Freizeit und Reise

Abstieg von Düne 45. (Foto: Wiegand)

22.11.2018

Ein abwechslungsreiches Land

Namibia erleben zwischen Dünen und Federkissen

Dieses Rot ist einfach unglaublich und in Namibia auch die Bodenfarbe der riesigen Kalahari. Und es animiert. Gleich nach der Ankunft in der Kalahari Anib Lodge – 220 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Windhoek – starten wir zu einer gut zweistündigen Schnuppertour. Auf dem fast ebenen Rundweg auf rund 1200 Metern Höhe geht es sich unbeschwert und jetlagfrei. Eines fällt sofort auf: Die Kalahari ist keine reine Sandwüste, sondern eine sogenannte Dornstrauch-Savanne mit zahlreichen Kameldornbäumen. Deren Blätter sind die Lieblingsspeise der Giraffen. Und auch der Kamele? „Die gibt es hier nicht. Die Einheimischen nennen die Giraffen Kamelpferde“, lacht unser Reiseführer von Hauser-Exkursionen (www.hauser-exkursionen.de) Hannes de Vries.

Dennoch gibt es jede Menge Hufspuren und damit kennt sich Hannes aus. Der weiß genau, welche Tiere hier wann gelaufen sind und entdeckt auch den winzigen Trichter des Ameisenlöwen, der auf die hineinrutschende Beute lauert. Schon als kleiner Bub hat er sich in der Wüste herumgetrieben und oft im Freien geschlafen. Anfangs hätte sich seine Mutter Sorgen gemacht, aber bald wusste sie, der kommt wieder heim. Nun sorgt er bestens für die Gäste und für eine Rotskala sorgt tagtäglich die Morgen- und Abendsonne. Dann glüht die Wüste, dann erstrahlen die Felsen. Selbst die grauen Dickhäuter erröten in diesem besonderen Licht.

Rot ist bekanntlich die Farbe der Liebe und schnell lernen wir, dieses abwechslungsreiche Land mit seinen freundlichen Menschen und den vielen wunderbaren Tieren zu lieben. Bei unserer 20-tägigen Reise stimmt auch das Drum und Dran, die Wanderungen sowie die mit Highlights gespickte Route. Zum Staunen gibt es genügend Anlässe. Sogar das Leitungswasser ist trinkbar. In den Städten wird es gereinigt, die Lodges haben eigene Brunnen, dort kommt das frische Nass aus der Tiefe. Damit wir bei längeren Touren nicht dürsten, hat Hannes jedoch einen großen Wasserkanister im Safari-Truck.

Auch die Lodges überraschen. Einige ähneln Luxushotels und schmiegen sich gekonnt in die Landschaft. So wie die Twyfelfontein Lodge, nordwestlich von Windhoek, in deren Nähe sich die berühmten, bis zu 10 000 Jahre alten Felsgravuren der Sal (Buschmänner) befinden, ein viel besuchtes UNESCO-Weltkulturerbe. Auch einfachere Unterkünfte erleben wir, jedoch alle mit Pool, alle picobello sauber und mit schmackhafter Küche. Der Tourismus ist für Namibia ein bedeutsamer Wirtschaftsfaktor. So erklärt sich das.

Bis zu 300 Jahre alte
Bäume im Köcherbaumwald

Einige Lodges haben eigene Führer, die die Gäste begleiten und ihnen vieles vermitteln. Den lustigen Gelasius von der Erongo Wilderness Lodge werde ich bestimmt nicht vergessen. Als es am Ende der Wanderung durch ein Felsengebiet steil bergab ging, hat er mir seine kräftige Hand gereicht. Um alles andere kümmert sich Hannes und zeigt uns auch seine Lieblingsplätze, wie den unter Naturschutz stehende Köcherbaumwald nahe Keetmanshoop, dessen bis zu 300 Jahre alte Bäume inmitten von Felsen wie Kandelaber gen Himmel ragen. Ihr Inneres ist watteweich, sodass die Einheimischen einst Aststücke als Köcher für ihre Pfeile benutzten.
Rot schimmern schließlich auch die pittoresken Baumkronen im Abendlicht. Kleine Tiere, wie rundliche Häschen, suchen noch schnell einen Sonnenplatz. Klippschliefer sind es und sie werden die Lieblinge der Gruppe. Als die Sonne sinkt, stehen die Köcherbäume wie schwarze Scherenschnitte vor dem noch hellen Himmel. Ein mystischer Ort.

Dieser Eindruck verstärkt sich bei einer „Nacht unterm Sternenzelt“ im Namib Rand Naturreservat. Ein Camping-Herd mit Töpfen und Pfannen, ein Klapptisch, Stühle und ein Chemie-Klo werden von Helfern ins Nowhere transportiert. Sie bauen auch Zelte auf, falls es kalt oder windig werden sollte. Wenn wir in Deutschland Sommer haben, ist in Namibia Winter. Dennoch scheint die Sonne tagtäglich voller Kraft. Während wir sieben Wanderer noch schnell eine kleine Düne als Vorbereitung fürs eigentliche Dünen-Abenteuer erkunden, prasselt schon das Feuer. Hannes kocht ein Dreigangmenü, das Kraft gibt für die nächste Sonnenaufgangswanderung zum „Musikberg“. Wer die richtigen Stellen findet, kann den Steinen Töne entlocken oder stattdessen über die klobigen Felsen zum Gipfel klettern. Auch das ist ein gutes Training für das baldige Erklimmen der großen Dünen von Sossusvlei.

Schon ihr Anblick ist atemberaubend, orangerot leuchten sie den Ankömmlingen entgegen. Wie Ameisen stapfen bereits die Frühkommer immer am Grat entlang auf der 120 Meter hohen „Düne 45“ empor. Geschwind starten auch wir, doch der weiche Sand macht das Bergauf anstrengend. Tipp von Hannes, in die bereits vorhandenen Fußstapfen treten. Dennoch sind es öfter zwei Schritte vor, einer zurück, eine Echternacher Springprozession nach namibischer Art.

Die „Düne 45“ ist jedoch nur das „Einsteigermodell“. Die nächste Herausforderung ist die Besteigung des 325 Meter hohen „Big Daddy“. Beim Abstieg beziehungsweise Runterrutschen landen wir schließlich im „Tal des Todes“, wo abgestorbene Bäume an wasserreichere Zeiten erinnern. Wie schmal wirkte zuvor schon der Fischfluss, der sich in 550 Metern Tiefe durch den gewaltigen, von ihm geschaffenen Fish River Canyon schlängelt, den zweitgrößten der Welt. Vielleicht eine Folge des Stausees oberhalb?

Besonders geschätzt sind die alten Nähmaschinen

Mit Wasser sparsam umzugehen lernen auch die Besucher. Denn eines ist unübersehbar – die Wüste wächst und kommt den Atlantik-Städten Walvis Bay und Swakopmund immer näher. Die Bewohner scheinen sich jedoch keine Sorgen zu machen. Vor allem Swakopmund wirkt lebhaft und farbenfroh. Die Bauten aus der Kolonialzeit sind gut restauriert und tragen oft noch die deutschen Namen plus Jahreszahl, genau wie zahlreiche Städte und Berge. Namibia war von 1884 bis 1919 die Kolonie Deutsch-Südwestafrika.

Ein freier Tag verlockt zu einem Stadtbummel, einem Rundgang durch ein Museum am Leuchtturm und zum Shoppen in den Läden oder auf dem Kunsthandwerkermarkt. Fast überall wird noch etwas Deutsch gesprochen oder verstanden. In Raith’s Bakery heißen die leckeren Backwaren Schokoladen-Croissant, Mohnkuchen und Apfelstrudel. Im Brauhaus kommt gleich Bayern-Feeling auf. „Grillhaxe mit Sauerkraut und Semmelknödeln“ sowie „Leberkäse mit Spiegelei und Bratkartoffeln“ stehen in Deutsch und Englisch auf der Speisekarte. Nicht nur Traveller speisen dort.

Besonders geschätzt werden die alten Nähmaschinen. Die sind offenbar unkaputtbar und noch in Benutzung. Im Norden, wo die Hereros wohnen, arbeitet gerade eine fröhliche Frau in einer offenen Ladenzeile mit einem Singer Handkurbel-Modell. Ihr schickes Kleid und den kessen Hut hat sie darauf gefertigt. Die Nachbarinnen sind ebenfalls fein herausgeputzt. Als ihnen die Missionare einst Kleider verordneten, haben die Hereros das Beste daraus gemacht. Anders die Himba-Frauen, die traditionell barbusig sind, um stets ihre Babys zu stillen. Kopf und Körper schmücken sie intensiv und keineswegs für die Touristen, denen sie jedoch gerne gutes Kunsthandwerk anbieten. Wer etwas kauft, darf sie auch fotografieren.

Bei der Zwergfellrobben-Kolonie am Kreuzkap und vor allem im Etosha-Nationalpark sind die Kameras dann im Dauereinsatz. Das Fahrzeug verlassen darf in Etosha niemand, doch in unserem Safari-Truck lässt sich das Dach anheben, was das Beobachten und Bildermachen sehr erleichtert. Antilopen und Zebras ziehen umher, Elefanten stapfen durchs Gras und überqueren sogar die Straße. Die dünnen Springböcke machen ihrem Namen alle Ehre. Schnell müssen sie sein, denn ein Leopard lauert schon im Gebüsch. Am meisten tut sich an den Wasserlöchern. Die großen Giraffen halten Ausschau, auch die Impalas haben ihre Aufpasser. Bei jedem Verdacht stieben sie angstvoll davon. Alle fürchten den Löwen, doch Majestät lässt sich nicht blicken. Mutig stillen nun die Zebras ihren Durst, doch selbst die Elefanten geleiten ihre Kinder wachsam zum Trinken, ohne die anderen Tiere zu verdrängen.

Ähnlich verhalten sich die Breitmaulnashörner nahe der Waterberg Wilderness Lodge. Im Gegensatz zu den Spitzmaulnashörnern sind sie von friedlicher Wesensart und dort auch an Menschen gewöhnt. Ihre Hörner wurden gestutzt, um sie vor skrupellosen Wilderern zu schützen. Aus gleichem Grund kappt man die Stoßzähne der Elefanten.

Solche Probleme haben die frechen Paviane nicht. Die turnen nur wenige Meter von der Lodge entfernt flink umher. Bevor wir das Zimmer verlassen, müssen wir die Fenster schließen. „Die fressen alles, auch Zahnpasta“, warnt Hannes. Die niedlichen Klippschliefer täten das nicht. Vielleicht suchen sie sich gerade einen Felsenplatz auf dem Waterberg Plateau. Dort hinauf führt unsere letzte Wanderung. Wir rasten auf den rot leuchtenden Steinen. Tief unten dehnt sich endlos die Kalahari.

Schwer fällt der Abschied. „Du kannst Namibia verlassen, aber Namibia verlässt Dich nie“, lautet ein Spruch. Richtig. (Ursula Wiegand)

(Die bis zu 10 000 Jahre alten Felsgravuren der Sal. Eine Herero-Frau an ihrer alten Singer-Nähmaschine. Zwergpelzrobben am Kreuzkap - Fotos: Wiegand)

Kommentare (1)

  1. Waterberg Wilderness am 26.11.2018
    Wunderschöner Bericht! Nur eine kleine Korrektur: Im privaten Naturreservat Waterberg Wilderness wird den Breitmaul-Nashörnern das Horn nicht gestutzt. Die dafür nötige Betäubung setzt die Tiere unter Stress. Da das Horn nachwächst, wäre diese Prozedur alle zwei Jahre nötig. Manchmal brechen Hörner ab, etwa beim Transport oder beim Forkeln mit den Artgenossen - so auch bei jenem Nachhorn mit "gestutztem" Horn, das Sie gesehen haben. Waterberg Wilderness setzt beim Schutz seiner Nashörner auf Überwachung - in Form der bewachten Tore an der Durchgangsstraße (mit Kamera-Aufzeichnung) und der "Rhino Patrol", die die Tiere jeden Tag aufspürt und Position sowie Zustand an die Rezeption durchgibt... - Herzliche Grüße aus Namibia!
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