Kommunales

Die Aussichtsreichsten in München (von links): Katrin Habenschaden (Grüne), Dieter Reiter (SPD) und Kristina Frank, (CSU). (Foto: Sven Hoppe/dpa)

17.02.2020

Der Kampf um die Metropolen

Für die in Umfragen abstürzende SPD geht es um ihre letzten Bastionen. Die CSU will zeigen, dass sie nicht nur im ländlichen Raum stark ist und die Grünen hoffen auf einen weiteren Höhenflug. Wer macht das Rennen in den großen Städten?

In Bayern gibt es offiziell drei Metropolen - München, den Großraum Nürnberg und Augsburg. In diesen Großstädten wetteifern die Parteien mit besonders großem Aufwand um die Macht, und die Zahl der Oberbürgermeister-Kandidaten ist jeweils zweistellig. Ein Blick auf den Wahlkampf in den drei Städten:

MÜNCHEN
Für die Oberbürgermeister in München ist der Start des Oktoberfestes jedes Jahr eine Bewährungsprobe. Die große Frage: Wie viele Schläge brauchen sie, um das erste Bierfass anzuzapfen? Dieter Reiter ist in Übung. Nach vier Schlägen kurz nach seinem Amtsantritt 2014 konnte er seitdem immer schon nach zwei Schlägen verkünden: "Ozapft is!". Auch dieses Jahr könnte ihm die Ehre wieder zuteil werden. Dem SPD-Politiker werden bei der Kommunalwahl gute Chancen eingeräumt. Doch sicher ist das nicht, auch Kristina Frank von der CSU und Katrin Habenschaden von den Grünen gelten im zehnköpfigen Kandidatenfeld als nicht aussichtslos. Wahlbeobachter rechnen mit einer Stichwahl.

Was viele Münchner beschäftigt: Überteuerte Mieten, überfüllte öffentliche Verkehrsmittel, verstopfte Straßen, Klimaschutz und die Sorge um ausreichend Betreuungsplätze für Kinder.
Reiter punktet mit Souveränität und Wortwitz. Sein Motto: "Erst zu sagen, was man tut - und dann zu tun, was man sagt." Auf Wahlkampf-Unterstützung von Genossen aus Berlin verzichtet er, ebenso auf eine große Abschlusskundgebung. Er wolle lieber direkt mit den Leuten reden, sagt der 61-Jährige. Bei einem Sieg wäre es seine letzte Amtszeit, aus Altersgründen. Im Stadtrat könnten seine Sozialdemokraten aber deutlich geschwächt werden. Bislang haben sie dort 23 Sitze, so wie die CSU, mit der sie 2014 eine Kooperation vereinbart hatten.

Auch wenn sie gegeneinander antreten - die Chemie zwischen Reiter und der Grünen-Kandidatin Katrin Habenschaden ist gut, auch weil ihre Positionen oft nicht weit auseinander liegen. "Weil München es besser kann!", mit diesem Slogan tritt die gebürtige Nürnbergerin an. Die 42 Jahre alte ehemalige Bankerin lebt mit Mann und zwei Kindern im Münchner Westen. Sie will frischen Wind in die Stadt bringen und die Kooperation zwischen SPD und CSU beenden. "Mehr Zukunftsmut statt politischer Gegenwartsstarre", schreibt sie auf ihrer Internetseite.

Jung, modern, unkompliziert und heimatverbunden - so tritt Kristina Frank auf. Ihr Slogan: "Wieder München werden". Die Gemütlichkeit gehe verloren, die Stadt werde zu groß und unpersönlich, beklagt sie. Ausgesuchte Münchner lädt sie in ihre Fahrradrikscha zum Bike-Talk. Die Videos dieser Stadttouren zeigt sie auf ihrer Homepage, ebenso wie Alltagsszenen mit Ehemann und kleinem Sohn. Frank ist ehemalige Staatsanwältin und Richterin und seit 2018 Kommunalreferentin der Stadt.


NÜRNBERG:
In Bayerns zweitgrößter Stadt geht es für die SPD darum, auch im Stadtrat eine der letzten großen kommunalen Hochburgen zu verteidigen. Mit Ulrich Maly gibt eine sozialdemokratische Ikone den Staffelstab weiter - der nach 18 Jahren scheidende Oberbürgermeister wird in Franken von Freund und Feind geschätzt. Sogar CSU-Ministerpräsident Markus Söder hat das Oberhaupt seiner Heimatstadt einmal als "Lichtgestalt der SPD in Bayern" gewürdigt. 2014 hatte Maly satte 67 Prozent der Stimmen geholt.

Mit dem Sozialwirt Thorsten Brehm schickt die SPD einen 34-Jährigen und damit kaum erfahrenen Kommunalpolitiker ins Rennen um die Nachfolge Malys. Die Nürnberger Sozialdemokraten wollen nicht nur einen Stab-, sondern auch gleich einen Generationenwechsel.

Söders CSU wittert darin eine einmalige Chance. Selten war der Schlüssel zum Rathaus in der alten Arbeiterstadt Nürnberg so greifbar. "Viel Rückenwind aus Berlin gibt es derzeit nicht", sagt selbst Brehm angesichts der schwachen Umfragewerte seiner Partei. Sachpolitisch ist die Unterscheidung ebenso schwierig. Die Parteien gehen mit Verkehrsthemen wie dem Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs und mehr Grün in der Stadt in den Wahlkampf - die programmatischen Unterschiede erscheinen marginal.

Die CSU will es mit Marcus König versuchen, einem Mann, der mit 38 Jahren wenig mehr Erfahrung mitbringt als sein SPD-Kontrahent. Ihm zur Seite steht allerdings mit der Kulturreferentin Julia Lehner eine ausgesprochen erfahrene und auch angesehene Kommunalpolitikerin. Sie soll als Kulturbürgermeisterin Nürnberg zu Europas Kulturhauptstadt 2025 machen.

Insgesamt sind es zwölf Kandidaten, die sich um den OB-Sessel in der Stadt Albrecht Dürers bewerben - weshalb eine Stichwahl durchaus möglich erscheint. Realistische Chancen werden aber außer den Bewerbern von CSU und SPD höchstens noch der Grünen-Kandidatin Verena Osgyan (48) eingeräumt - auch wenn Nürnberg bisher alles andere als eine Hochburg für die Öko-Partei war.

AUGSBURG:
Für die CSU war die schwäbische Stadt bislang das wichtigste Aushängeschild, um auch Großstadtkompetenz zu demonstrieren. Doch mit dem Rückzug des christsozialen Augsburger OB Kurt Gribl, derzeit auch Vorsitzender des Bayerischen Städtetages, werden die Karten neu gemischt.
In der Vergangenheit war die 300 000-Einwohner-Stadt weder für die CSU noch für die SPD eine Hochburg - Rathauschefs mit dem einen oder anderen Parteibuch wechselten sich regelmäßig ab. Oftmals wurde erst in der Stichwahl entschieden, wer in Augsburg den Chefsessel im Rathaus erobert. Als Amtsinhaber Gribl 2014 die Wahl bereits im ersten Durchgang gewann, gab es erstmals seit 1990 kein Stechen.

Nach dem überraschenden Verzicht Gribls auf eine dritte Amtszeit wollen ihn nun 13 Kandidaten beerben. Drei Bewerber gelten als aussichtsreich: Gribls Stellvertreterin, Bürgermeisterin Eva Weber (CSU), gilt als Favoritin. Doch auch dem SPD-Bewerber Dirk Wurm und der Grünen-Kandidatin Martina Wild werden Chancen eingeräumt. Das besondere an dem Wahlkampf ist, dass alle drei in den vergangenen Jahren in der Stadtregierung zusammengearbeitet haben. Denn seit 2014 wird Augsburg von der schwarz-rot-grünen Koalition geführt.

Die 42 Jahre alte Eva Weber verantwortet bisher die Finanzen und die Wirtschaftsförderung in Bayerns drittgrößter Stadt. Als Gribl vor knapp einem Jahr seinen Rückzug ankündigte, wurde Weber umgehend als CSU-Kandidatin vorgestellt. "Ich bin weder eine Kronprinzessin, noch sehe ich das Amt als Erbhof", meinte sie damals.

Der 40-jährige Wurm leitet in der Stadtregierung das Ordnungs-, Sport- und Gesundheitsreferat. Wurm hatte als Referent insbesondere die Einrichtung eines Süchtigentreffpunkts in der Nähe des Stadtteilbahnhofs Oberhausen durchgesetzt. Gegen das Projekt gab es erst Widerstand, dann stieß es auch überregional auf Beachtung. Die 42-jährige Wild sitzt seit 2003 im Augsburger Stadtrat und führt seit der vergangenen Kommunalwahl die Grünen-Fraktion.
(Cordula Dieckmann, Michael Donhauser und Ulf Vogler, dpa)

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