Kommunales

Das ehemalige Salesianerinnen-Haus in Beuerberg steht noch leer. Währenddessen kann sich die Bevölkerung einen Einblick in den Alltag der Nonnen verschaffen, inklusive in die kargen Kemenate. (Foto: Schwenger)

08.07.2016

Der Herr ist hier nicht mehr zuhause

Die profane Umwidmung von früheren Klöstern wird in Bayern immer mehr zum Geschäftsmodell

Wenn in Bayern mal wieder ein Kloster schließt, warten Immobilienmakler schon mit leuchtenden Augen: Die Gebäude sind für diverse Nachnutzungen beliebt.

Klosterschließungen passieren in Bayern inzwischen in trauriger Regelmäßigkeit: Zuletzt gab vor wenigen Monaten der Franziskanerorden bekannt, sein Haus in Dettelbach (Landkreis Kitzingen) aufzugeben. Noch sechs Mönche leben da, keiner ist unter 40 Jahre alt, die meisten sind längst im Rentenalter. Lebenslanges Zölibat und ein Leben in Armut und Gehorsam spricht eben immer weniger junge Menschen an. Der Mitgliederschwund trifft dabei alle Orden gleichermaßen – freilich unterschiedlich stark. Auch die Frauenorden werden dabei nicht verschont von diesem Trend. In Oberbayern kapitulierte vor zwei Jahren der Orden der Salesianerinnen und schloss sein Kloster im Ort Beuerberg in der Gemeinde Eurasburg (Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen). Hier lag das Durchschnittsalter der Frauen sogar bei über 80 Jahren.

Während die Bürgermeister eine solche Entwicklung meist mit Sorge verfolgen – immerhin gehören Klöster in der Regel zum integralen Teil des Kultur- und Soziallebens in einer Kommune - können sich Immobilienunternehmen darüber freuen: In Klöstern mit ihrer beeindruckenden und hochwertigen Bausubstanz lassen sich diverse säkulare Nutzungen umsetzen. Auf die profane Umnutzung der Kirchgebäuden haben sich inzwischen sogar eine ganze Reihe von Baufirmen spezialisiert. Zu den führenden in Deutschland gehört das Bamberger Unternehmen Kips. „Katholische Bistümer und evangelische Landeskirchen gehören ebenso zu unserem Kundenkreis wie einzelne Ordensgemeinschaften, Sozialverbände oder Kirchenkreise“, teilt die Firma mit. Kips gehört zu 100 Prozent der Josephs-Stiftung, einem Wohnungsunternehmen, was sich wiederum im Eigentum des Erzbistums Bamberg befindet.


Wellnessressorts, Luxusferienwohnungen


Ein Beispiel dafür aus der jüngeren Vergangenheit im Freistaat ist das ehemalige Benediktinerinnenkloster Holzen bei Augsburg. Das Dominikus-Ringeisen-Werk, eine Stiftung für behinderte Menschen, hat die 300 Jahre alten Gemäuer in ein Hotel verwandelt, das in einem angeschlossenen Gästehaus auch Jakobsweg-Pilger beherbergt. Man kann allerdings auch nicht aus jedem Kloster ein Hotel oder Tagungszentrum machen. Denn die Ordenshäuser haben eine sehr spezielle Raumaufteilung – mit vielen kleinen Einzelzimmern, den Mönchsklausen, und mehreren großen Versammlungsräumen. Ein vielversprechendes Konzept aus Sicht der jeweiligen Diözesen, denen die Klöster kirchenrechtlich unterstehen, sind vor allem Pflege- und Seniorenheime. Ein karitatives Konzept im Anschluss an die Aufgabe findet nämlich in der Regel ebenso das Wohlwollen des Gemeinderats, Jobs werden damit auch geschaffen.

Kloster Beuerberg, nur 50 Kilometer südlich von München im landschaftlich beschaulichen Loisachtal des Voralpenlandes gelegen, weckte natürlich ganz besondere Begehrlichkeiten bei potentiellen Investoren: Wellnessressort, Luxusferienwohnungen: Es kursierten diverse Konzepte. Glücklicherweise widerstand die Kirche bis jetzt den finanziellen Verlockungen.

Derzeit steht das Kloster für die interessierte Öffentlichkeit offen. Eine Ausstellung zeigt den Besuchern das ganz normale Leben im Kloster, bis hin zum Kleiderschrank mit der sauber aufgehängten Tracht. Das heißt: Klassisch „ausgestellt“ wird wenig, eher wirkt es, als wären die Nonnen nur mal gerade weggegangen. Allerdings genehmigte das Landratsamt als Ausstellungsort nur das Erdgeschoss, die einstigen Privatzimmer der Salesianerinnen in den oberen Etagen sind nicht zugänglich.

Nur noch zwei lebende Ordensschwestern


Auch um das Kloster in Altomünster im Landkreis Dachau steht es nicht zum Besten. Nur noch zwei Schwestern leben in dem riesigen Bauwerk. Sie gehören dem strengen Birgitten-Orden an, der 1346 von der heiligen Birgitta von Schweden gegründet wurde. Das Kloster ist das einzige des Ordens im deutschsprachigen Raum. Die Kirche St. Alto und St. Birgitta ist ein architekturhistorisches Schmuckstück, das letzte Werk von Johann Michael Fischer, dem Erfinder des bayerischen Rokoko. Laut seiner Grabinschrift an der Münchner Frauenkirche erbaute er 32 Gotteshäuser und 23 Klöster. Altomünster entstand ab 1763 als eine der letzten Rokokokirchen überhaupt und stellt eine der originellsten dieses Stils dar.

Einen ganz anderen Weg ging das ehemalige Zisterzienserkloster Raitenhaslach, gelegen in der Gemeinde Burghausen im Landkreis Altötting. Nach aufwendiger Restaurierung ist der spätbarocke Prälatenbau des Klosters zu einem Ort des internationalen wissenschaftlichen Austausches geworden: dem heuer neu eröffneten Akademiezentrum der Technischen Universität München. Auf rund 1000 Quadratmetern bietet das Zentrum künftig Wissenschaftlern und Studierenden der TU sowie ausgewählten externen Nutzern Tagungsmöglichkeiten, Seminarräume und Studierzimmer.

Das von der Diakonie Neuendettelsau feilgebotene Kloster Himmelkron im Landkreis Kulmbach wiederum sieht einer möglichen Zukunft als Heimstätte unbegleiteter minderjähriger Asylbewerber entgegen. Mit rund 3,3 Millionen Euro Kaufpreis ist es allerdings auch kein Schnäppchen. Hier liegen die Ursachen der Aufgabe allerdings nicht in der sinkenden Bewohnerzahl begründet – nein, das Haus ist einfach nur nicht barrierefrei und behindertengerecht. (André Paul)

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