Kommunales

Die Kraftstoffkosten für Müllfahrzeuge sind gegenüber 2021 um 50 Prozent gestiegen. (Foto: dpa/swen Pförtner)

08.04.2022

"Ich rechne mit dauerhaft steigenden Preisen"

Patrick Hasenkamp, Vizepräsident des Verbands kommunaler Unternehmen, über die Konsequenzen einer teureren Müllentsorgung für die Bevölkerung

Explodierende Dieselpreise sind nicht nur ein Problem für Privatleute, sondern auch für die Betriebe der kommunalen Abfallentsorgung. Doch nicht nur der Sprit wird für sie teurer – die Ampel-Regierung plant weitere Belastungen infolge ihrer Umweltschutzmaßnahmen. Müllentsorgung wird also bald teurer werden für die Bevölkerung.

BSZ: Herr Hasenkamp, können die Entsorgungsfirmen die steigenden Spritpreise noch länger abfangen?
Patrick Hasenkamp: Die steigenden Energiekosten, insbesondere beim Diesel, schlagen nun auch auf die Entsorgungskosten und damit perspektivisch auf die kommunalen Abfallgebühren durch – trotz des aktuellen Entlastungspakets II mit der Senkung des Dieselpreises um 0,14 Euro pro Liter Diesel für drei Monate. Bei dem aktuellen Preis von rund 2,20 Euro pro Liter Diesel (Stand 28. März 2022) sind die Kraftstoffkosten im Vergleich zum Vorjahr bereits um über 50 Prozent gestiegen.

BSZ: Mit welchem Preisanstieg rechnen Sie?
Hasenkamp: Wir rechnen damit, dass die Gebühren für die Logistik um einen derzeit einstelligen Prozentsatz erhöht werden müssen. Ab wann Erhöhungen an den Gebührenzahler weitergegeben werden, hängt vom Kalkulationszeitraum vor Ort ab.

BSZ: Was sind außer den Spritpreisen noch weitere Preistreiber?
Hasenkamp: Das sind die hohen Energiekosten, gesetzlich vorgeschriebene Investitionen in saubere Müllfahrzeuge sowie der ab 2023 drohende CO2-Preis auf Müllverbrennung. Seit vergangenem Jahr kommt noch die gesetzliche Vorgabe hinzu, dass 10 Prozent der neuen Abfallsammelfahrzeuge mit alternativen Antrieben – also Wasserstoff oder Elektroantrieb – beschafft werden müssen.

BSZ: Warum schlagen die so zu Buche?
Hasenkamp: Diese Fahrzeuge sind mit rund einer Million Euro pro Stück gut dreimal so teuer wie herkömmliche Dieselfahrzeuge. Unsere Betriebe bekommen dafür aber keine Fördermittel, sodass auch diese massiv steigenden Beschaffungskosten an die Gebührenzahler weitergegeben werden müssen.

BSZ: Und die Politik plant ja noch weitere Belastungen, oder?
Hasenkamp: Ja, ab dem Jahr 2023 soll auch noch die Müllverbrennung mit einem CO2-Preis belastet werden. Ein CO2-Preis von beispielsweise 100 Euro pro Tonne Kohlendioxid würde bei einem mittleren Abfallaufkommen und einer durchschnittlichen Gebührenhöhe von rund 70 Euro pro Einwohner und Jahr zu einer zusätzlichen Gebührenerhöhung von bis zu 13 Prozent führen.

BSZ: Wie würde sich das langfristig auswirken?
Hasenkamp: Wenn die Müllverbrennung in den Emissionshandel einbezogen wird, baut die Bundesregierung damit eine Preissteigerungsspirale in die Abfallgebühren ein. Bis 2026 würde demnach die gesetzlich vorgeschriebene CO2-Preistreppe gelten. Hier liegt der CO2-Preis in diesem Jahr bereits bei 30 Euro pro Tonne, im nächsten Jahr werden 35 Euro fällig und so weiter. Ab 2027 soll sich der Preis für CO2-Zertifikate am Markt bilden, wobei durch die Verknappung der Zertifikate mit dauerhaft steigenden Preisen zu rechnen ist. Die Abfallgebühren würden mit dem CO2-Preis Jahr für Jahr weiter ansteigen.

BSZ: Aber gegen die Umweltbelastung muss doch was getan werden?
Hasenkamp: Es ist aber falsch, Abfälle mit fossilen Brennstoffen wie Kohle oder Öl gleichzusetzen – mit der Folge, dass diese dem CO2-Preis unterliegen. Abfälle werden nicht wie Brennstoffe produziert, sondern müssen sicher entsorgt werden. Mit anderen Worten: Öl kann im Boden bleiben, aber Abfall nicht in der Tonne. Daran würde auch ein CO2-Preis nichts ändern.

BSZ: Die Ampel möchte Vorreiter beim Umweltschutz in Europa sein.
Hasenkamp: Infolge eines lediglich deutschen CO2-Preises auf die Müllverbrennung würden noch mehr Abfälle ins Ausland exportiert. Dort ist die Entsorgung zumeist günstiger und teilweise auch noch die besonders klimaschädliche Deponierung zulässig. Die CO2-Emissionen würden so nicht gesenkt, sondern ins Ausland verlagert und durch die Abfalltransporte zusätzlich erhöht.
(Interview: André Paul)

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