Kommunales

Sie warnen vor einem Ausverkauf der Alpen und mahnen naturverträglichen Tourismus an. (Foto: Stäbler).

07.08.2025

„Gegen den Ausverkauf der Alpen“ - ein Bündnis aus Opposition, Naturschutz und Wissenschaft macht im Werdenfelsder Land mobil

Im Werdenfelser Land rumort es – der Naturschutz komme zu kurz, sagen viele. Nun macht ein Bündnis aus Opposition, Naturschutz und Wissenschaft mobil. Und das unter dem Slogan „Heimat bewahren!“. Pikant: Denn eigentlich ist dies der Leitsatz der CSU. Unterzeichnet wurde das Papier symbolträchtig vor einem schmelzenden Gletscher. Von der Zugspitze berichtet Patrik Stäbler

Inmitten von Geröll erstreckt sich eine kaum hundert Meter lange Rutschbahn aus weißbraunem Schnee, der von Pistenraupen mühsam zusammengeschoben wurde. Auf der kurzen Abfahrt schlittern an diesem Vormittag einige Kinder mit Zipfelbobs hinab – hier oben auf der Zugspitze, Deutschlands höchstem Berg.
Das Juchzen der Mädchen und Buben passt so gar nicht zu den ernsten Worten, die Wilfried Hagg nur einen Steinwurf entfernt spricht. Der Glaziologe von der Hochschule München steht vor dem Nördlichen Schneeferner, einem von zwei Gletschern auf der Zugspitze, der freilich nur noch ein kümmerlicher Rest früherer Tage ist.

In wenigen Jahren werde der Schneeferner komplett verschwunden sein, sagt Hagg. Und auch andernorts im Freistaat sei die Zeit des ewigen Eises bald vorbei. „Bayern hat in diesem Jahrtausend zwei Drittel seiner Gletscherfläche verloren“, betont der Experte. Dies habe dramatische Folgen – nicht nur, weil ein wichtiges Ökosystem verschwinde, sondern auch wegen der Bedeutung von Gletschern für den Wasserhaushalt.

Dabei ist das Schwinden des Eises nur ein Indiz dafür, unter welch großem Druck die bayerische Bergwelt durch den Klimawandel steht. Um auf diese Bedrohung für den Alpenraum hinzuweisen und mehr Schutzmaßnahmen zu fordern, sind heute Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Naturschutz auf die Zugspitze gekommen. Dort unterzeichnen sie – symbolträchtig vor dem Gipfelkreuz auf 2962 Metern – eine Resolution mit dem Titel „Unsere Gletscher, unsere Berge: Heimat bewahren!“

Staatsregierung müsste im Alarmmodus sein

Letzteres ist eigentlich ein Slogan, den die CSU für sich gepachtet hat. Hier auf der Zugspitze ist die Regierungspartei jedoch das Ziel von Kritik, Vorwürfen und Appellen. So bemängelt etwa Katharina Schulze, Fraktionschefin der Grünen im Landtag: „Die Staatsregierung müsste längst im Alarmmodus sein, doch stattdessen tut sie immer noch so, als könne man den Klimawandel mit Nichtstun aussitzen.“

Neben den Grünen gehören auch SPD, ÖDP und etliche Naturschutzverbände zu den Unterzeichnern der Resolution. Viele, die heute auf die Zugspitze gekommen sind, haben schon zwei Wochen zuvor und gut 2000 Meter tiefer protestiert – bei einer Kundgebung auf dem Münchner Marienplatz unter dem Motto „Rettet die Berge“. Dort stand vor allem das dritte Modernisierungsgesetz der Staatsregierung unter Beschuss, das aus Sicht der Kritiker dem Bau neuer Skipisten, Liften und Beschneiungsanlagen Tür und Tor öffnet – zulasten des Naturschutzes.

Demgegenüber sieht die CSU in dem Gesetz einen notwendigen Bürokratieabbau. „Wir schaffen Luft zum Atmen für Engagement, Ehrenamt und Unternehmergeist“, betont Fraktionschef Klaus Holetschek. Und mit Blick auf die Kritik seitens „Rettet die Berge“ ergänzt sein Parteifreund Alexander Flierl, Vorsitzender des Umweltausschusses: „Diese künstliche Empörung hat keinerlei Bezug zur Realität vor Ort. Bayerns Natur steht seit Jahrzehnten unter starkem Schutz und daran wird sich mit uns auch nichts ändern.“

Ganz anders bewertet das Friedl Krönauer vom Bund Naturschutz (BN). Er spricht auf der Zugspitze von einem „Ausverkauf der Alpen nur für Partikularinteressen“, den die Staatsregierung „unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus“ vorantreibe. Dabei brauche es vor dem Hintergrund des Klimawandels dringend entschlossene Maßnahmen, um Bayerns Bergwelt zu schützen.

„Naturverträglicher Tourismus“

Konkret fordern die Initiatoren der Resolution, dass die Staatsregierung das Ziel eines klimaneutralen Freistaats bis 2040 mit konkreten Schritten hinterlegt. Überdies müssten Bergwälder und Wasserressourcen besser geschützt sowie ein „naturverträglicher Tourismus“ entwickelt werden. Letzteres treibt vor allem die Menschen im Alpenraum um, die vielfach mit und von den Urlaubern leben. Sie würden die Forderungen der Naturschutzverbände oftmals skeptisch sehen, weiß Friedl Krönauer, der beim BN den Landarbeitskreis Alpen leitet. Und doch gibt es für ihn keine Alternative zu einem Umschwung hin zu einem nachhaltigen Tourismus.

Dieser Weg sei „im Interesse von Natur, Umwelt und vor allem der hier lebenden Menschen“, sagt Friedl Krönauer. Er betont: „Gesellschaft und Politik müssen die Alpen in ihrer Schönheit und Unverfügtheit als Erholungs- und Erfahrungsraum für uns, aber insbesondere unsere Kinder und Enkel, erhalten.“
(Patrik Stäbler)
 

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
X
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.