Kommunales

Bei dem Gebäude handelt es sich nicht um ein ehemaliges Gefängnis, sondern um das einstige Kurhotel von Bad Heilbrunn – einem Ort, der schon deutlich bessere Tage erlebt hat. (Foto: Koestler)

06.08.2010

Hässlicher Kurschatten

Ein Streit zwischen der Gemeinde und einem Unternehmer sorgt dafür, dass der Ortskern von Bad Heilbrunn unansehnlich bleibt

Im beschaulichen Kurort Bad Heilbrunn (Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen) gerät derzeit ein heftiger Streit um die Ortsmitte außer Kontrolle: Alle Fenster eines ehemaligen Kurhotels sind mit Brettern und schwarzen Kreuzen vernagelt und die einst Jodwasser sprudelnde Quelle ist hinter einem Gitterzaun verschwunden. Die Anwohner reagieren ungehalten, Touristen steigen erst gar nicht erst aus ihren Bussen oder Autos, Bürgermeister Thomas Gründl (CSU) spricht von „kindischem Verhalten“ und der Vorsitzende des Fremdenverkehrsvereins würde gar „am liebsten eine Bombe ins Kurhotel werfen“, wie er sich in der Lokalpresse zitieren ließ. Hintergrund der scharfen Töne: Eine inzwischen jahrelange juristische Auseinandersetzung zwischen der Gemeinde Bad Heilbrunn und der Kurfürstin Adelheid GmbH & Co KG. Jetzt eskaliert sie.
Früher ging es in Bad Heilbrunn beschaulicher zu: Kurgäste flanierten zwischen dem dreigeschossigem Haus und der angrenzenden Wandelhalle, genossen sprudelndes Jodwasser für die Trinkkuren aus der Adelheidquelle gegenüber. Heute steht hier nur noch eine Bauruine. So was kommt vor, aber in Bad Heilbrunn währt der Zustand schon arg lang – seit über 28 Jahren.
Die Gemeinde kann den Schandfleck in ihrem Ortskern nur mit stummer Wut betrachten. Kurhotel, Wandelhalle und Quellentempel gehören nämlich samt einem über 80 000 Quadratmeter großen Grundstück der Kurfürstin Adelheid GmbH. Und die hat eben andere Pläne als die Gemeinde – lässt sich dafür aber reichlich Zeit. Geschäftsführer der „Kurfürstin Adelheid“ ist Max Hoefter, der zurückgezogen in der Schweiz lebt und gerne von der GmbH gestelzt als „die Eigentümerin“ spricht. Sein Sohn Anton steht an der Spitze der Jodquellen AG, die im nahen Bad Tölz das Spaßbad Alpamare betreibt.
„Die Kur ist tot und mit Tourismus ist in Bad Heilbrunn kein Cent mehr zu verdienen“, klagt Hoefters. Zwischen 1996 und 2004 allein habe man einen Rückgang der Übernachtungszahlen um 85 Prozent verzeichnet. „Eine Wiederbelebung des ausgestorbenen Ortskerns ist nur durch Wohnbebauung möglich“, fordert der Unternehmer deshalb. Doch 2004 erstellte die Gemeinde einen Bebauungsplan, der ausschliesslich Kur- und Fremdenverkehr im Ortskern zulässt. Schlimmer noch: „Seit 1981 hat der Gemeinderat jeden wesentlichen Antrag zur sinnvollen Nutzung der Grundstücke in Bad Heilbrunn abgelehnt“. 2009 schließlich klagt Hoefters Kurfürstin GmbH gegen den Bebauungsplan, und das Bayerische Verwaltungsgericht stellt im Sinne von Bürgermeister Gründl und den Seinen fest, „eine touristische Nutzung der Grundstücke in der Ortsmitte ist wirtschaftlich nicht möglich“. Die Ortsväter zeigten sich trotzdem kompromissbereit: Anfang diesen Jahres hat die Gemeinde einen Bebauungsplan für ein Mischgebiet auf den Weg gebracht – doch wiederum zur Verärgerung von Hoefter, der eben auf eine reine Wohnbebauung spekuliert hatte, oder wie es in einer offiziellen Stellungnahme heisst: „Ohne ein einziges Argument der Eigentümerin zu berücksichtigen“.
Und Hoefter zeigt sich nun als schlechter Verlierer: Das aus Blumen arrangierte Ortswappen zum 850-jährigen Bestehen der Gemeinde musste von seinem Grundstück entfernt werden, ebenso der von der Gemeinde aufgestellte Weihnachtsbaum. „Die Eigentümerin ergriff Maßnahmen, um Gebäude und Grundstücke vor dem Verfall zu schützen“, ließ der Unternehmer mitteilen und diese Maßnahme versteht er ausgesprochen gründlich. Seit kurzem sind alle Türen und Fenster mit Holzbrettern verschlagen, darauf extra Kreuze in markantem Schwarz genagelt.
Das blieb nicht ohne Folgen: „Eine Ansicht wie eine religiöse Warnung aus dem Mittelalter“ nennt das Tourist Randolf Vierssen, „Verschandelung sondersgleichen“ die Anwohnerin Brigitte Mattl. Doch die Kurfürstin Adelheid GmbH wolle damit „keinesfalls die Bevölkerung provozieren“, versichert lässt Hoefters ausrichten. Auch nagle man das Haus nicht zu, „um die Gemeinde zu ärgern, man wolle „nichts Böses.“ Vielmehr nehme die Substanz des seit 28 Jahren leer stehenden Hauses zusehends Schaden. Durch die undichten Fenster komme Feuchtigkeit ins Innere. (Claudia Koestler)

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