Die Emilia-Romagna, umgangssprachlich auch als „Bauch Italiens“ bezeichnet, ersteckt sich von der Po-Ebene zum Apennin über das Po-Delta bis hinunter zur Adriaküste. Diese Region ist das ultimative Reiseziel für diejenigen, die hervorragende italienische Küche, die reiche Geschichte und Kultur sowie eine der abwechslungsreichsten Landschaften Italiens an einem Ort genießen möchten.
Als Destination überzeugt die Emilia-Romagna vor allem mit ihrer Vielseitigkeit: Gleich mit zehn Städten, die für ihre Kunst, Kultur und UNESCO-Welterbestätten bekannt sind, lockt die Region. Die unberührten Landschaften des Apennins und des Po-Deltas mit ihren National- und Regionalparks eignen sich ideal zum Radfahren sowie Wandern und das Motor Valley begeistert Motorsportfans weltweit mit seinen Ferrari-, Ducati-, Maserati-, Pagani-, Dallara- und Lamborghini-Werken.
Die Strandbäder in den beliebten Ferienstädten in den Provinzen Ferrara, Forlì-Cesena, Ravenna und Rimini entlang ihrer 110 Kilometer langen Adriaküste machen die Region für Groß und Klein attraktiv und bieten Familienspaß pur.
Beginnen wir unsere Reise, die unter dem Motto steht „Urlaub machen wie die Italiener“ in Cesenatico mit dem Besuch des Museo della Marineria am Hafenkanal. Es ist kein Zufall, dass sich das bisher einzige „schwimmende“ Museum Italiens im alten Teil des Hafenkanals von Cesenatico befindet, da die Existenz des Ortes bis zum Aufkommen des Fremdenverkehrs vom Fischfang und Seehandel abhing. Die Sektion auf dem Wasser zeigt traditionelle Boote, von denen ein jedes eigene Merkmale hatte. Bei schönem Wetter haben die Boote ihre Segel aufgehisst, die mit natürlicher Erde und den Symbolen der Fischerfamilien dekoriert waren.
Besonders stolz ist Cesenatico darauf, dass Cesare Borgia, der neue Arbeiten am Hafen ausführen ließ, damit den berühmten „architecto et ingegnero“ Leonardo da Vinci beauftragte, der 1502 das Projekt zu der noch heute bestehenden Hafenstruktur ausarbeitete. Da Vinci iat auch die Abschaffung des alten Problems der Sandablagerung im Hafen zu verdanken. Dies gelang durch eine neue Palisadenanordnung und durch das Ausheben weiterer Becken sowie durch die Verbindung mit den zahlreichen Wasserläufen, in die das Meerwasser bei Flut und Sturm ablaufen konnte und dan durch Spundwände blockiert wurde. Bei Ebbe wurden dann die Ablagerungen weggebracht, sodass die Hafeneinfahrt immer frei von Sandbänken blieb . Dieses System wurde über mehrere Jahrhunderte hin angewandt.
Neben der „schwimmenden Abteilung“ des Museums gibt es auch eine „Landabteilung“. Darin können interessante und mittlerweile einzigartige Ausstellungsstücke aus der Seefahrerzeit besichtigt werden. Mitten im großen Saal befinden sich die beiden früher gebräuchlichsten Schiffstypen (ein Traboccolo-Kutter und ein Bragozzo-Kutter) einschließlich Mastbäumen, Rahen und Segeln.
Fischauktion
Am folgenden Tag besuchten wir nach einem zweistündigen Segeltörn am Vormittag die tägliche, am Nachmittag stattfindende, Fischauktion in Cesenatico. Tonnen an Fischen und Meeresfrüchten laufen in weißen Plastikbehältern auf einem Laufband unter anderem an interessierten Großhändlern, Gastronomen und Wirten vorbei. Das Interessante dabei ist, dass der Preis für die Ware sich nicht steigert, sondern nach unten geht. Und wer zuerst seinen Button drückt, bekommt den Zuschlag. Hier muss man also warten und genau taxieren können, ob einem das Angebotene dem sich sekündlichen verringernden Preis wert ist und dann schnell sein.
In Cesenatico gibt es darüber hinaus noch eine Rarität, die „Conserve“. Die großen, kegelförmigen Eiskeller benutzte man vom 16. bis Anfang des 20. Jahrhunderts, um einen Teil des Fischfangs für längere Zeit aufbewahren zu können. Die „Conserve“ waren an der romagnolischen Küste sehr zahlreich, alleine in Cesenatico gab es rund 20. Drei sind heute noch originalgetreu erhalten als Erinnerung an die Kultur und das Leben des alten Fischerdörfchens.
Nicht vergessen sollte man die Kulinarik. Wer sich in Cesenatico seinen Gaumen verwöhnen lassen möchte, sollte unbedingt das Restaurant am Strand Bagno 86 Casalounge aufsuchen. Der Gast wird mit einer Herzlichkeit und Freundlichkeit empfangen und bedient, die seinesgleichen sucht. Das Restaurant mit Meerblick bietet frische Meeresfrüchte und hochwertige Zutaten für authentische und raffinierte Gerichte. Von gegrilltem Fisch bis hin zu Meeresfrüchte-Risottos – jeder Bissen spiegelt die Leidenschaft für gehobene Küche wider. Hier kann man die Aromen des Meeres und sich exquisite Gerichte auf der Zunge zergehen lassen, gepaart mit erlesenem Wein.
Nach einer Übernachtung im tollen Grand Hotel in Cesenatico ging es landeinwärts. Unweit der Adria, in den Hügeln der Romagna, ist das Leben ruhiger. Landwirtschaftliche Betriebe mit Restaurants und Übernachtungsmöglichkeiten (Agriturismo) laden zum Entschleunigen ein. Ein authentisches Erlebnis, das viele Italiener schätzen, denn Kulinarik wird in der Region großgeschrieben, stammen doch viele der bekanntesten Gerichte des Landes, wie Lasagne oder Aceto Balsamico di Modena, aus der Emilia-Romagna. Wir waren für zwei Nächte im Agriturismo La Sabbiona in den Hügeln von Faenza, in der Provinz Ravenna.
Am nächsten Tag besuchten wir in der Marina di Ravenna das Forschungszentrum zum Schutz des Meeresökosystems Cestha, wo gefangene und verletzte Meeresschildkröten behandelt werden. Wer mehr über diese faszinierende Tiere erfahren möchte, sollte eine Tour im Marine Wildlife Recovery Center in Marina di Ravenna buchen, das sich im ehemaligen Fischmarkt befindet, heute ein modernes Meeresforschungszentrum. Die Biologen und Forscher des Zentrums führen die Besucher durch diese spannende Tour, die sowohl für Erwachsene als auch für Kinder geeignet ist.
Während des Erlebnisses erfährt man mehr über die dort untergebrachten Schildkröten, ihren Gesundheitszustand, ihre laufende Behandlung und ihre zukünftige Rückkehr ins Meer. Darüber hinaus kann, wer möchte, aktiv an der abendlichen Fütterung teilnehmen und so persönlich zu ihrer Pflege beitragen.
Die Aktivität hat einen hohen pädagogischen Wert und zielt darauf ab, das Bewusstsein der Teilnehmer für grundlegende Themen wie den Schutz des Meeres, den richtigen Umgang mit Kunststoff und die Reduzierung von Abfällen zu schärfen. Ein Besuch des Forschungszentrums ist absolut zu empfehlen und ein tolles Erlebnis, denn wo, wenn nicht hier, kann man Meeresschildkröten so hautnah erleben. Die Teilnahmegebühr (ab 18 Euro) unterstützt direkt die Pflege der Schildkröten und hilft dem Zentrum, seine zahlreichen Tierarzt- und Verwaltungskosten zu decken.
Mosaiken in Ravenna
Nach einem kurzem Strandaufenthalt und Mittagessen stand ein Mosaik-Workshop in der Werkstatt Dimensione Mosaico, direkt am Byron Museum, auf unserer to-do-Liste. Unter der fachfraulichen Anleitung der Mosaikkünstlerin Elisa Brighi und ihrer Kollegin Evelina versuchten wir unser Bestes, um ein einigermaßen vorzeigbares Mosaik zustande zu bringen.
Da das Byron Museum gleich ums Eck lag bot sich ein kurzer Besuch an. Das Museum widmet sich zwei großen Themen, der Figur des romantischen Dichters Lord Byron und den Ereignissen des italienischen Risorgimento, wobei die wertvollen Byron- und Risorgimento-Sammlungen der Stadt Ravenna sowie multimediale Erzählungen zum Einsatz kommen.
Unser Highlight in Ravenna waren aber der Besuch der Basilika San Vitale und des Mausoleums der Galla Placidia anlässlich des Sommerevents „Mosaico di Notte“. Von außen imposant und kahl, innen eine verblüffende Explosion von Marmor, Mosaiken, Volumina und Perspektiven. Die Basilika San Vitale aus dem 6. Jahrhundert ist ein idealer Ausgangspunkt, um die Mosaiktradition von Ravenna – seit Jahrtausenden Hauptstadt dieser unsterblichen Kunstform – zu entdecken.
Das Gebäude wurde als Zeugnis der byzantinischen kaiserlichen Pracht und insbesondere der Herrschaft Justinians entworfen und zeichnet sich durch die Originalität der gewählten räumlichen Lösungen, der Materialien und der raffinierten und kostbaren Dekorationen aus.
Nur wenige Schritte entfernt befindet sich das Mausoleum der Galla Placidia, das wie die Basilika vom starken Kontrast zwischen den einfachen und bescheidenen Formen des Außenbaus und dem vielfältigen Reichtum der Mosaike im Innenraum lebt.
Den Bildern gelingt es, eine mystische Atmosphäre zu vermitteln, die durch das goldene Licht, das durch die Alabasterfenster fällt, noch verstärkt wird. Das prächtige Sternengewölbe, das die sterblichen Überreste der Kaiserin nie überspannte, hat jahrhundertelang die Blicke der zeitvergessenen Besucher gefesselt und Dichter und Musiker aller Epochen inspiriert.
Am darauffolgenden Tag stand ein Besuch Riminis auf dem Programm. Die Stadt hat sich stark gewandelt. Nicht nur wegen des neuen Parco del Mare, der 16 Kilometer langen Strandpromenade. Betonbauten und Autos weichen einer autofreien Flaniermeile samt Radwegen und Outdoor-Fitness-Inseln. Was in dieser Region Italiens besonders auffällt, es sind extrem viele Radfahrer unterwegs.
Im Fellini-Museum
Auch wir steigen auf den Drahtesel und erkunden die Stadt, insbesondere das Fellini-Museum. Denn Rimini ist besonders stolz auf Federico Fellini, der hier 1920 geboren wurde. Das Fellini-Museum erstreckt sich über drei wichtige Orte in der Altstadt von Rimini – das Schloss Sismondo, der Fulgor-Palast und der Malatesta-Platz. Das Museum erstreckt sich über drei Etagen des Castel Sismondo. Seine Sammlung umfasst viele Zeichnungen Fellinis, Musikpartituren von Fellinis Mitarbeiter Nino Rota sowie Fotos und Ausschnitte aus verschiedenen Filmen und verschiedene Kostüme. Das Museum beherbergt außerdem eine riesige Skulptur von Anita Ekbergs Figur Sylvia aus La dolce vita sowie mehrere Filmausstellungen. Für Fellini-Fans ist der Besuch ein absolutes Muss.
Natürlich sollte man in Rimini auch den Strand und das Meer nicht außer Acht lassen. Einfach herrlich.
Mit ihrer Vielfalt, was Meer, Sport, Genuss und Kultur anbelangt, punktet die Emilia-Romagna bei allen Altersklassen. (Friedrich H. Hettler)
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