Kommunales

Bequem vorankommen ohne Schwitzen: Der E-Scooter macht's möglich. (Foto: dpa/Hauke-Christian Dittrich)

14.08.2020

Corona erweitert Möglichkeiten für E-Scooter-Firmen

Die kleinen City-Flitzer haben sich nach anfänglichem Ärger etabliert – der ganz große Boom blieb aber aus

E-Scooter sind in Bayerns Städten gut angekommen. Trotz Corona machen die Unternehmen mit ihren kleinen Flitzern gute Geschäfte. Viele Menschen schätzen die Fahrt an der frischen Luft. Doch es gibt auch Probleme.

Seit gut einem Jahr sind E-Scooter in Deutschland erlaubt. Zu Beginn wurden die kleinen Elektroflitzer einerseits als Hoffnungsträger der Mobilitätswende hochgejubelt beziehungsweise andererseits wegen einer vermeintlichen Verschandelung der Städte verteufelt. Mittlerweile gehören E-Scooter in vielen bayerischen Innenstädten zum gewohnten Bild. Und durch die Corona-Pandemie haben sich für einige Anbieter neue Möglichkeiten aufgetan.

In Augsburg teilen sich drei Anbieter mit rund 1600 Elektrorollern den Markt. Standen in den Anfangszeiten Roller kreuz und quer auf Gehwegen und Plätzen, hat sich das Bild stark verändert. Nach heftigen Protesten aus der Bevölkerung und diversen Gefährten, die aus den städtischen Kanälen gefischt werden mussten, haben die Anbieter Tier, Voi und Dott das Problem mittlerweile besser im Griff.

Nach jeder Fahrt ein Foto vom abgestellten Gerät

So sollen die Nutzer bei Voi nach jeder Fahrt ein Foto vom abgestellten E-Scooter machen, mit dem die Firma im Ernstfall falsch abgestellte Fahrzeuge lokalisieren und umstellen kann, berichtet General Manager Claus Unterkircher. Man habe so auch einen „weichen Kontrollmechanismus“ einführen können, der die Situation verbessert habe. „Zusätzlich stehen wir im engen Austausch mit den lokalen Verkehrsbehörden, um die Reglementierung der E-Scooter gemeinsam zu gestalten und zu optimieren“, so der Manager. Man plane, zusätzliche Parkmöglichkeiten nach Augsburg zu bringen, wie das beispielsweise in Oslo oder Stockholm angeboten werde.

Auch die Firma Tier bemüht sich um Ordnung. So werde jeder Nutzer mit einer Reihe von Erklärbildern, die nicht übersprungen werden können, auf die wichtigsten Benutzungs- und Verhaltensregeln hingewiesen. Das beinhalte auch das korrekte Abstellen nach Beendigung der Miete, sagt David Krebs vom Unternehmen. Außerdem würden Serviceteams im Rahmen des Batterieaustauschs die Roller wenn nötig umparken.

Die Corona-Krise ließ den Rollermarkt in Augsburg kurzfristig einbrechen, doch mittlerweile sind die Zahlen wieder gut beziehungsweise sogar besser als vor dem Lockdown, berichten die Unternehmen. Denn während viele Menschen die öffentlichen Verkehrsmittel wegen der Enge und der damit verbundenen Ansteckungsgefahr immer noch meiden, entpuppte sich der E-Scooter als sichere Alternative an der frischen Luft.

Kostenlose Nutzung für Mitarbeiter des BRK

„Trotz der stark reduzierten Nachfrage hatten wir uns entschieden, unseren Service unter erhöhten Sicherheitsmaßnahmen weiterzubetreiben, um den Bewohner*innen der Städte, in denen wir aktiv sind, eine zusätzliche Möglichkeit zu geben, notwendige Wege zu Arbeit, Einkauf oder Apotheke zurückzulegen“, sagt etwa David Krebs. Unter anderem bot Tier für die Corona-Zeit ein Pendlerticket, mit dem Inhaber von ÖPNV-Abo-Tickets kostenlos zur Arbeit pendeln konnten.

Auch Dott ließ seine komplette Flotte in Betrieb. „Wir wollen ein Teil der Verkehrsinfrastruktur der Stadt sein – das bedeutet auch Verlässlichkeit in Zeiten der Krise“, begründete Manager Konstantin Burger den Schritt. Gleichzeitig durften bestimmte systemrelevante Gruppen wie das Rote Kreuz die Roller kostenlos nutzen.

Bei Voi standen die Roller zwischen März und Mai still, danach startete das Unternehmen mit voller Flottengröße wieder durch, so Claus Unterkircher. Um mehr Menschen die Möglichkeit zu geben, Wege mit dem Roller zurückzulegen, wurde die Verfügbarkeit der Fahrzeuge in den Augsburger Wohn- und Außenbezirken erhöht und ein Vielfahrerrabatt eingeführt.

Polizei: "Nicht gefährlicher als Radl oder E-Bike"

Dazu wurde das Voi-Geschäftsgebiet um 50 Prozent vergrößert, so Unterkircher. „Während des Corona-Lockdowns haben die Menschen erfahren, wie ihre Städte aussehen könnten, wenn der Straßenverkehr um ein Vielfaches reduziert wäre“, so der Manager. Das habe viele zum Nachdenken gebracht und das Thema verkehrsberuhigte Stadt habe weiter Fahrt aufgenommen. Mittlerweile habe sich der Geschäftsbereich des Unternehmens in allen Städten ausgeweitet und teilweise sogar verdoppelt, freut sich Unterkircher.

Aus Sicht der Stadt sind die E-Scooter ein Baustein zur Erweiterung und Ergänzung des innerstädtischen Mobilitätsangebots, so Augsburgs Baureferent Gerd Merkle. Ob sie auch langfristig einen Beitrag zur Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs in der Stadt leisten könnten, müsse sich zeigen. Waren zu Beginn zahlreiche verkehrsbehindernd oder -gefährdend aufgestellte E-Scooter ein großes Ärgernis, habe sich die Zahl solcher Vorfälle spürbar verringert, sagt auch der Baureferent.

„Bei ordnungsgemäßem Gebrauch sind die Roller nicht gefährlicher als ein Radl oder E-Bike“, heißt es bei der Augsburger Polizei. Zwischen Juli 2019 und Mai 2020 gab es 32 Verkehrsunfälle mit Rollerbeteiligung. Allerdings: Im selben Zeitraum leitete die Polizei 285 Verfahren wegen des Verdachts einer Trunkenheitsfahrt ein, 81 Führerscheine wurden sichergestellt. Gegen 96 Rollerfahrer ohne Führerschein wurde ein Fahrverbot ausgesprochen.

München: 100 Unfälle bis Ende 2019

Die Augsburger Zahlen decken sich mit den Erfahrungen anderer Städte. 100 Unfälle bis Ende 2019 verzeichnet etwa die Stadt München mit zeitweise über 8000 Rollern von acht Anbietern. Auch hier habe es überwiegen Probleme mit falsch abgestellten Rollern sowie Trunkenheitsfahrten gegeben, heißt es aus dem Presseamt. Derzeit sei die Lage coronabedingt extrem ruhig – nur noch zwei Anbieter seien aktuell in der Landeshauptstadt aktiv.

In München kooperiert die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) mit Tier und bietet die Roller in ihrer „MVG more“ App an. „Die MVG will dem Anspruch ihrer Nutzerinnen und Nutzer nach flexiblen Angeboten für unterschiedliche Mobilitätsbedürfnisse gerecht werden und diese unter einem Dach anbieten“, begründet MVG-Sprecher Matthias Korte die Zusammenarbeit. Neben Tier ist auch Voi in München aktiv.

Auch in Erlangen setzt man auf E-Scooter. Seit März sind dort Voi und Tier mit ihren Rollern vertreten. „Nach den ersten Auswertungen der Anbieter zeigt sich, dass der Start in Erlangen sehr erfolgreich verlaufen ist“ heißt es von der Stadt. Insgesamt werde der Verleih von der Verwaltung positiv bewertet, auch wenn es vereinzelte Probleme mit falsch abgestellten Fahrzeugen und Trunkenheitsfahrten gebe. Inwieweit man die E-Scooter mit anderen Mobilitätsformen verknüpfen könne, werde gerade geprüft. In Erlangen stehen weitere Anbieter in den Startlöchern, heißt es von der Stadt. Offenbar ist das Geschäft mit den E-Scootern nicht nur für die Umwelt lohnenswert. (Fridtjof Atterdal)

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