Kommunales

Ein aufgeräumter Schreibtisch, die Schlüssel zum Dienstwagen und die wichtigsten Mappen – so wünscht man sich als Neuling nicht nur in der Verwaltung eine Büroübergabe. (Foto: dpa/Andreas Arnold)

20.03.2020

Damit der Einstieg gut klappt

So funktioniert die Amtsübergabe vom alten Bürgermeister oder Landrat an den Nachfolger

Am vergangenen Sonntag wurden mehrere Hundert Bürgermeister und Landräte im Freistaat neu ins Amt gewählt. Doch wie funktioniert die Übergabe der Amtsgeschäfte genau?

Dass ein komplett „Unbeleckter“ plötzlich Bürgermeister wird, ist ein Extremfall – der allerdings hin und wieder tatsächlich vorkommt. „Die Mehrzahl der neugewählten Bürgermeister hat Vorerfahrungen im Gemeinde- oder Stadtrat“, sagt Eleonore Cröniger Geschäftsführerin des Bayerischen Selbstverwaltungskollegs (BSVK). Allerdings würden bei jeder Kommunalwahl auch Bürgermeister gewählt, die noch keinem Gremium angehört haben: „So auch diesmal.“

Für diese Neulinge gibt es in Bayern eine Fülle von Hilfen. Noch wird es ein Weilchen dauern, bis die Neuen ihr Amt antreten: Am 1. Mai findet der Wechsel statt. Diese Zeit nutzen viele neue Bürgermeister, um sich fortzubilden. Das Bayerische Selbstverwaltungskolleg bietet Seminare zur Rolle des Bürgermeisters, zum Recht der kommunalen Wahlbeamten, zur Bildungs- und Sozialpolitik aus kommunaler Sicht sowie zum Haushaltsrecht und zu kommunalen Steuern an. Start der dreitägigen Seminare war ursprünglich am 18. März. Das geht nun durch die Corona-Krise nicht mehr. „Es sind jedoch weiter Seminare ab dem 20. April geplant“, so Cröniger.

Spitzenverbände stehen bereit

Jeder Bürgermeister und jeder Landrat kann sich auf Fachpersonal in den verschiedenen Ressorts stützen, angefangen vom Aufgabenfeld ,,Migration und Integration’’ über ,,Kinder und Jugend’’ sowie ,,Wohnen und Gewerbe’’ bis hin zu ,,Klimaschutz’’. „Der Wirkungsbereich der bayerischen Landkreise betrifft jeden Lebensbereich unserer Bürger“, sagt Johann Keller, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Bayerischen Landkreistags. Entsprechend seien Landrätinnen und Landräte „überall“ gefordert. Tauchen größere Fragen und Probleme auf, könnten sie sich jederzeit an den kommunalen Spitzenverband wenden. Auch über den Computer sind Keller zufolge jede Menge nützlicher Informationen abrufbar: „Unser Internetangebot bietet die Möglichkeit, eigenständig zu verschiedenen Themen zu recherchieren.“

Für neue Amtsträger will der Landkreistag noch vor dem Beginn der neuen Kommunalwahlperiode einen Begrüßungstag anbieten. Keller: „Wir wollen dann nicht nur Struktur und Aufgaben von Verband und Geschäftsstelle vorstellen, sondern auch alles Wissenswerte rund um den Kreistag sowie die Pflichten im Amt.“ Ein erfahrener Amtsträger werde Fragen von Neulingen beantworten.

Grundbedingung dafür, dass ein neu gewählter Mandatsträger seinen Job als Landrat gut macht, ist nach Kellers Ansicht Flexibilität. „Die Menschen, die für unsere Landkreise stehen, sind Allrounder“, so der Geschäftsführer. Selbst wenn man Erfahrung hat, werde man immer wieder vor neue Aufgaben gestellt: „Man ist jeden Tag gefordert, wie die aktuellen Herausforderungen im Zusammenhang mit Corona zeigen.“
Auch der Bayerische Städtetag hat ein breit gefächertes Angebot sowohl für Neulinge als auch für alte Hasen. Laut Pressesprecher Armin Sing wird bei jeder Kommunalwahl rund ein Drittel der Verwaltungsspitze ausgetauscht. Auch nach seiner Einschätzung bringen die meisten Kandidaten für ein Bürgermeisteramt Vorerfahrungen im Stadt- oder Gemeinderat mit: „Sie wissen, wie Kommunalpolitik funktioniert.“

Eventuell Amtsvorgänger hinzuziehen

Bei der Einarbeitung stünden ihnen die städtischen und gemeindlichen Verwaltungen zur Seite. Teilweise können sie den Amtsvorgänger hinzuziehen, wenn Fragen auftauchen. Sing: „Allerdings gibt es hier alles, vom kollegialen bis zum nüchternen Übergang.“ Ein Einarbeitungsverfahren existiere nicht: „Die konkrete Einarbeitung hängt davon ab, wie der Mandatsträger Zeit hat.“ Manche stünden noch mitten im Beruf. In aller Regel funktioniert der Übergang Sing zufolge ohne große Probleme: „Schließlich hat sich jeder Kandidat seine Kandidatur gut überlegt, man stellt sich nicht blauäugig zur Verfügung.“

Auch der Bayerische Gemeindetag hilft Anfängern, sich am neuen Arbeitsplatz schnell einzugewöhnen. „Rathauschefs können jederzeit Rechtsfragen selbst oder durch ihre Bediensteten von den 13 Referenten in der Geschäftsstelle abklären lassen“, sagt Wilfried Schober, Sprecher des Bayerischen Gemeindetags. Meist geschieht dies telefonisch oder per Mail: „Wenn gewünscht, machen wir das aber auch im Gespräch vor Ort oder in der Geschäftsstelle.“ Gerade für die neugewählten Rathauschefs sei das eine wertvolle, gewinnbringende Chance.

In sogenannten Neugewähltenseminaren werden Neulinge in-struiert. Drei Tage lang erfahren sie, was für einen erfolgreichen Start in das neue Amt nötig ist. Es geht unter anderem um den Haushalt, um Sitzungsleitung und Personalführung. Schober: „Diese Seminare finden immer großen Zuspruch.“

Betriebswirtschaftliches Wissen besonders hilfreich

Vor allem betriebswirtschaftliche Vorkenntnisse kommen Neulingen zugute, sagt Klaus Herzog, der noch bis 30. April als Oberbürgermeister von Aschaffenburg fungiert. Denn OB zu sein, das bedeutet weit mehr, als „nur“ die Geschäfte der Stadtverwaltung zu führen und dem Stadtrat vorzusitzen. „OB’s sind in Aschaffenburg außerdem Aufsichtsratsvorsitzende der Stadtwerke und der städtischen Wohnungsbaugesellschaft.“ In einem kommunalen Krankenhaus seien sie Vorsitzende des Aufsichtsrats und in der Sparkasse Verwaltungsvorsitzende. „Dem Oberbürgermeister kommt dabei eine zentrale Aufgabe zu, wie zum Beispiel die Kontrolle der Wirtschaftspläne“, so Herzog.

Oberbürgermeister haben einen extrem verantwortungsvollen Job, sagt er. Aschaffenburg besitze zum Beispiel eine Führungsgruppe Katastrophenschutz: „Der Oberbürgermeister muss kontinuierlich Gespräche mit der Polizei, mit der Feuerwehr und mit den Rettungsdiensten führen.“ Herzog rät grundsätzlich dazu, dass der scheidende Amtsinhaber mit dem neuen OB Einarbeitungsgespräche führt: „Dabei sollten ausführlich die Entwicklungen im kommunalen Krankenhaus, den Stadtwerken und der städtischen Wohnungsbaugesellschaft geprüft werden.“ Weitere wichtige Themen seien die Haushaltsentwicklung und die zentralen Zukunftsprojekte im schulischen Bereich.

Wird ein OB im Wahlkampf „geschlagen“, wird er sehr wahrscheinlich wenig Lust haben, seinen Nachfolger einzuarbeiten. Diese Erfahrung machte Pia Beckmann (CSU), die 2002 in Würzburg Jürgen Weber (Freie Wähler) ablöste. „Ich hatte versucht, das Gespräch mit meinem Vorgänger zu führen, aber da war die emotionale Verletzung der Nicht-Wiederwahl und die Abneigung gegen mich zu groß, als dass mir das geholfen hätte“, sagt sie im Rückblick.

„Falsche Loyalitäten und Vorbehalte“

Insgesamt sei die Einarbeitung „wie erwartet anspruchsvoll, aber nicht schwierig“ gewesen: „Denn ich bin ein Mensch, der offen, direkt und freundlich auf andere zugeht.“ Während ihre Parteifreunde ob ihres Sieges die Korken knallen ließen, habe sie am Wahlabend schon im Kopf eine Liste gemacht, mit welchen Mitarbeitern sie ab Montag im Rathaus alles sprechen werde, berichtet Beckmann.

Beim Übergang habe ihr Robert Scheller, heute Finanz- und Personalreferent der Stadt Würzburg, als ihr persönlicher Mitarbeiter sehr geholfen: „Außerdem war mein Büro gut organisiert.“ Ebenso habe sie eine sehr gute Referentenriege vorgefunden: „Wir waren ein Team.“ Dazu gehörte allen voran der damalige Kämmerer Uwe Schreiber, der zusammen mit Pia Beckmann Würzburg durch die Haushaltskrise führte.

Das seinerzeit verblüffende Wahlergebnis legte Pia Beckmann allerdings auch Steine in den Weg. „Die hatten mit falschen Loyalitäten, einseitiger Parteinahme und Vorbehalten gegenüber einer Frau als Chefin zu tun“, sagt sie. Doch das wolle sie nicht aufwärmen: „Entscheidend ist, dass es mir gelang, die Vorbehalte sukzessive aufzubrechen und Vertrauen und gegenseitige Wertschätzung aufzubauen.“ Auch hier suchte sie die Lösung im persönlichen, teils auch mehrmaligen Gespräch mit Einzelnen. Beckmann: „Interessanterweise ist es geglückt, diese Konflikte beizulegen, noch heute habe ich ein sehr gutes Verhältnis zu den meisten Mitarbeitern von damals.“ (Pat Christ)

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