Kommunales

Fischwirtschaftsmeisterin Michaela Gerstner-Scheller (links) präsentiert den Besuchern einen prächtigen Stör aus einem der Hälterungsbecken. (Foto: Mauritz)

23.09.2021

Ohne Teichwirte keine Artenvielfalt

Unterfränkische Traditionsbetriebe wie der von Fischwirtschaftsmeisterin Michaela Gerstner-Scheller kämpfen mit Problemen

Entlang des romantischen Tales der Volkach reiht sich auf rund 1500 Metern Länge Teich an Teich. Aber die Idylle täuscht. Der Traditionsbetrieb in vierter Generation kennt viele Probleme, wie Fischwirtschaftsmeisterin Michaela Gerstner-Scheller berichtet. Sie leitet den Betrieb seit 2004. Dabei denkt sie nicht nur an die üblichen Handicaps in Zusammenhang mit der Wasserarmut auf der fränkischen Trockenplatte. Und auch nicht daran, dass es in Jahren mit viel Starkregen und Hochwasser Fischen gelingen kann, aus ihrer Anlage auszubüxen.

Sie denkt dabei auch nicht an die Konkurrenz aus Übersee, die exotische Fischarten und seltene Meeresfrüchte in den Supermärkten anbietet. Viel mehr Kummer bereiten ihr (und ihren Kolleginnen und Kollegen in ganz Bayern) fischfressende Vögel wie insbesondere die Kormorane. Wenn die in einem dichten Schwarm über ein Gewässer herfallen, fangen sie bis zu 90 Prozent der Fische eines Teiches. „Damit ist unter Umständen jahrelange Mühe umsonst!“

Mit Sorge beobachten die unterfränkischen Teichwirt*innen zudem den Vormarsch der Fischotter. Die putzigen Tierchen haben keine natürlichen Feinde und verursachen bereits jetzt in den Oberpfälzer Teichanlagen verheerende Schäden. „Das Schlimmste an den Fischottern ist, dass die in einen regelrechten Blutrausch verfallen können“, so die Fischwirtschaftsmeisterin. Das bayerische Landwirtschaftsministerium habe allein für das Jahr 2019 einen Gesamtschaden durch Fischotter von weit mehr als einer Million Euro errechnet.

Unklar, was man gegen Ausbreitung des Fischotters tun kann


Der materielle Verlust sei dabei nur die eine Seite der Medaille, wie Fischereifachberater Michael Kolahsa ergänzte: „Fischteiche bieten zahlreichen seltenen Tier- und Pflanzenarten ideale Lebensräume.“ Diese immense Artenvielfalt stehe auf dem Spiel, wenn Teichwirte gezwungen wären, ihre Betriebe aufzugeben. Gerstner-Scheller war aus Frust wegen der ständigen Kormoranschäden vor 15 Jahren selbst schon drauf und dran aufzuhören. Mittlerweile gebe es aber die Möglichkeit, die gefräßigen Vögel nachhaltig zu verscheuchen. Was man gegen Fischotter unternehmen könnte, ist allerdings noch ein Rätsel.

Gerade die Karpfenteich-Wirtschaft ist ausgesprochen naturnah. Die Schuppenträger decken ihren Eiweißbedarf nämlich im Wesentlichen durch die natürliche Nahrung, die sie im Teich finden, wie zum Beispiel Insektenlarven oder Wasserflöhe. „Nur in Ausnahmefällen wird zugefüttert“, erklärte Gerstner-Scheller. Karpfen durchpflügen auf der Suche nach Nahrung den Teichboden. „Das Wasser eines Karpfenteichs muss braun sein, das ist die Natur“, betonte Gerstner-Scheller.

Fische sind wechselwarme Tiere, weswegen sie in vergleichsweise kühlen Sommern wie heuer weniger Fleisch ansetzen. Die bayerischen Karpfenzüchter*innen rechnen daher in dieser Saison mit einem unterdurchschnittlichen Ertrag – statt der 5300 Tonnen wie im vergangenen Jahr könnten es heuer nur 5000 Tonnen werden, ein knappes Zehntel.

Teichwirtschaft gibt es insbesondere in Nordbayern seit mehr als 1000 Jahren. In diesem Jahr hat die Unesco die traditionelle Karpfenteichwirtschaft sogar als immaterielles Kulturerbe anerkannt. Gerstner-Scheller sieht darin eine Anerkennung der bayerischen Fischzüchter. Karpfenteiche würden schließlich die fränkischen Landschaften prägen.


Karpfen, Zander und Störe sind besonders gefragt


In ihrem Betrieb züchtet sie freilich nicht nur Karpfen. Rege nachgefragt würden auch Raubfische, insbesondere Zander. Und noch eine Besonderheit schwimmt in den Teichen der Gerstner’schen Anlage: Koi-Karpfen aus eigener Nachzucht. „Bunt, robust, winterhart, ideal für heimische Gartenteiche“, lobt die Fischwirtschaftsmeisterin ihre Exoten. Am Schluss holt sie mit dem Kescher noch einen prächtigen Stör aus einem der Hälterungsbecken. Mit einem routinierten Griff hält sie ihn hinter den Kiemen fest und zeigt ihn den Besucher*innen.

Der Fisch mit den markanten Barteln vor dem Maul ist fast einen Meter lang, aber er verhält sich erstaunlich still. Wie er denn heiße, fragt jemand aus der Runde. „Keine Namen!“, antwortet Michaela Gerstner-Scheller, „keine persönliche Bindung!“ Schließlich wird der stattliche Flossenträger eines Tages in irgendeiner Feinschmeckerküche enden und dann soll es zuvor keinen traurigen Abschied aus dem Tal der Volkach geben. (Markus Mauritz)


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