Kühe kuscheln, Kräuter pflücken oder Graffiti sprayen – diese Dinge sind normalerweise nicht erwünscht oder sogar verboten. In einem geregelten Rahmen können das aber schöne, wertvolle Erfahrungen sein, die den Charme Oberbayerns erlebbar machen. Hier kommen Vorschläge für Ausflüge und Erlebnisse, die anderswo nicht möglich wären.
Wer im Tölzer Land an einer geführten Kräutertour teilnimmt, darf selbst zur Schere greifen: Unter Anleitung erfahrener Kräuterpädagoginnen wird gesammelt, geschnuppert, probiert und verarbeitet. Im Rahmen der Führungen ist das Pflücken ausdrücklich erlaubt und erwünscht – für den eigenen Tee, ein duftendes Kräutersalz oder ein Mitbringsel. Dabei geht es nicht nur ums Sammeln, sondern auch ums Lernen: Welche Pflanze hilft bei Erkältungen, welche schmeckt im Salat, und wie erkennt man die richtige Erntezeit? Außerhalb der geführten Touren ist das Pflücken in freier Natur nicht gestattet.
Besucher in Oberbayern sind dazu angehalten, Kühen auf Almwiesen und Weiden nicht zu nahe zu kommen, um Stress bei den Tieren zu vermeiden. Wer die gutmütigen Tiere näher kennenlernen möchte, kann das im Pfaffenwinkel tun: Beim Kuhflüsterer Markus Holzmann in Steingaden wird Kuscheln mit Kühen zur Entschleunigungstherapie. Wer dabei auf den Geschmack gekommen ist und gerne im Stall mit anpacken möchte, darf das tun – am besten mit der ganzen Familie bei einem Urlaub auf dem Bauernhof, bei dem bei verschiedenen Aufgaben auf dem Hof tatkräftig mitgeholfen werden darf.
Einfach mal nichts sagen zu müssen und still sein, wer hat sich das noch nie gewünscht? Im Kloster Benediktbeuern darf man erfahren, wie sich Stille anfühlt. Bei einer solchen spirituellen Auszeit darf der Geist zur Ruhe kommen, um neue Kraft zu schöpfen. Manchmal reicht auch schon eine Gipfeltour, bei der man Schritt für Schritt die winterliche Nebeldecke unter sich lässt und oben Ruhe und Weitblick genießen kann, um den Kopf freizubekommen. In der Alpenregion Tegernsee Schliersee finden sich zahlreiche Gipfel, die erklommen werden dürfen – wer über die Gästekarte verfügt, darf außerdem die öffentlichen Verkehrsmittel umsonst nutzen.
Im Weltwald Freising ist eine Weltreise ganz ohne Flugzeug möglich: Auf 100 Hektar wachsen über 300 Baum- und Straucharten aus allen Kontinenten – von Mammutbäumen aus Amerika über Schirmtannen aus Japan bis zu Sumpfzypressen aus Asien. Thematische Pfade, Skulpturen, Pavillons und die „Gärten der Kontinente“ machen das Bayerische Landesarboretum zu einem lehrreichen Erlebnis für Groß und Klein.
Ein Stück oberbayerischer Braukultur lässt sich in Wasserburg am Inn erleben: Die historischen Bierkatakomben – einst imposante Sommerbierkeller – dienten vor über 200 Jahren der Einlagerung des Bieres, das aus hygienischen Gründen nur im Winter gebraut werden durfte. Tief in den Berg gegraben, offenbart das verzweigte System aus Gängen und Gewölben faszinierende Einblicke in die Brau- und Baukunst früherer Generationen. Heute beherbergen die Keller ein kleines Museum, das im Rahmen von Bierkellerführungen besichtigt werden kann.
In Bad Reichenhall darf man zwischen Aktivität und Erholung wechseln, wie man beliebt. In der RupertusTherme schwebt man in wohltuender Alpensole, während die Sonne hinter den Bergen versinkt und der Blick über das Alpenpanorama wandert. Beim Kurkonzert der Bad Reichenhaller Philharmoniker darf sich die Seele streicheln lassen – klassische Klänge, die den Alltag vergessen machen. Kulturfreunde kommen im charmanten Park-Kino auf ihre Kosten, dessen liebevoll kuratiertes Programm Filmkunst und Atmosphäre vereint. Und wer es lieber aktiv mag, folgt den Spuren der Alpinist:innen Ines Papert und Philipp Reiter – beim Klettern, Paragleiten oder Trailrunning rund um die Alpenstadt Bad Reichenhall.
Wer nach so viel Bewegung oder Entspannung Lust auf etwas Süßes bekommt, darf sich freuen: Bei der Eiscaférina in Achenmühle bei Rohrdorf gibt es das ganze Jahr über das regionale Rinser Natur-Eis vom Rinser See-Hof in Söchtenau. Wer sagt, dass man Eis nur im Sommer genießen darf?
Sich mal richtig ausspinnen - auf der Niedergerner Alpaka Ranch zeigt Kathrin Gartmeier, wie aus der feinen Alpakawolle ein edles Garn entsteht. Im Spinnkurs lernen Teilnehmer:innen, die edle Wolle aufzubereiten und zu Garn zu verarbeiten – ein entschleunigendes Erlebnis mit tierischer Gesellschaft.
Am Fuße des Watzmanns, dem wohl schönsten Berg Oberbayerns, ist Staunen erlaubt: Wer mag, liest die Sage vom König Watzmann, lässt den Blick über die Gipfel schweifen und spürt, warum hier Mythen lebendig bleiben – schaurig-schön. Gruseln erlaubt – in Neuburg an der Donau darf man True Crime hautnah erleben. Vor über hundert Jahren geschah dort auf dem Bauernhof Hinterkaifeck ein grausamer Mehrfachmord – bis heute ungeklärt, Spekulationen ranken sich um die Tat. Im November und Dezember finden geführte Wanderungen zur Stelle des Unglücks statt.
In der Landeshauptstadt Oberbayerns zeigt sich: Urbanität und Freiheit begünstigen sich gegenseitig. In München gibt es viele Museen, die zeitgenössische und abstrakte Kunst für jeden erlebbar machen. Sonntags öffnen einige davon ihre Tore für gerade mal einen Euro, darunter die Alte Pinakothek, die Pinakothek der Moderne und das Museum Brandhorst. Wer den Tag ausklingen lassen möchte, genießt den Sonnenuntergang auf der Hackerbrücke – das wohl schönste inoffizielle Open-Air-Kino der Stadt mit Panorama auf die Dächer und Türme der Isarmetropole. Einfach mal die Hüllen fallen lassen - im Englischen Garten und am Flaucher geht das. Ein weiteres Stück gelebte (und legale) Münchner Freiheit, das seit Jahrzehnten zur Stadtkultur gehört. Und im Schlachthofviertel hat die Street-Art-Szene ihren offiziellen Platz gefunden – hier, in der Tumblingerstraße, ist sprayen ausdrücklich erlaubt. (BSZ)
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