Kommunales

Chiaras Eltern sind gehörlos, können ihrer Tochter deshalb vieles nicht beibringen. Marion Brockhoff von der Frühförderung hilft. (Foto: Bezirk Schwaben)

30.01.2015

Eine Chance für Chiara

Der Bezirk Schwaben setzt auf Frühförderung als Baustein der Inklusion

Kleine Spielzeugtiere, ein Schwein, ein Hahn und ein Pferd, stehen vor der kleinen Chiara aus Königsbrunn (Landkreis Augsburg). Viele dieser Tiere kann die Eineinhalbjährige bereits benennen. Neben ihr sitzt Marion Brockhoff und erklärt ihr spielerisch die korrekte Aussprache der Tiernamen. Brockhoff gehört zum Team der Frühförderung des Förderzentrums Augsburg – Förderschwerpunkt Hören, einer Einrichtung des Bezirks Schwaben und der Regens-Wagner-Stiftung Dillingen. Sie besucht Familie Häring einmal pro Woche daheim zur Frühförderung, denn Chiaras Eltern sind gehörlos. Gezielte Angebote der Frühförderung auch für Kinder hörgeschädigter Eltern – Dass das kleine Mädchen selbst keine Hörschädigung hat, wurde bereits beim Neugeborenenhörscreening gleich nach der Geburt festgestellt. Dennoch benötigt es regelmäßige Unterstützung, um erste Wörter zu lernen und an der richtigen Aussprache neuer Wörter zu feilen.

110 Kinder in Schwaben werden betreut


Wie gut die Kommunikation zwischen Chiara und ihrer Mutter Nadine funktioniert, wird deutlich, als die Kleine nach einem Joghurt fragt: Sie zieht das Gesicht ihrer Mutter zu sich her, sagt „Joghurt“ und deutet die passende Gebärde, die sie von ihrer Mama gelernt hat – Nadine Häring kann nun das Wort von Chiaras Lippen ablesen und gleichzeitig auch an der Gebärde ihren Wunsch erkennen.
Rund 110 Kinder in ganz Schwaben nutzen aktuell die Angebote der Frühförderung des Förderzentrums Hören in Augsburg. Sie richten sich an Kinder, bei denen der Verdacht auf eine Hörschädigung besteht, deren Hörfähigkeit eingeschränkt ist oder ein Hörschaden ärztlich festgestellt wurde, deren Sprachentwicklung nicht altersgemäß ist, bei denen der Verdacht auf eine auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS) besteht sowie auch an hörende Kinder hörgeschädigter Eltern. Die Frühförderung beinhaltet eine auf die Hörbehinderung des Kindes abgestimmte ganzheitliche Förderung, die Hörerziehung unter Einsatz von Hörhilfen, eine individuelle Sprachförderung sowie die Elternberatung und deren gezielte Unterstützung im kommunikativen Umgang mit ihrem hörgeschädigten Kind. Auch die Beratung von Erzieherinnen an Regelkindergärten oder Schulvorbereitenden Einrichtungen gehört dazu. Die Angebote sind für die Eltern jeweils kostenfrei: Während die Krankenkassen im Bereich Frühförderung zuständig sind für die medizinischen Leistungen, tragen die Bezirke die heilpädagogischen Maßnahmen.
In den meisten Fällen wird heutzutage gleich in der Entbindungsklinik eine Überprüfung des Hörempfindens beim neugeborenen Kind – das so genannten Neugeborenenhörscreening – durchgeführt. Im Idealfall bekommen Eltern bei der Diagnose Hörschädigung noch in der Klinik Informationen zum Beratungs- und Förderangebot des Förderzentrums Hören in Augsburg. Chiaras Eltern war dieses bereits bekannt, da beide dort schon die Schule besucht hatten. Nach einer eingehenden Beratung mit Eingangsdiagnostik im Förderzentrum sowie der erforderlichen Antragstellung beim Bezirk Schwaben kommt dann der Kontakt mit der jeweiligen Förderpädagogin zustande. Marion Brockhoff beispielsweise betreut als Frühförderin mit den Schwerpunkten Sprach- und Hörförderung derzeit sechs Familien zwischen Neu-Ulm und Königsbrunn vor Ort in ihren Familien oder im jeweiligen Kindergarten, und dies ab der Geburt beziehungsweise in den ersten Lebensmonaten bis zum Schuleintritt des Kindes.
Chiara begann mit sechs Monaten in der Frühförderung. „Ein möglichst frühzeitiger Beginn bereits während der ersten Lebensmonate ist immer optimal“, so Marion Brockhoff. Dies erleichtere die Integration eines hörgeschädigten Kindes in seine hörende Umwelt, und auch hörende Kinder hörgeschädigter Eltern profitierten davon. Während der Frühförderstunde wird dann nicht nur viel gesprochen und gebärdet, sondern auch mit unterschiedlichen Instrumenten, mit Rasseln und Schellen musiziert, dem lauten „Tatütata“ eines Spielzeugautos gelauscht oder gemalt. „So soll spielerisch die Höraufmerksamkeit des Kindes geweckt und trainiert werden“, erläutert Brockhoff. Zuhören und Lernen macht allerdings auch hungrig. Zum Abschluss der Förderstunde geht Chiara zu ihrer Mutter, stupst sie an und verlangt nach einem Fruchtriegel.
Das Förderzentrum Augsburg ist eine Einrichtung zur Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Förderbedarf im Bereich des Hörens für den gesamten Regierungsbezirk Schwaben. Neben der Interdisziplinären Pädagogisch-Audiologischen Beratungs- und Frühförderstelle hält es weitere Angebote bereit: den Integrationsfachdienst für hörgeschädigte Kinder mit Integrationsplatz an Kitas, Schulvorbereitende Einrichtungen (SVE), eine Grund- und Mittelschule, einen Mobilen Sonderpädagogischen Dienst, eine Tagesstätte und ein Internat in Kooperation. (Birgit Böllinger) Seiten des Bayerischen Bezirketags Teil 1 Seiten des Bayerischen Bezirketags Teil 2

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