Die Bedeutung und Zukunft des Öffentlichen Raumes ist das Thema der 7. Architekturwoche, die vom Bund Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA) in Bayern veranstaltet wird. Vom 25. Juni bis 1. Juli wird das Münchner Isartor zu einer „Zentrale“, in der Vorträge und Podiumsdiskussionen geplant sind. Daneben gibt es eine ganze Reihe von „Satelliten“ – Veranstaltungsorte mit Kunstinstallationen – quer über die Stadt verteilt, aber auch in anderen Städten wie Ingolstadt. Der Öffentliche Raum als Begegnungsraum zwischen Menschen müsse erhalten und erweitert werden, so Rainer Hofmann vom BDA, sei er doch „der soziale Kitt der Gesellschaft“.
Architektur verhandele seit jeher Räume: „Private Räume, öffentliche Räume, Zwischenräume. Räume, in denen Leben stattfindet, Räume, in denen sich Gesellschaft konstituiert“, so der BDA auf seiner Website. Die siebte Architekturwoche lenke den Blick auf den „uns unmittelbar umgebenden, öffentlichen Raum der Stadt. Die Stadt gehört allen. Hier trifft man aufeinander, hier lebt man zusammen. Leben in der Stadt bedeutet Vielfalt erleben, respektieren und akzeptieren.“
Zusammenleben verhandeln
Ein Zusammenleben, dass freilich verhandelt werden muss. So steht am Eröffnungstag in der Zentrale am Isartor eine Diskussion zum Thema: „Wem gehört die Stadt?“ auf dem Programm, es geht um die Perspektiven und Forderungen vom Stadtbewohnern. Am Montag geht es dann bei einem Podiumsgespräch um die „Stadt als Zuhause im Spannungsfeld privater und öffentlicher Interessen“. Der Titel: „Meine, Deine, Unsere.“ Auch bei den Installationen der „Satelliten“ spielen gesellschaftliche Fragen eine Rolle. So ist am Viktualienmarkt ein leerstehender Marktstand als „Mietmarkt“ zu besichtigen. „Der Mietmarkstand bringt die Debatte um den Münchner Mietmarkt in die Innenstadt. Der Viktualienmarkt als historischer Ort des täglichen Bedarf wird ergänzt um ein neues Standl: den Mietmarktstand“, so das Künstlerkollektiv P.O.N.R.. Und in der Trambahnstation am Lenbachplatz haben mehrere Künstler eine „innen-außen“-Skulptur errichtet: „Stadt für alle?! In der Realität sieht das anders aus, der Stadtraum ist nicht für alle auf die gleiche Weise zugänglich und nutzbar. Wir haben Orte identifiziert die sich als Nicht-Orte beschreiben lassen. Sie besitzen keine Aufenthaltsqualität und sind anonym. Damit werden die tagsüber noch belebten Räume, nachts zu ‚Angsträumen‘ für bestimmte Gruppen. Die Installation zielt darauf ab, das Potential eines Nicht-Ortes darzustellen“, heißt es dazu.
Was soll die Architekturwoche bewirken? „In der jüngsten Vergangenheit hat sich unser Verhältnis und unser Bewusstsein für den privaten und den öffentlichen Raum erneut verändert“, so der BDA. Viele hätten ihre Stadt neu entdeckt, den Lebensraum neu erlebt. „Was haben wir neu zu schätzen gelernt, welche Potenziale haben sich gezeigt? Welche Stadträume und Nischen wurden entdeckt oder erobert?“, so die Fragestellung der Architekten. Und „die großen Aufgaben unserer Zeit zeigen, dass Lebensräume neu gedacht, diskutiert und verhandelt werden müssen. Nur im sozialen Miteinander, mit Gemeinsinn und kritischem Bewusstsein für unsere Erde können wir Krisen gemeinsam bewältigen.“ Es sei an der Zeit unsere Lebensweisen zu hinterfragen und Stellung zu beziehen für „kreislaufbasierte, alternative Lebensmodelle und gemeinsam Perspektiven zu entwickeln — für das Stadtleben von Morgen“.
Wegweisende Architektur
Ein Thema ist auch der Rückblick auf wegweisende Architektur. Einen der bis heute am eindrücklichsten umgesetzten städtebaulichen Entwürfe in München stellt der Olympiapark für die Olympischen Spiele von 1972 dar. Ein Entwurf, der den Landschaftspark zusammen mit den Sportstätten, Wohnbauten und der Infrastruktur zu einer einzigartigen Stadtlandschaft verwebt hat, ein Entwurf, mit dem die damals noch junge Demokratie der Bundesrepublik für sich und für die offene Gesellschaft warb. Dieses Beispiel zeige exemplarisch, welche Bedeutung das integrierte städtebauliche, freiraumplanerische und architektonische Denken für das Münchner Stadtbild habe. Dazu finden am Sonntag, 26. Juni Spaziergänge und Führungen durch das Olympiagelände statt und ist ein Podiumsgespräch zum Thema „Denkmal und Vision – das olympische Dorf“ geplant.
Der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA) vereint seit 1903 freischaffende Architekten und Stadtplaner, die sich durch „die Bereitschaft zum Engagement für ihren Berufsstand und das Interesse an der Förderung einer anspruchsvollen Baukultur in Deutschland“ verbunden fühlen. Der Bund ist in 16 Landesverbänden sowie regionalen und städtischen BDA-Untergruppen unterteilt. Der BDA Bayern wurde 1908 gegründet, hat heute 744 Mitglieder und ist in fünf Kreisverbände gegliedert. 2002 initiierte der BDA Bayern die erste Architekturwoche in München mit dem Ziel, Architektur auf spannende- und vielfältige Art und Weise einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln.
(Rudolf Stumberger)
Das Programm der 7. Architekturwoche findet sich unter: http://www.architekturwoche.org/stadtleben
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