Kommunales

Thomas Jung regiert seit 2002 im Fürther Rathaus. (Foto: Stadt Fürth)

12.10.2018

17.000 neue Einwohner und 8000 zusätzliche Autos

Fürths Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) sieht seine Stadt trotz enormen Bevölkerungswachstums in den letzten 10 Jahren auf einem guten Weg

Fürth boomt. Grund dafür ist nicht nur der allgemeine Zuzugsdruck nach Bayern, sondern vor allem die positive Entwicklung der Kleeblattstadt. Diese hat maßgeblich Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) ermöglicht. Seit seinem Amtsantritt im Jahr 2002 hat sich die Kommune im „Schatten von Nürnberg“ vom Schmuddelkind zu einer attraktiven Einkaufs-, Wirtschafts-, Wohn- und Wissenschaftsstadt gemausert.

Doch der Erfolg hat auch seinen Preis. „In den letzten 10 Jahren haben wir rund 17.000 neue Einwohner hinzubekommen, aber damit auch etwa 8000 zusätzliche Autos“, sagt Jung der Staatszeitung. Deshalb setzt er mit seiner Verwaltung auf den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Busse wurden durch priorisierte Ampelschaltungen und eigene Trassen beschleunigt. Das Angebot wurde erhöht und die Takte verbessert.

Deutsche Hersteller bieten keine E-Busse


„Und wir werben massiv für das Fahrrad. Denn mit dem Rad kommt man in Fürth mühelos überall hin“, so der OB. Denn schweißtreibende Anstiege gibt es in Fürth nicht. Nach und nach wolle man jetzt die Diesel-betriebenen Busse bei anstehenden Neubeschaffungen durch E-Busse ersetzen. „Das ist aber nicht so leicht, weil die deutschen Hersteller keine entsprechenden Fahrzeuge im Angebot haben. Darum haben wir jetzt E-Busse eines polnischen Herstellers beschafft“, erläutert Jung. Über die deutschen Hersteller kann er nur den Kopf schütteln.

Ebenfalls Kopfschütteln bereitet ihm das Verhalten der Deutschen Bahn. Im Zuge des S-Bahn-Ausbaus von Nürnberg über Fürth, Erlangen, Forchheim bis Bamberg sollte schon längst das entsprechende Gleis neben der bestehenden Bahntrasse gelegt sein. Doch Schwellen und Gleise türmen sich seit Jahren in der Kleeblattstadt, weil erst per Gerichtsbeschluss die Bahn von ihrem Vorhaben abgebracht werden musste.

Hintergrund des Ganzen sind die seit fast 25 Jahren bestehenden Pläne der Bahn für den sogenannten S-Bahn-Verschwenk. Dabei sollte die Trasse abseits der bestehenden Fernbahnstrecke in einem Bogen mitten durchs Knoblauchsland (Gemüseanbaugebiet zwischen Nürnberg, Fürth und Erlangen) führen. Über die Pläne wurde lange diskutiert, vor allem die Stadt Fürth, der Bund Naturschutz und Landwirte kritisierten den Flächenverbrauch. Stattdessen forderten sie, die bestehende Strecke auszubauen. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte die Pläne der Bahn im Herbst 2017 endgültig für rechtswidrig erklärt. Bis die S-Bahn dann im 20-Minuten-Takt fahren kann, werden aber noch Jahre vergehen. Denn laut Jung prüft die Bahn immer noch, wie sie mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts umgeht und die S-Bahn-Trasse anlegt. „Es hakt einfach an der Bereitschaft der Bahn, zuzugeben, dass sie einen Fehler gemacht hat“, so der OB.

Umweltverträgliche Mobilität


Um umweltverträgliche Mobilität zu ermöglichen, könnte man auch den nördlichen und südlichen Ast der U-Bahn-Linie U3 von Nürnberg kommend auf Fürther Stadtgebiet verlängern. Doch Jung winkt ab: „Für die nächsten 10 Jahre haben wir keine U-BahnPlanungen.“ Dabei gibt es bereits mit der U1 eine Linie von Nürnberg bis in den Westen von Fürth.

Um all die Menschen unterzubringen, ist auch Wohnraum nötig. Dieser wird selbst in Fürth knapp. „Wir haben zwar keine Wohnungsnot wie in München. Aber große Wohnungen und vor allem günstige Wohnungen sind knapp. Darum sollen in den nächsten 5 bis 6 Jahren etwa 2000 neue Wohnungen entstehen. Für mehr reicht der Platz nicht.

In seiner Eigenschaft als Vizevorsitzender des Bayerischen Städtetags fordert Jung von der Bundesregierung die Einführung einer Spekulationssteuer für Bauland. „Reich werden durch Nichtstun darf nicht noch belohnt werden“, betont der Fürther OB. Denn wer unerschlossenen Grund günstig erwirbt, hält diesen meist so lange, bis die jeweilige Kommune die Erschließung plant. Dann werden die Flächen mit entsprechendem Gewinn veräußert.

Gegen eine andere Form der Rendite hat Jung jedoch nichts. So fördert die Stadt den Glasfaserausbau, um möglichst überall eine „digitale Rendite“ erwirtschaften zu können. Seit 1. Juli dieses Jahres hat die Kleeblattstadt eigens einen Breitbandbeauftragten. Via Digitalisierung lasse sich die Verwaltung wesentlich bürgernäher gestalten. „Allerdings müssen die Bürger auch mitmachen und sich die entsprechende Funktion auf ihrem neuen Personalausweis freischalten lassen“, so Jung. Er hält die vom Bund gewählte Variante für eine Bremse. Bei Ausgabe eines neuen Personalausweises müsste nach Jungs Ansicht die elektronische Identifikationsmöglichkeit automatisch freigeschalten sein. Nur wer das nicht möchte, müsste sie sich sperren lassen. Dieser andere Weg würde zu einer wesentlich stärkeren Nutzung von E-Government-Angeboten führen.

Eine Stärkung wünscht sich Jung auch im Bereich Wissenschaft und Forschung. Gerade jetzt, da Nürnberg eine neue Universität bekomme, dürfe der Freistaat die wissenschaftlichen Einrichtungen in der Nachbarstadt Fürth nicht vernachlässigen. Die bereits vorhandenen Bereiche Materialforschung und das Fraunhofer Institut für Röntgentechnologie gelte es zu stärken.

Radwege zwischen Stadt und Landkreis verbessern


Insgesamt ist der Fürther OB aber mit der Entwicklung seiner Stadt sehr zufrieden. Von einst fast 13 Prozent Arbeitslosigkeit vor 9 Jahren sei die Quote jetzt auf 4,6 Prozent gesunken. „Das liegt daran, dass wir in diesem Zeitraum rund 10.000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze hinzubekommen haben“, so Jung. Auch das Gewerbesteueraufkommen ist in dieser Periode von rund 35 Millionen Euro auf zirka 75 Millionen Euro gestiegen.

Eine der künftigen Aufgaben wird laut Jung die Verbesserung der Radwege zwischen Stadt und Landkreis Fürth sein, sowie die Etablierung eines gemeinsamen Tarifsystems für den ÖPNV in Stadt und Landkreis Fürth.

Mit Asylbewerbern habe man in Fürth keine Probleme. „Eher schon mit der Armutszuwanderung aus Osteuropa. Denn diese Familien kennen weder Schulpflicht noch Nachtruhe“, sagt Jung. Darum würde mit ordnungsrechtlichen und sozialen Maßnahmen gegengesteuert.
(Ralph Schweinfurth)

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