Kommunales

Das Gewässer kann sich auf natürliche Weise nicht selbst regulieren – ähnlich wie viele Gartenteiche braucht es Unterstützung. (Foto: Höllenberger)

03.04.2020

Damit das Gewässer wieder atmen kann

Der Kleinhesseloher See im Englischen Garten in München wird entschlammt – das ist gut fürs Ökosystem

Verliebte Pärchen müssen sich genauso gedulden wie Schwäne, Enten und andere heimische Vögel bei der Balz. Wo sonst im Englischen Garten Tretboote schaukeln und kleine Wellen ganz sanft ans Ufer klatschen, hört man momentan Dieselmotoren dröhnen. Der Kleinhesseloher See im Englischen Garten in München ist eine einzige Kraterlandschaft aus Schlamm und Morast. Dafür verantwortlich ist die Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen. In ihrem Auftrag leitet Sven-Patric Klameth die Instandhaltungsmaßnahmen an dem bekannten Gewässer in Münchens grüner Lunge: „Wir sorgen dafür, dass der See ökologisch nicht umkippt.“

Bereits im 19. Jahrhundert wurde der Kleinhesseloher See künstlich angelegt. In der historischen Parkanlage hat man den See um 1804 vergrößert auf die heutigen Maße. Insgesamt umfasst die Wasserfläche jetzt acht Hektar. Der See kann sich auf natürliche Weise nicht selbst regulieren, allerdings gibt es einen Zufluss, durch den Isarwasser hineinströmt und auch einen Abfluss, aus dem das Wasser wieder aus tritt.

Problematisch ist es vor allem bei Hochwasser der Isar


Der Grund dazwischen ist mit einer Kiesschicht und einer Abdichtung versehen. Über die Jahrzehnte ist dieser Bereich versandet, weil sich immer mehr Sedimente dort ablagern. „Das ist genau wie bei einem Gartenteich,“ erläutert Sven-Patric Klameth. Vor allem wenn die Isar Hochwasser trägt, lagert sich jede Menge Erdreich in dem künstliche See ab. „So etwa alle 30 Jahre muss der Schlamm dann entnommen werden, sonst sinkt der Wasserpegel immer weiter ab.“ Dann würden nicht nur die Fische leiden, sondern auch die Pächter, die im Sommer Boote für den Kleinhesseloher See verleihen. „Entweder verlandet so ein See oder er kippt noch davor um,“ erklärt der Fachmann.

Je tiefer der Wasserpegel sinkt, umso wärmer wird der See. In der Folge wachsen dann unter der Wasserfläche immer mehr Algen. „Das könnte für die Pflanzen und Tiere sogar toxische Wirkung haben und dann würde so ein See eben umkippen.“ Genau das verhindert die Schlösserverwaltung mit schwerem Gerät. Drei große Bagger und Tieflader sind im Einsatz. Bevor die hier rein konnten, mussten erst einmal die Fische raus. Das haben die Pächter des Gewässers übernommen, die Isarfischer. Die haben die Fische teilweise umgesetzt in weitere Seen im Englischen Garten oder sie haben die Tiere abtransportiert in andere Angelgewässer, die ihnen zur Pacht unterstehen.

Ingesamt wurden etwa 1,5 Tonnen Fisch hier umgesiedelt. Dazu waren 100 Menschen im Einsatz. Sie haben die Tiere abgefischt, die Fische in Behälter eingefüllt und dann abtransportiert. Sven-Patric Klameth spricht von einem riesigen logistischen Aufwand: „Wenn wir nachher Wasser wieder drin haben, wird es einen Neubesatz an Fischen geben, damit auch die Fischwelt wieder Einzug hält. Um Ostern herum soll alles fertig werden.“

30 000 Tonnen Schlamm werden abgetragen


Und was passiert mit all dem Schlamm? 30 000 Tonnen werden hier abgetragen. Direkt neben einem der beliebtesten Biergärten von München. Der Schlamm mit den Sedimentablagerungen aus der Isar kann Felder fruchtbarer machen. Er speichert Wasser und Nährstoffe lange, Nutzpflanzen gedeihen auf schlammgetränkten Äckern gut. Immerhin 75 Zentimeter hoch sind die Ablagerungen der Flusssedimente aus der Isar am südöstlichen Zulauf und auch am nördlichen Ablauf. Deshalb wird der wertvolle Schlamm auf Äckern der Region ausgebracht, das trägt maßgeblich zur Verbesserung der Bodenqualität bei.
An verschiedenen Stellen der Halden sind weiße Schilder zu sehen. Ein Zeichen für die Lastwagenfahrer, dass dieser Schlamm bereits von Wissenschaftlern beprobt wurde. Dabei überlässt man nichts dem Zufall. Die Proben werden in allen Bereichen des Sees gezogen, die abgetragen werden.

Für die Spaziergänger, Biergartengäste und deren Hunde ist der Morast allerdings kein Gewinn, vor allem Kinder könnten darin versinken. Auch deshalb hat man um das gesamte abgelassene Gewässer einen Zaun errichtet. Der soll auch Passanten daran hindern, sich zwischen den riesigen Baumaschinen zu bewegen. Außerdem wurde die gesamte Baustelle noch auf Kampfmittel untersucht. Bei Erdarbeiten in diesen Dimensionen ist das üblich. Bomben wurden dabei keine gefunden. „Dafür Handymodelle der letzten zwanzig Jahre,“ erzählt Sven-Patric Klameth. Darüber hinaus noch Autoreifen, Fahrradrahmen und jede Menge anderer Müll, der am Grund des Sees lag. Der Unrat füllt einen ganzen Container.
(Heinz Höllenberger)

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