Franken ohne Bratwürste – das ist unvorstellbar“ ist auf dem Weblog altmod.de zu lesen. Doch von dieser fränkischen Spezialität gibt es keine überall gleiche Art: Oft von Dorf zu Dorf, zumindest aber von Region zu Region, unterscheiden sich „Bratwürscht“, „Broudwäschd“ oder „Broutwörscht“. Der „Fränkische Bratwurstgipfel“ am Sonntag, 28. Mai, liefert dafür den geschmacklichen Beweis.
Simone Schönleben ist Metzgerin mit Leib und Seele. Ihr alteingesessener Handwerksbetrieb „Metzgerei Rösch“ in Neustadt a. d. Aisch hat 2016 beim „Bratwurstgipfel“ in Pegnitz den Wettbewerb um die beste klassische und die Kreativbratwurst gewonnen. Damit erwarb sie selbst gleich mit den Titel „Fränkische Bratwurstkönigin“. Als erste Frau überhaupt wurde sie von Bundesernährungsminister Christian Schmidt (CSU) gekrönt.
Man merkt, wie sehr sich Simone Schönleben auch noch ein Jahr später darüber freut. Dabei hat die Metzgerin in Pegnitz noch nicht einmal eine ausgefallene Kreativbratwurst gegrillt, sondern „nur“ die typische „Fränkische aus dem Raum Neustadt mit Bändeldarm“. Die wird in der von ihrem Vater gegründeten kleinen Metzgerei seit 40 Jahren nach dem gleichen Rezept hergestellt.
Nicht maschinell, sondern nur per Hand füllen
Beim Bändeldarm ist ein Fetthäutchen sichtbar; die Würste sind nicht maschinell, sondern nur per Hand zu füllen. Das sind laut Schönleben die Unterschiede zur in Franken ebenfalls weit verbreiteten, dünneren „Groben im Schafssaitling“. Und natürlich auch zur bekanntesten Wurst aus Franken, der „Nürnberger Bratwurst“ mit ihrem Status der Geschützten Geografischen Angabe (G.g.A) – genau wie die traditionellen Köstlichkeiten Parmaschinken oder Champagner. Die „Nürnberger“ darf darf nur im Stadtgebiet und nach der festgeschriebenen Rezeptur hergestellt werden. Seit dem Jahr 1313 gilt die entsprechende Satzung: neun Zentimeter lang, 20 bis 25 Gramm schwer.
Verkauft werden üblicherweise „Drei im Weggla“ oder – bei großem Hunger – zwölf im Zinnherzteller mit Kraut. Über die „Nürnberger“ wacht ein Schutzverband. Doch trotz offiziellem Zeichen der EU und ihres Origi-nal-Siegels: „Nürnberger“ haben noch bei keinem der bisher sechs Bratwurstgipfel in Pegnitz gesiegt. 2011 gewann die Metzgerei Max aus Hof, 2012 Klaus Lindner aus Pegnitz, 2013 Dorfmetzger Jürgen Reck aus Möhrendorf, 2014 die Erlanger Metzgerei Brunner, 2015 Kachler-Hoferer aus Sugenheim.
Startberechtigt sind jeweils vier Wurstproduzenten aus jedem der drei fränkischen Regierungsbe-zirke und der Vorjahressieger darf automatisch starten, ähnlich wie bei der Fußball-WM. Sie werde auch heuer mit ihrer, seit 40 Jahre in gleicher Qualität produzierten Kirchweihbratwurst antreten, verspricht die Neustädter Königin. Der Sieg letztes Jahr „war auch für‘s Geschäft gut“, gibt sie zu. Doch die Menge konnte sie nicht groß ausbauen, dafür hat ihr Betrieb nicht genügend Raum zur Verfügung.
Jeder Meister produziert mindestens zwei Sorten
Wie viele Bratwürste sie pro Jahr genaus produziert, „das weiß ich ehrlich gesagt nicht.“ Muss sie wohl auch nicht: Hauptsache, die Bratwurst wird verkauft und schmeckt. Egal, ob mit feingehäcktem Brät, das mit Sahne verfeinert ist; ob es eine Bierbratwurst mit feiner Malznote ist; ob dazu „Senft, das einzige Fränkische Wort mit hartem T“ oder Kree – woanders als Meerrettich bekannt – gereicht wird. Auch beim „Verein zur Förderung der fränkischen Bratwurstkultur e.V.“ (Vorsitzender ist der Pegnitzer SPD-Bürgermeister Uwe Raab), der den Bratwurstgipfel ins Leben gerufen hat, kann man zur reinen Bratwurstmenge nichts sagen. Denn „die Vielfalt ist schier unergründlich. Und mit dem Kreativ-Wettbewerb haben wir eine grenzenlose Vielfalt eröffnet.“
Dem kann Konrad Ammon aus Fürth nur beipflichten: „Jeder handwerkliche Betrieb hat bestimmt zwei eigene Sorten im Angebot.“ Mehr als 1500 verschiedene Würste schätzt er, landen demnach regelmäßig auf fränkischen Tellern. Aber auch der Metzger-Landesinnungsmeister kann zur verkaufen Zahl von Fränkischen Bratwürsten nichts sagen.
Ihre heiße Liebe zur Bratwurst teilen die Franken im Übrigen mit den benachbarten Thüringern. Deren „Freunde der Thüringer Bratwurst e.V.“ haben sogar das erste Deutsche Bratwurstmuseum errichtet. (Adresse: Bratwurstweg 1, 99310 Wachsenburg). Für die Thüringer ist die Bratwurst sowohl Identitätskatalysator wie Teil der Kriegsgeschichte: Die Belagerung der Gemeinde Stadtilm bei Erfurt etwa wurde 1450 erfolglos abgebrochen, weil die Einwohner den Angreifern Bratwürste (von ihrer al-lerletzten Sau) entgegen hielten und damit ihre Durchhaltekraft unter Beweis stellten. Die Belagerer hatten auf Aushungern gesetzt; entmutigt und selbst ausgehungert zogen sie ab. Die Gemeinde Stadtilm war gerettet.
(Heinz Wraneschitz)
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