Freizeit und Reise

Auf den Schornsteinen von Schloss Marchegg nisten zahlreiche Weißstörche. (Foto: Friedrich H. Hettler)

16.08.2022

Schlösser, Störche, Sanddorn

Das niederösterreichische Marchfeld überrascht mit seiner Vielfalt

Bereits vor rund 30 000 Jahren hinterließen Menschen erste Spuren im Marchfeld, der Region zwischen Wien und Bratislava. Heute ist das Marchfeld im Weinviertel eine intensiv genutzte Kulturfläche, der „Gemüsegarten Österreichs“, aber auch geschützter Lebensraum für eine vielfältige Pflanzen- und Tierwelt sowie Heimat zahlreicher Sehenswürdigkeiten und Kulturdenkmäler ist.

Gegensätze ziehen sich tatsächlich an – zumindest im Marchfeld. Die Region ist einerseits die trockenste, andererseits die fruchtbarste Gegend Österreichs. Auf den ersten Blick erscheint dieser Landstrich als unscheinbar, aber bei näherer Betrachtung entpuppt er sich als einzigartiges Refugium für Flora und Fauna. Nicht weniger als 14 Naturschutzgebiete umfasst die Region, darunter das erste Österreichs.

Ganz im Süden schmiegt sich auf 35 Kilometern Länge eines der letzten großen unverbauten Augebiete Europas an die Donau. Im Nationalpark Donau-Auen leben über 5000 verschiedene Tierarten. Auf ausgewiesenen Wander- und Radwegen kann man hier die Vielfalt der Natur erkunden. Tor zur Au ist das mittelalterliche Schloss Orth, das auch das NationalparkZentrum beherbergt.

Im frisch renovierten Schloss Marchegg, einem der fünf Marchfelder Schlösser – neben Marchegg und Orth sind das noch die Schlösser Hof, Niederweiden und Eckartsau – ist noch bis 13. November die Niederösterreichische Landesausstellung „MARCHFELD Geheimnisse“ zu sehen. Die Ausstellung bietet einen spannenden Streifzug durch die Geschichte des Landstrichs, führt von der Sesshaftwerdung des Menschen bis in die Gegenwart und gibt interessante Ausblicke auf eine mögliche Zukunft dieser besonderen Region und ihrer Naturräume.

Schloss Marchegg wurde einst als Teil der Stadtbefestigung Marcheggs duch König Ottokar II. von Böhmen errichtet. Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Schloss stetig umgestaltet und bekam durch das Adelsgeschlecht der Pállfys ab Erdöd, die das Schloss als Jagd- und Sommersitz nutzten, sein barockes Erscheinungsbild.

Direkt an das Areal mit seinem idyllischen Schlosspark angrenzend, liegen die ehemaligen Jagdgründe, die seit knapp 50 Jahren als Naturschutzgebiet „Untere Marchauen“ ausgewiesen sind und die größte auf Bäumen brütende Weißstorchkolonie Mitteleuropas beherbergt. Zwischen den knorrigen alten Eichen finden die Störche ideale Lebensbedingungen vor. Der Weißstorch nistet Jahr für Jahr im gleichen Horst, an dem er ein Leben lang baut. So entstehen Nester von beeindruckender Größe, die bis zu zwei Meter hoch werden. Revierkämpfe zwischen männlichen Artgenossen sind keine Seltenheit, weshalb sie ihre Nistplätze mitunter auch wechseln müssen.
Mit etwas Glück kann man insbesondere die Jungstörche bei ihren Flugübungen beobachten. Ein faszinierendes Schauspiel, wenn an die 20 Adebars elegant durch die Lüfte segeln. Aber nicht nur im Naturschutzgebiet niesten die Störche, sondern auch auf den Schornsteinen von Schloss Marchegg. 1890 wurde die Storchenkolonie in Marchegg erstmals erwähnt. Letztes Jahr hatten die Störche 34 Horste besetzt und dabei 86 Jungstörche aufgezogen.
Der Nationalpark Donau-Auen bewahrt auf mehr als 9600 Hektar Fläche die, wie bereits kurz ausgeführt, letzte große Flussauenlandschaft Mitteleuropas. Mit seiner Gründung im Jahr 1996 wurde dieses Juwel nachhaltig unter internationalen Schutz gestellt. Hier kann sich die Natur seither frei von wirtschaftlichen Zwängen entfalten.

Mittels innovativer Revitalisierungsprojekte werden Seitengewässer wieder an das Flussgeschehen angebunden und natürliche Donauufer gefördert. Die Auwälder entwickeln sich zu artenreicher Waldwildnis. Gemäß dem Motto „Freier Fluss. Wilder Wald.“ kommt der ursprüngliche Naturcharakter in die Aulandschaft zurück. Seltene Tier- und Pflanzenarten sind heimgekehrt oder haben ihre Bestände verbessert.
Mehr als 30 Säugetier- und 100 Brutvogelarten bevölkern gemeinsam mit acht Reptilien-, 13 Amphibien- und rund 60 Fischarten sowie einer unbezifferbaren Fülle an Wirbellosen wie Gottesanbeterin, Posthornschnecken oder harmlosen Süßwasserquallen den Nationalpark. Besonders stolz ist man von Seiten des Nationalparks auf die Rückkehr des Seeadlers, der seit 2005 wieder in den Donau-Auen brütet.

Im Nationalpark-Zentrum Schloss Orth besteht mit dem Au-Erlebnisgelände Schlossinsel zusätzlich ein gestalteter Freibereich, der Lebensräume, Tiere und Pflanzen der Aulandschaft auf einem Rundgang vorstellt. Eine begehbare Unterwasserstation bietet als Highlight Einblicke in ein von zahlreichen Lebewesen bevölkertes Gewässer. 

Noch kurz etwas zur Historie des Nationalparks Donau-Auen. Der markanteste Punkt in der geschichte des Nationalparks war sicherlich das Jahr 1984. Damals waren die Auen in aller Munde, denn durch den geplanten Bau des Kraftwerks Hainburg drohte die Zerstörung des letzten längeren frei fließendenDonauabschnitts mit seinen Auwäldern.

Die gewaltlose Besetzung hatte Erfolg. Wissenschaftliche Studien ergaben eine weitaus höhere Biodiversität als angenommen. Die Donau-Auen wurden als nationalparkwürdig eingestuft. Das bedeutete das Aus für den Kraftwerksbau und den Startschuss für den Nationalpark Donau-Auen.

Wie eingangs bereits erwähnt ist das Marchfeld die Korn- und Gemüsekammer Österreichs, allerdings facettenreicher als man auf den ersten Blick vermuten würde. Das Gebiet hat mehr zu bieten als nur Spargel, Zuckerrüben, Kartoffeln und Zwiebeln. Hier wachsen auch eine Vielzahl an wahren Exoten, die man auf den ersten Blick nicht erwarten würde – von Artischocken über Sanddorn bis zu Minikiwis. Der Biohof Böchzelt (www.marchfeldminikiwi.at) züchtet seit einigen Jahren Marchfeld-Minikiwis und verarbeitet einen Teil der Ernte zu Fruchtaufstrichen, Fruchtsenf, Minikiwibrand sowie Minikiwilikör und verkauft diese Produkte in einem eigenen Hofladen.

Der rund sechs Hektar große Marchfelder Bio-Sanddorn-Garten von Veronika und René Burik (www.sanddorngarten.com) befindet sich inmitten des Marchfelder Schlösserreichs, nur 750 Meter gegenüber Schloss Niederweiden. Nach Voranmeldung können Interessierte den Sanddorn-Garten und Hof auch besuchen. In einer der sonnenreichsten Regionen Österreichs fängt der Sanddorn die vielen Sonnenstunden ein und produziert wertvolles Vitamin C.Sanddorn ist nämlich eine kleine Beere mit einer großen Wirkung, denn sie hat einen zehn Mal höheren Vitamin C-Anteil als Zitrusfrüchte, verfügt über immunstärkende Inhaltsstoffe und ist reich an zahlreichen Vitaminen und Mineralstoffen.

Die Buriks verarbeiten einen Teil der Beeren unter anderem zu Fruchtaufstrichen in verschiedenen Variationen, puren Sanddorndirektsaft und Sanddornsirup. Den Burik-Sanddorn finden Konsumenten auch in den Produkten von SANDICCA. Das innovative Unternehmen aus der Steiermark verarbeitet österreichischen Sanddorn zu Frische-Nahrungsergänzungen, nativen Sanddornölen und einer biozertifizierten Hightech-Natureffekt-Kosmetikserie.

Besuchen sollte man als Marchfeld-Reisender auch das herrliche Ensemble des Jagdschlosses Eckertsau. Umrahmt von einem idyllischen englischen Landschaftspark liegt das Schloss mitten im Nationalpark Donau-Auen. Von Kaiserin Maria Theresia aufgrund seiner reichen Jagdgründe erworben, wurde Schloss Eckartsau später von Thronfolger Franz Ferdinand erweitert. 1918/1919 verbrachte das letzte österreichische Kaiserpaar, Kaiser Karl und Kaiserin Zita, hier die Zeit vor ihrer Ausreise ins Exil. Von diesen bewegenden Momenten erzählen die täglichen Führungen durch die liebevoll eingerichteten Prunkräume.

Ein Highlight des Marchfelder Schlösserreichs ist Schloss Hof. Einst im Besitz von Prinz Eugen von Savoyen und Maria Theresia ist es ein Ausflugsparadies. Das barocke Gesamtkunstwerk wird heute wie damals seiner Bestimmung gerecht, der als Ort zum Erleben, Entspannen, Feiern und Staunen einlädt. Die Gartenanlage wurde einst nach französischem Vorbild errichtet und erstreckt sich über 16 Hektar auf sieben Terrassen. Hier findet man unter anderem mythologische Skulpturen und mächtige Brunnenanlagen. Der Idyllische Gutshof mit den Themengärten, Abenteuer- und Wasserspielplatz, Erlebnispfaden und Tieren ist besonders bei Familien beliebt.
Etwas Besonderes bietet Schloss Hof im Rahmen von „Nachts im Schlösserreich“. Bei der exklusiven Abendöffnung kann der/die Besucher*in in eine Welt höfischen Amüsements und Vergnügen eintauchen.

Während man im Marchfeld auf Schritt und Tritt auf Natur und Kultur stößt hat die Region in puncto Übernachtungsmöglichkeiten noch einigen Nachholbedarf. Ein Ausreißer nach oben ist jedoch der Winzerhof Küssler (www.kuessler.at). Mit authentischer Herzlichkeit werden die Gäste in dem 1930 errichteten Winzerhof in Grub an der March begrüßt. Den Urlaub und den Wein zu genießen, fällt im schönen, baumbewachsenen Innenhof, auf der Sonnenterrasse und im Weinkeller wirklich nicht schwer. Besonders beliebt sind die Weinführungen in der Kellerei und die Weinverkostungen im 300 Jahre alten Kellergewölbe.

Der Winzerhof Küssler verfügt über acht romantische Doppelzimmer, ein Ferienhaus für bis zu elf Personen sowie, und das ist das besondere Highlight, über sieben einzigartige Weinfass-Suiten. Denn wer hat schon einmal in einem 9000 Liter fassenden Original-Weinfass geschlafen oder in Zimmern, deren Vorderfront Weinfässer darstellen. 

Ganz neu sind die weltweit einzigartigen singenden Weine. Die unterschiedlichen Küssler Songs für jeden Anlass – zum Beispiel „Papa ist der Beste“, „Mama ist die Beste“ oder „Frohe Weihnachten“ – sind Dank des rechtlich geschützten Musikmoduls direkt auf der Flasche jederzeit abspielbar, quasi Höchstgenuss für alle Sinne und garantiert beste Laune.

Kulinarisch wie auch visuell ein Hochgenuss ist der Marchfelderhof in Deutsch-Wagram (www.marchfelderhof.at). Aus dem einstigen Landgasthof ist inzwischen ein essenstechnischer Geheimtipp geworden, der Stars, Könige, Politiker, Sportler, Adel und Geldadel aus aller Herren Länder anlockt(e). Der griechische König Konstantin, der ägyptische König Faruk, der Schah von persien, Scheichs aus afrikanischen und arabischen Ländern, Filmstars wie Liz Taylor, Clark Gable oder Musikgrößen wie Falco und Freddy Mercury ... sie alle haben sich hier schon die Klinke in die Hand gegeben und hier bestens gegessen. Größen, die für das Team des Marchfelderhofs genau denselben hohen Stellenwert besitzen wie alle anderen Gäste und Feinschmecker auch. Jeder Gast ist hier nicht König, sondern Kaiser.

Mehr als 40 Gästebücher quellen über vor großen Namen und legen Zeugnis ab, dass eine gute, herzhafte und ehrliche Küche – ein höchst wahrscheinlich einzigartihes Ambiente sowie die persönliche Betreuung nie aus der Mode kommen. Heute wie damals wird im Marchfelderhof eine gepflegte sowie durch und durch österreichische Gastlichkeit hochgehalten.

Auf Gastlichkeit und Tradition setzt auch das Uferhaus in Orth (www.uferhaus.at) an der Donau von Georg Humer. Das Gasthaus ist bekannt für die größte Auswahl an Süßwasserfischen und deren traditionelle Zubereitung. Einst war es Humers Oma Aloysia, die das Uferhaus mit ihrem legendären „Serbischen Karpfen“ über die Grenzen des Machfelds bekannt gemacht hat. Inspiriert von serbischen Matrosen in den 1930er-Jahren, die die gefangenen Karpfen mit viel Knoblauch und Paprikapulver einrieben und über offenem Feuer brieten, übernahm Oma Aloysia die Idee. Sie verfeinerte die Rezeptur und gab ihr einen Namen, der die slawische Herkunft der Matrosen würdigen sollte. Der „Serbische Karpfen“ war geboren und wurde schon bald zum Publikumsmagneten im Uferhaus und ist es bis heute.

Das Marchfeld lädt durch die Weite der Landschaft zum Verweilen ein, überrascht mit seiner Kulinarik und bietet mit seinen barocken Schlössern tolle Ausflugsziele. Ein Besuch hier lohnt sich. (Friedrich H. Hettler)
 

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Ist das geplante Demokratiefördergesetz sinnvoll?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.