Kommunales

Die Abstände zwischen den Flutkatastrophen werden immer kürzer in Bayern. (Foto: dpa)

15.06.2016

Gemeinden und Landkreis streiten um Flutpolder

Bürgermeister bangen um Grundwasserspiegel und lukratives Bauland

Die jüngsten Bilder von überfluteten Ortschaften und zerstörten Häusern sind noch in den Köpfen vieler Menschen. Flutpolder sollen den Hochwasserschutz entlang der Donau verbessern - doch es gibt auch Widerstand. Gestern musste sich das Verwaltungsgericht München mit dem Thema beschäftigen. Das Urteil soll in den kommenden Tagen fallen. Allein an der Donau sind zwölf Standorte für Flutpolder geeignet. Einer von ihnen ist der Polder "Katzau" im Gemeindegebiet von Pförring und Münchsmünster. Beide Gemeinden hegen aufgrund der besonderen Grundwassersituation in diesem Gebiet massive Bedenken gegen den Polderbau. Trotzdem hat das Landratsamt in Pfaffenhofen das 295 Hektar große Gebiet vorläufig dafür gesichert. "Das schränkt uns in unserer Planungshoheit ein", sagt Pförrings Bürgermeister Bernhard Sammiller (CSU). Die beiden Kommunen und eine Privatperson sind deshalb vor Gericht gezogen.

Immer häufiger Prozesse vor den Verwaltungsgerichten

Es ist längst kein Einzelfall: Immer öfter müssen Verwaltungsgerichte in Bayern über Klagen von Gemeinden und Grundeigentümern befinden, die sich gegen die Ausweisung von Flächen für den Hochwasserschutz richten. Nach mehreren verheerenden Hochwasserkatastrophen mit Milliardenschäden hat der Freistaat ein Hochwasserschutzkonzept geschaffen, das neben natürlichen Rückhalteflächen auch technische Maßnahmen wie Flutpolder vorsieht. Flutpolder sind unbebaute eingedeichte Gebiete, die bei extremem Hochwasser gefüllt werden können, um die Gefahr von Deichbrüchen im Unterlauf eines Flusses zu vermindern. Gestern hörte das Verwaltungsgericht München die Standpunkte von Befürwortern und Gegnern in der mündlichen Verhandlung an. "Wir haben unsere Belange vorgebracht", sagte Sammiller, "die Ängste und Sorgen." Sein Kollege aus Münchsmünster, Andreas Meyer (CWG), kritisiert das Vorgehen des Wasserwirtschaftsamts Ingolstadt. Denn aktuell wird mit einem großen Aufwand ein Grundwassermodell für den Polder Katzau erstellt. Erst dann werde sich zeigen, ob der Polder realisiert werden könne, sagte Sammiller. Die beiden Bürgermeister sehen keinen Sinn darin, die Flächen bereits vor der Veröffentlichung des Grundwassermodells zu sichern.

Bei der Verhandlung stellte der Vorsitzende Richter Michael Eder klar, dass es sich im Kreis Pfaffenhofen vorerst nur um eine "grobe Planung" handle. Vor einer Realisierung müsse das Überschwemmungsgebiet "definitiv festgesetzt werden", was ein Planfeststellungsverfahren erfordere. Die Bürgermeister von Pförring und Münchsmünster, Sammiller und Meyer, sagten im Donaukurier übereinstimmend, bei der für den Flutpolder vorgesehenen Fläche handle es sich keineswegs um ein Überschwemmungsgebiet. Die Sicherung bedeutet, dass die Flächen fünf Jahre lang - mit Option auf eine Verlängerung von zwei Jahren - von den Gemeinden nicht überplant werden dürfen. Im bisherigen Umfang, beispielsweise für die Landwirtschaft, darf das Gebiet genutzt, aber nicht verändert werden. Eine Prognose, wie das Verwaltungsgericht entscheiden könnte, wollte weder Sammiller noch Meyer abgeben. "Ich bin jedenfalls gespannt, was dabei rauskommt", meinte Meyer. Das Urteil wird noch in dieser Woche erwartet.

Auch mit den Landwirten gibt es Stress

Das für den Hochwasserschutz zuständige Ministerium zitiert den Raumplanungsexperten Stefan Greiving von der Technischen Universität Dortmund: "Wenn in hochwassergefährdeten Flächen immer mehr Häuser gebaut werden, gibt es im Falle eines Hochwassers auch mehr Schaden." Und Wolfgang Kron vom Rückversicherer Munich RE ergänzt, dass die intensive Nutzung der Häuser zu den höheren Schäden bei Hochwasser beitrage.
Auch Landwirtschaft und Hochwasserschutz vertragen sich nicht immer. Bayerns Bauern sind zwar nicht grundsätzlich dagegen, dass Wiesen und Felder für Flutpolder genutzt werden. Sie wollen aber keine Nachteile dadurch hinnehmen, wie Markus Peters vom Bayerischen Bauernverband (BBV) erläutert. Außerdem möchten sie ihre Grundstücke behalten. Eine Mustervereinbarung sieht vor, dass der Freistaat die Flächen möglichst nicht erwirbt. "Bauernland soll in Bauernhand bleiben", heißt die Devise beim BBV. Für den Wertverlust durch den Standort der Flächen in einem Flutpolder gibt es Geld vom Staat, und ein etwaiger Ernteverlust im Falle des Flutens wird voll erstattet, wie das Umweltministerium in München erläutert. "Flutpolder sind unsere Festungen gegen Jahrhundertfluten", betont Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU). Allein die Flutpolder an der Donau verbesserten den Schutz von 120 000 Menschen. Ihr Bau erfolge aber nur, wenn für die Bürger vor Ort keine Verschlechterungen einträten. Der erste gesteuerte Flutpolder Bayerns liegt im Seifener Becken an der Iller bei Kempten. Laut Ministerium hat er sich beim Juni-Hochwasser 2013 bestens bewährt. (Paul Winterer, dpa)

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