Kommunales

Polizeibeamte untersuchen den Anschlag auf ein Kommunalbüro der Partei Die Linke (oben). (Fotos: dpa/Polizei)

16.09.2022

Mehr Gewalt gegen Kommunalpolitiker

Eine neue Studie belegt, dass Anfeindungen zunehmen – ein Grünen-Stadtrat allerdings täuschte eine Bedrohung nur vor

"Mit Sorge beobachten wir, dass sich die Grenzen des Anstands und des Sagbaren bei politischen Auseinandersetzungen weiter verschieben. Immer wieder werden Amtspersonen und politisch Aktive beleidigt, bedroht oder tätlich angegriffen“, sagt Markus Lewe (CDU), OB von Münster und Präsident des Deutschen Städtetags, bei der Vorstellung der Untersuchung Kommunales Monitoring zu Hass, Hetze und Gewalt gegenüber Amtsträgerinnen und Amtsträgern, die im Auftrag seines Kommunalverbands erfolgte.

Fast die Hälfte der befragten ehren- und hauptamtlichen Bürgermeister*innen und Landrät*innen hat in den vergangenen sechs Monaten Anfeindungen, Hasspostings in sozialen Medien oder gar tätliche Übergriffe erlebt. Eine wichtige Rolle spiele dabei das Netz, so Lewe. Anonym und vom Bildschirm aus falle es Kriminellen leichter zu beleidigen, zu drohen oder zu Gewalt aufzurufen.

Nach seinen Ausführungen herrscht speziell in den Städten ein stärker aufgeladenes Diskussionsklima als im ländlichen Raum. Wenig überraschend für den Städtetagspräsidenten: „In urbanen Räumen trifft eine Vielzahl unterschiedlicher Lebensentwürfe und Meinungen aufeinander, die zu Auseinandersetzungen führen können.“ Die Konsequenzen für die Geschädigten von Bedrohungen und Anfeindungen wiegen nach den Worten des Verbands schwer und reichten von psychischen und physischen Folgen bis hin zu Gedanken, das politische Amt aufzugeben.

Häufig wird von Betroffenen keine Anzeige erstattet

Markus Lewe warnt: „Hier liegt die größte Gefahr für unsere freiheitliche, demokratische Gesellschaft: Unser Gemeinwohl ist gefährdet, wenn sich Menschen nicht mehr für die Stadt oder Gemeinde engagieren wollen. Kommunale Mandatsträgerinnen und Mandatsträger müssen ihr Amt ohne Angst ausüben können.“ Bemerkenswert sei, dass nur ganze 15 Prozent der Vorfälle überhaupt zur Anzeige gebracht wurden – denn auch Angriffe beziehungsweise Androhungen von Gewalt im Internet sind Straftaten. Daher appelliere man als Städtetag an alle Betroffenen, Übergriffe auch anzuzeigen. „Nur so können wir als Gesellschaft wirksam dagegen vorgehen“, ist der deutsche Städtetagspräsident überzeugt.

Derweil sorgt der Fall von Manoj Subramaniam bundesweit für Aufsehen. Der Stadtrat der Grünen im nordrhein-westfälischen Erkelenz behauptete über Monate hinweg, von angeblichen Rechtsradikalen beleidigt und bedroht zu werden. Angeblich seien ihm von Nazis per Post anonyme Todesdrohungen und Rasierklingen zugeschickt worden. Der Kommunalpolitiker indischer Abstammung ließ sich sogar vor seinem Auto fotografieren, dessen Scheiben eingeschlagen und dessen rechte Hintertür mit einem roten Hakenkreuz beschmiert worden war. Aus der Landes- und der Kommunalpolitik erhielt der junge Grüne Solidaritätsbekundungen.

Doch jetzt kam raus: Manoj Subramaniam hatte die ganze Bedrohung nur erfunden, auch die Schäden an seinem Auto hatte er selbst inszeniert. Die zuständige Polizei in Aachen und die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach waren der Sache nachgegangen und auf immer mehr Ungereimtheiten gestoßen; schließlich flog der Betrug auf und der Grüne gestand. Subramaniam legte daraufhin sein Mandat im Erkelenzer Stadtrat nieder. Womöglich gibt es Ermittlungen wegen Vortäuschung einer Straftat.Man sei „fassungslos und schockiert“ über das Verhalten des Parteifreunds, sagt Hans Josef Dederichs, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Stadtrat von Erkelenz. Subramaniam habe die Solidarität der Erkelenzer Grünen und aller Kommunalpolitiker*innen missbraucht. (André Paul)


Bildunterschrift zum Foto im Text:

Alles nur Fake: Der Grünen-Stadtrat Manoj Subramaniam behauptete über Monate hinweg, von Nazis bedroht zu werden. Er beschädigte sogar sein eigenes Auto und beschmierte es mit einem Hakenkreuz. (Foto: BSZ)

 

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