Freizeit und Reise

Hier haben enge Gassen noch Flair. (Foto: Friedrich H. Hettler)

21.06.2017

Enge Gassen mit Romantikflair

Rothenburg ob der Tauber: Moderne trifft Mittelalter

Japaner gehören ebenso zum Straßenbild wie Pferdekutschen und Fachwerkhäuser in einem von einer wunderbar erhaltenen Stadtmauer, die den Kern von Rothenburg ob der Tauber umschließt. Beim Bummel durch die mitunter recht engen Gassen scheint die Zeit im Mittelalter stehengeblieben zu sein. Zumindest dann, wenn gerade mal kein Auto durch die engen Gassen fährt. In dem mittelfränkischen Kleinod können sich neben den Anwohnern nämlich auch die Besucher relativ frei mit ihren fahrbaren Untersätzen durch die Stadt bewegen. Viele Einheimische, das merkt man bald, verstehen sich gut darauf, mit beeindruckendem Augenmaß routiniert an den Rucksäcken und Fototaschen der Touristen vorbeizufahren. Das ist aber schon das Einzige, was man an dem malerisch im Taubertal gelegenen Ort auszusetzen hat – wenn man sich schon unbedingt auf die Suche nach dem Haar in der Suppe begeben will. Dem einmaligen historischen Stadtbild schadet der motorisierte Verkehr optisch natürlich ein wenig. Doch politisch ist eine autofreies Rothenburg kaum zu vermitteln und ein Vorstoß in dieser Richtung aus dem Rathaus nicht zu erwarten, wie Insider wissen. Umgeben von einer Stadtmauer mit teilweise noch heute begehbarem Wehrgang und Schießscharten fällt die Orientierung im Stadtkern leicht, selbst ohne Plan, den der Rothenburg Tourismus Service bereitwillig aushändigt. Von dort oben bieten sich wunderbare Ausblicke in die Landschaft, aber auch auf die Dächer der vielen Fachwerk- und Patrizierhäuser oder in die bezaubernden Hinterhofgärten. Das allenthalben ausgelegte Kopfsteinpflaster, davor sei gewarnt, verlangt den mit hohen Absätzen ausgestatteten Damen die Königsdisziplin ab. Bequemes Schuhwerk sollte deshalb im Reisekoffer nicht fehlen. Denn es gibt noch sehr viel mehr in der am Kreuzungspunkt der Romantischen Straße und der Burgenstraße gelegen Stadt fußläufig zu entdecken. Schneebälle etwa, und zwar auch sommers. Sie sind eine Rothenburger Bäcker-Spezialität aus Mürbeteig, der bei der Herstellung in Zimt-Zucker gewälzt wird oder in anderen Variationen, wie mit Schoko- oder Vanilleguss, zu erstehen ist. Der Name des gehaltvollen Backwerks ist in diesem Fall Programm. Ein Dutzend Gastwirte und Hoteliers der Stadt haben sich zur Initiative „Genießen ob der Tauber“ zusammengeschlossen. Sie bieten ihren Gästen typisch fränkische und hohenlohische Küche mit Zutaten aus der unmittelbaren Region. So etwa im Gasthof zur Sonne im Zentrum oder im Hotel Schranne am Rande der Altstadt, den Zeichen der Zeit bereits vorauseilend. Zu den beliebtesten Aktivitäten nach dem Besuch von Sehenswürdigkeiten und noch vor dem Besuch von Museen gehört nämlich nicht nur für ausländische Urlauber der kulinarische Genuss in Restaurants und Cafés.
Dies nimmt die Deutsche Zentrale für Tourismus zum Anlass, im kommenden Jahr ihre weltweiten Marketing- und Vertriebsaktivitäten auf die Themenkampagne „Kulinarisches Deutschland“ zu fokussieren. Im Mittelpunkt stehen dann jeweils typische Angebote aus allen Landesteilen. Kulinarische Traditionen sollen dabei besonders authentisch und mit Genuss entdeckt werden. Rothenburg ist in der beneidenswerten Lage, die Klaviatur der touristischen Begehrlichkeiten mit Bravour zu bedienen. Denn neben den vielen Sehenswürdigkeiten, darunter die imposante gotische Jakobskirche mit dem Heilig-Blut-Altar von Tilman Riemenschneider, locken auch etliche Museen in ihre altehrwürdigen Gemäuer. Das Historische Kriminalmuseum etwa bietet mit der Eisernen Jungfrau aus dem 15./16. Jahrhundert allen Grund zum Schaudern – und räumt gleichzeitig mit einem Mythos auf. Denn es handelt sich mit aller Wahrscheinlichkeit um einen sogenannten Schandmantel und nicht um ein innenseitig dornenbestücktes Folterinstrument. Mit den metallenen Spitzen französischer Tüllenbajonette aus der Zeit um 1813 wurde das Exponat zu späterer Zeit verfälscht, um eine grauenvolle Attraktion für zahlende Gäste zu bieten.

Altehrwürdige Gemäuer

Ein gewisses Frösteln aber macht sich dann doch noch breit beim Besuch der aktuellen Sonderausstellung zur Lutherdekade Luther und die Hexen. Sie geht noch bis ins kommende Jahr, womöglich auch länger. „Wir haben eine überwältigend große Resonanz und zur richtigen Zeit eine spannende Facette Luthers beleuchtet“, freut sich Museumsdirektor und Rechtswissenschaftler Markus Hirte über den Publikumserfolg. Ebenfalls mit dem großen Reformator beschäftigt sich die Sonderausstellung Medien der Reformation – Kampf der Konfessionen: Shitstorm in der Renaissance? im Reichsstadtmuseum. Dort wird ein Schatz von 1400 Flugschriften, die die Reformation als umwälzendes Medienereignis erkennen lassen, der Öffentlichkeit bis zum Jahresende zugänglich gemacht. Die kommenden Themenjahre 2020 und 2021 widmen sich unter dem Titel „Pittoresk – Picturesque“ dem Rothenburg in der Kunst des 19. Jahrhunderts. Verewigt von bedeutenden US-amerikanischen, englischen und schottischen Malern – Toby Rosenthal, Elias Bancroft, James Douglas oder Arthur Wasse – in Gemälden und Zeichnungen. Und da werden sie einem wieder auf Leinwand begegnen, die engen Gassen, herrschaftlichen Häuser und trutzigen Wehranlagen. Ein Dauerbrenner, unabhängig von jedem äußeren Einfluss, der selbst bei hochsommerlichen Temperaturen eine Visite wert ist: das Deutsche Weihnachtsmuseum. In den von außen nicht zu ahnenden riesigen Ausstellungsräumen, es ist in einem ehemaligen Verlags- und Druckhaus untergebracht. Hier gibt es wirklich alles, was irgendwie zum Thema gehört. Da leuchten nicht nur Kinderaugen. (Alfred Raths) (Impressionen aus dem malerischen Rothenburg ob der Tauber mit der Eisernen Jungfrau - Fotos: Friedrich H. Hettler)

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