler)

12.09.2024

Bierbrauer, Schnapsbrenner und Glasbläser

Genussradtouren mit dem E-Bike durch das Kufsteinerland

Zwischen dem Naturschutzgebiet Kaisergebirge im Osten und einer reizvollen Seenlandschaft im Westen erstreckt sich das Kufsteinerland als Tor zu den Tiroler Alpen. Rings um die mittelalterliche Festungsstadt Kufstein liegen die acht malerischen Ortschaften der Region. Eine einzigartige Natur- und Kulturlandschaft, die Urlaubsgästen eine abwechslungsreiche Mischung aus Tradition und Moderne, Natur und Wellness, hochkarätiger Kultur sowie Aktivitäten und nicht zu vergessen: köstliche kulinarische Erlebnisse von regionalen Produzenten und aus der Tiroler Küche bietet. Besonders für Radurlaube ist das Kufsteinerland ein echtes Eldorado.

Auf zwei Genussradrunden mit dem E-Bike durch die Region lernen wir interessante Personen, Produzenten und Manufakturen kennen. Wir treffen auf Menschen, die sich für ihre Region und deren lebenswerte Zukunft engagieren und aus lokalen Zutaten köstliche Lebensmittel herstellen. Um all diese Schätze zu entdecken, zu genießen und sie mit bezaubernden Naturerlebnissen zu kombinieren, gibt es die Kaiserweis´ Genussradrunden.

Aber warum gerade mit dem Rad? Ganz einfach: Mit dem Drahtesel oder E-Bike ist man so schnell, dass auch größere Entfernungen locker absolviert werden können. Aber man ist auch langsam genug, um die Naturschönheiten rechts wie links zu bewundern, zu riechen und zu hören. Der Duft frisch gemähten Grases, das Zwitschern der Vögel und die majestätische Anmut der Berge begleiten einen auf diesen Touren.

Drei Routen stehen zur Auswahl, die jedoch beliebig ergänzt beziehungsweise abgeändert werden können. Da gibt es die „Kaiserweis´pur“, „Genuss & Kultur“ sowie „Genuss & Handwerk“.

Handgefertigtes Glas

Wir beginnen unsere E-Biketour in Kufstein bei Riedel Glas. Das Unternehmen ist bekannt für die Entwicklung und Produktion von einzigartigen rebsortenspezifischen Gläsern. Riedel hat als erstes Unternehmen in der Geschichte erkannt, dass der Geschmack und das Aroma eines Getränks durch die Form des Gefäßes, aus dem es getrunken wird, beeinflusst wird. Das Familienunternehmen ist für seine revolutionären Designs bekannt, die alkoholische und nichtalkoholische Getränke optimal ergänzen. Riedel wurde 1756 in Böhmen gegründet und leistet seit 1958 Pionierarbeit auf dem Gebiet der rebsortenspezifischen Stielgläser. Heute ist die Firma die bevorzugte Marke für Weinliebhaber und Getränkespezialisten, Gastronomen und Konsumenten weltweit.

Der vom Jugendstil geprägte Riedel Schriftzug des ausgehenden 19. Jahrhunderts wurde als Signet für die Produkte der in Böhmen ansässigen Riedelschen Hütten und Raffinerien von 1890 bis 1925 verwendet. 1996, anlässlich des 240. Jubiläums, wurde dieses Markenzeichen für alle von Mund geblasenen Gläser und handgefertigten Produkte von Georg J. Riedel wieder eingeführt.

Zusätzlich dient es dem Kenner zur besseren Unterscheidung von den maschinengefertigten Artikeln, die weiterhin mit dem Markenzeichen in Blockschrift gekennzeichnet werden. Kein anderer Name ist so eng mit der europäischen Glaskunst und -technik verbunden wie jener der Familie Riedel.

Claus J. Riedel war in den 1950ern der Erste in der Geschichte, der weinfreundliche Stielgläser entwickelte und bekannt machte. Weinfreundliches Stielglas ist dafür verantwortlich, dass Bouquet, Geschmack, Farbe, Balance und Abgang des Weines miteinander harmonieren. Basierend auf diesem Prinzip entstand das Konzept der rebsortenspezifischen Glasprodukte.

Bei Riedel in Kufstein wird ausschließlich handgefertigtes Glas produziert. Hier besteht auch die Möglichkeit, der Faszination Glas nahe zu kommen. Von einer Galerie aus können wir den Prozess miterleben, wie die Glasmacher ein Trinkglas oder einen Dekanter fertigen. Präzision und Feingefühl sind wichtig, denn jedes Stück ist ein Unikat.

Kufstein verlassen wir in Richtung Norden. Das nächste Ziel ist Sebi bei Niederndorf. Haushoch türmen sie sich auf: In der Käserei Plangger (www.kaeserei.at) stapeln sich Käselaiber über-, unter- und nebeneinander auf langen Regalen. Bei einem Besuch im Geschäft können wir uns selbst ein Bild vom gelben Gold im Felsenkeller machen. Eine Treppe führt steil hinauf zum Verkostungsstüberl, von dem aus man einen Blick in den Felsenkeller werfen kann.

Jetzt sind etliche Höhenmeter zu bezwingen – mit dem E-Bike jedoch kein Problem. Auf dem Niederndorferberg wollen wir nämlich auf knapp 1000 Metern den Hinterschachnerhof (www.hinterschachnerhof.at) der Familie Anker-Feistl besuchen. Hausherrin Claudia erwartet und schon mit einem Lachen im Gesicht und begrüßt uns herzlich. Als nächstes kommt ein Hofrundgang. Rund um den Bergbauernhof grasen die Kühe, grunzen die Schweine und gackern die Hühner. Hier lebt und arbeitet man im Einklang mit der Natur. Die ganze Familie Anker-Feistl – vom Opa über die Schwester bis hin zu den Söhnen – legt Hand an, um beste Bergbauernprodukte herzustellen. Und das gelingt, wie wir uns nach einer ausgiebigen Verkostung der hausgemachten Spezialitäten überzeugen konnten, hervorragend.

Zwei Mal pro Woche werden die Produkte des Hinterschachnerhofs auch auf dem Markt in Kufstein angeboten. Und was Gourmets auch freuen dürfte, ein Selbstbedienungskühlschrank am Hof hat rund um die Uhr geöffnet.
Während des Hofrundgangs gibt uns Maria Bachmann (www.maria-kräuterabenteuer.at), Kräuter- und Wanderführerin sowie Phytotherapeutin, die für den Radtag auch unser Guide ist, einen Einblick in die wundersame und interessante Welt der Kräuter und Heilpflanzen – ein selbstgemachter Kräuteraufstrich eingeschlossen.

Vom Hinterschachnerhof geht es nach unserer kulinarischen Völlerei jetzt Gott sei Dank bergab. Wir lassen die Zügel los und lassen unseren Drahteseln freien Lauf. Nächster Stop nach unserer rasanten Abfahrt ist die Blaue Quelle in Erl. Das älteste Naturdenkmal Tirols (seit 1926) erhält die intensive Blaufärbung durch Kieselablagerungen im Wasser und andere Inhaltsstoffe. Die konstante Wassertemperatur zwischen sieben und neun Grad Celsius deutet auf Tiefenkarstwasser hin. Dort, wo die Wasseroberfläche sich kräuselt, wird das Quellwasser mit einem Volumen von 700 bis 1000 Liter pro Sekunde aus dem Berg gedrückt. Bis zu 4,5 Meter ist das Wasser tief – an der tiefsten Stelle liegt auch der direkte Zufluss. Wenn man genau hinhört, kann man es blubbern hören.

Im Hotel Gasthof Blaue Quelle gönnen wir uns eine kleine Rast mit Kaffee und leckeren Kuchen bevor wir, vorbei am Erler Passionsspielhaus und dem Festspielhaus, auf dem Innradweg wieder zurück nach Kufstein radeln.

Bier aus Schwoich

Bereits am Vortag hatten wir die Bier-Manufaktur Bierol (www.bierol.at) in Schwoich besucht. Seit 2014 braut Bierol im Stöfflhof Bier. Neuinterpretierte Spezialitäten genauso wie süffige Klassiker. Was als kleines Experiment begann, hat sich heute zu einem Unternehmen entwickelt, das in der Bierszene weit über die Österreichs hinaus bekannt ist.

Bierol steht laut Brauer Christoph Bichler für Bier und Tirol. Gebraut wird IPA und Stout, Helles und Weißbier. Daneben noch vieles anderes. Bierol will zeigen, so Christoph, was Bier alles kann. Wie es schmeckt, wenn Kreativität mit Braukunst verschmilzt.

Bierol füllt das Bier in der Regel in Dosen ab, denn die Dose, so Christoph liegt nicht nur aus geschmacklichen Gründen vorne, sondern auch wenn es um Nachhaltigkeit bei kleinen Brauereien geht. Zum einen hält die Dose Licht und Suaerstoff fern. Beides verändert den Geschmack des Bieres und gerade bei oftmals hopfenbetonten Bieren , wie sie Bierol braut, hat das einen Einfluss auf den Trinkgenuss. Zum anderen punktet laut Christoph die Dose auch in Sachen Ökobilanz: Denn neben dem vielfach geringeren Gewicht von Aluminium und dem damit verbundenen niedrigeren CO2-Ausstoß beim Transport ist Aluminium unendlich recycelbar. Im Vergleich zu Neuproduktion werden rund 95 Prozent an Energie gespart.

Das Besondere an den Bierol-Dosen, sie sind künstlerisch gestaltet. „Wir lieben Kunst. Und wir lieben Kunst auf Dosen. Deshalb haben wir unsere Bierol-Artist-Series ins Leben gerufen, bei der in unregelmäßigen Abständen Künstler unsere Bierdosen kreativ in Szene setzen“, erklärt Christoph.

Am zweiten Tag unserer Genussradtour durchs Kufsteinerland nehmen wir nochmals den Ort Schwoich ins Visier. Dort besuchen wir die auf einer Anhöhe idyllisch gelegene Crownhill Destillerie (www.edelbrandbrennerei.at) von Manfred Höck. Zahlreiche Birnen-, Zwetschken- und Apfelbäume auf seinen Streuobstwiesen auf dem Kronbühelhof liefern die Basis für Höcks Edelbrände. Er legt sehr viel Wert auf die Pflege dieser Obstbäume, denn ohne diese Bäume könnte er sich die heimischen Umgebung gar nicht mehr vorstellen.

„Spezielle Sorten wie die Wachauer Marillen, Williamsbirnen und Muskattraube beziehe ich aus deren Ursprungsregionen. Doch mit den Bränden meiner Bäume habe ich Spezielles vor“, erklärt der Edelbrandsommelier. Seine Experimentierfreude hat ihm auch bereits etliche Prämierungen eingebracht.

Rund 40 verschiedene Produkte der Kategorien Whisky, Gin, Rum, Brandy, Edelbrände, Geiste und Liköre werden hier geboten – selbstverständlich alles selbst gebrannt. Whisky ist inzwischen das „Hauptprodukt“ der Crownhill Destillerie, nicht zuletzt aufgrund der etlichen Prämierungserfolge. Doch auch die verschiedenen Gin-Sorten sind einzigartige Eigenkreationen und wurden zum Teil bereits ausgezeichnet. Seine innovative Leidenschaft hat ihm Jahr für Jahr nationale sowie internationale Prämierungen eingebracht und sind inzwischen schon Standard. Alleine 2021 wurden 13 Produkte von Falstaff ausgezeichnet, darunter wurde der Beerenlikör zum besten österreichischen Likör gekürt. Es ist das Gesamtpaket, das hier einfach stimmt: „Meine Getränke sollen eine Geschichte erzählen. Mit ihrem Geschmack und ihrem Duft Erinnerungen wachrufen“, erklärt Höck.

Weil der mittlerweile stark verwurzelte Brenner die Regionalität schätzt, ist er erfinderisch geworden. Um so viele heimische Produkte wie möglich zu verarbeiten, spielt Höck gerne mit außergewöhnlichen Geschmäckern. Und um die Regionalität zu fördern, bringt er von seinen Reisen immer wieder Ideen mit.

Über Bad Häring, Kirchbichl und Langkampfen geht es am Innradweg entlang zurück nach Kufstein, wo wir uns am Abend im Tapas Atelier (www.tapasatelier.com) kulinarisch so richtig verwöhnen lassen.

Am letzten Tag erobern wir, ohne Rad, mit unserer Fremdenführerin Bettina die Festung Kufstein. 1205 als Besitz des bayerischen Herzogs Ludwig und des Bischofs von Regensburg erstmals urkundlich erwähnt, befand sich die Festung als Schauplatz vieler kriegerischer Auseinandersetzungen häufig im Brennpunkt der Geschichte und war heiß umkämpftes Objekt zwischen Bayern und Tirol. Kaiser Maximilian I. ist es zu verdanken, dass Kufstein und seine Burg 1504 in den Besitz der Habsburger kamen.

Über den „Ganngsteig“ kommen wir in die Torwächterstube. Der Weg führt weiter in die alte Waffenkammer, die heute eine Dauerausstellung zu Kaiser Maximilian I. beinhaltet. Weiter gehts zum Kaiserturm, das ehemalige Staatsgefängnis. Hier erhält man einen Einblick in die Geschichten der Sträflinge, ihre Vergangenheit und ihren Alltag in den Zellen. Über den Felsengang erreichen wir den Fuchsturm und das Brunnenhaus mit seinem 58 Meter tiefen Brunnen. Zum Abschluss besichtigen wir noch den Bürgerturm mit der Heldenorgel mit ihren 4948 Pfeifen.

Damit endete eine außerordentlich interessante und beeindruckende Reise durch Kufstein und das Kufsteinerland. (Friedrich H. Hettler)

 

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